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Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Titel: Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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fragte Markus auf einmal, und Kluftinger erwiderte seinen Blick.
    »Wie man’s nimmt.«
    »Stress?«
    Auf einmal brach es förmlich aus Kluftinger heraus. Er erzählte seinem Sohn alles, von dem Anruf bei der Pressekonferenz bis zu ihrer heutigen Spur in Kempten. Nur über seinen Gesundheitszustand ging er etwas oberflächlich hinweg und sagte lediglich, dass er sich das alles wohl zu sehr zu Herzen nehme und dass es ihn »aufschaffen« würde.
    Markus hörte gebannt zu. Es kam nicht oft vor, dass sein Vater von seinen Fällen erzählte, und es war noch seltener der Fall, dass ihn diese dann auch noch interessierten. Aber nach einem solchen, wie er ihn nun schilderte, hätte sich jeder seiner Kommilitonen die Finger abgeleckt. Jedenfalls diejenigen, die wie er eine Karriere als operativer Fallermittler bei der Polizei anstrebten. Oder Profiler, wie er zu sagen pflegte, denn das klang ein bisschen weniger nach deutscher Bürokratie und ein bisschen mehr nach amerikanischer Krimi-Coolness.
    Als Kluftinger fertig war, nahm er noch einmal einen großen Schluck und ließ sich zurück in den Sessel fallen. Er war irgendwie erleichtert, aber auch völlig ermattet von der Erzählung und dem erneuten Durchleben der letzten Tage. Markus nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Er blickte seinen Vater nicht an, sie saßen einfach stumm nebeneinander. Dann sagte er: »Du sagst, es sind zwei, Papa?«
    Er hatte ihn lange nicht mehr so genannt. »Davon müssen wir ausgehen. Die Spuren deuten jedenfalls darauf hin.«
    »Hm. Du weißt schon, was man über Mörderduos sagt?«
    »Doppelt hält besser?«
    Sie lachten kurz auf und prosteten sich noch einmal zu, was Kluftinger schon wenige Sekunden später ziemlich deplaziert vorkam. Immerhin ging es hier um grausame Morde. »Also, was sagt man denn?«, fragte der Kommissar jetzt ernsthaft.
    »Na ja, es gibt ein paar empirische Daten, nicht viele, weil Mörder ja ganz selten in Gruppen agieren. Mord ist etwas sehr Persönliches, wenn man so will. Und oft auch nicht geplant, gemeinschaftlicher Mord aber in der Regel schon. Es gibt jedenfalls ein Muster, das sich durch die meisten Fälle zieht.«
    »Und wie sieht das aus?«
    »Einer von beiden ist in der Regel dominant. Das Morden liegt einem ja normalerweise nicht im Blut, das brauch ich dir nicht zu erzählen. Dass sich zwei zusammenfinden, die dieser Beschäftigung frönen, ist an sich schon was Außergewöhnliches. Man kann also vermuten, dass die Initiative von einem ausgeht und der andere mitmacht, weil er der dominanten Person folgt. Oft bindet sich diese Person an den anderen, um damit einen familiären Verlust auszugleichen.«
    »Was heißt das: ›familiären Verlust ausgleichen‹? Dass der keine Eltern hat, oder was?«
    »Das wär eine Möglichkeit. Wenn jemandem eine wichtige Bindung genommen wird, aus welchem Grund auch immer, sublimiert man das gerne, indem man die Bindung auf einen anderen Menschen überträgt.«
    Kluftinger dachte über die Worte seines Sohnes nach. »Du meinst, wie die jungen Dinger, die sich mit so alten Dackeln einlassen, nur weil sie ihren Vater nie kennengelernt haben?«
    Markus grinste. »Ja, nicht so ganz, aber es geht schon in die Richtung. Der dominante Teil kann quasi so eine Art Vater- oder Mutterersatz sein.«
    Sie schwiegen eine ganze Weile, dann fuhr Kluftinger fort: »Es könnte also nicht verkehrt sein, wenn wir noch die familiäre Situation mit in unsere Ermittlungen einbeziehen? Also, ob jemand einen Unfall hatte oder so?«
    »Es könnte nicht schaden, ja. Ist nicht garantiert, aber die Empirie spricht dafür.«
    »Ja, ja, die Empirie.«
    »Ich mein, ihr habt hier ja einen ganz klassischen Fall des Übertötens. Und wenn man bedenkt, dass Spuren immer Entscheidungen des Täters offenbaren …«
    »… und ihm das, was über das Töten hinausgeht, sehr wichtig sein muss …« Kluftingers Miene hellte sich auf. »Dann haben wir schon ein bisschen mehr als vor unserem Gespräch.« Er klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Freut mich, dass das viele schöne Geld, das uns dein Studium kostet, nicht ganz umsonst ist.«
    »Also, wenn ich ehrlich bin, das meiste geb ich schon für Drogen aus.«
    Kluftinger blickte seinen Sohn erschrocken an. Der lachte frech zurück.
    »Jetzt jag deinem alten Vater keinen solchen Schrecken ein. Wenn das deine Mutter gehört hätt …«
    Sie tranken noch einen Schluck.
    »Weißt du«, sagte der Kommissar halblaut, »vielleicht kennst du das

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