Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Mutter denn letztlich gestorben?«
»Was soll ich sagen? Sie hat ihr Leben lang schwer geschafft, obwohl sie fast hundert Kilo hatte. Irgendwann, da kam ihre Pumpe nicht mehr mit. Sie hat sich zwar dann ganz streng an ihre Diät gehalten, aber ihr Herz war schon zu geschädigt. Die Medikamente aus Oberstaufen haben ihr auch nicht mehr geholfen. Eines Tages hat ihr Herz dann einfach aufgehört zu schlagen. Hat der Steiner jedenfalls gesagt. Und dass so ein Defi, dieser Schrittmacher, das angeblich auch nicht verhindert hätte. Ob das stimmt, weiß ich auch nicht. Als einfacher Patient, noch dazu, wenn man unterversichert ist, da hast du keine Rechte. Aber egal, sonst reg ich mich bloß wieder auf.«
Fahrig strich sie sich durchs Haar und zog ihren Kittel weiter zu.
»Im Prinzip ist sie dann an Herzversagen gestorben. Und irgendwie an gebrochenem Herzen. Aber Sie sind ja wegen dem Baur da. Der lebt wenigstens noch. Bloß wie … Der hat auch alles verloren, was er mal hatte.« Sie verschränkte die Arme, und Kluftinger sah, dass sie zitterte.
»Hatte denn der Herr Baur einen rechten Hass auf den Doktor Steiner?«
»Schon, natürlich. Den dürften alle haben, die mit dem zu tun hatten.«
»Alle?«
»Jedenfalls die, die in einer vergleichbaren Situation waren wie wir und der Baur. Dem ist es doch nie um die Patienten gegangen, auch wenn er immer so verständnisvoll getan hat. Der wollte nur mit seinem Medikament vorankommen. Vielleicht hat er sogar selbst geglaubt, dass es helfen würde. Schauen Sie doch nur mal den Baur an: Wenn der gleich einen Defi gekriegt hätte, dann hätte er sich viel Leid ersparen können. Aber jetzt ist der Steiner ja tot, hab ich gelesen. Vielleicht gibt es doch so was wie eine göttliche Gerechtigkeit. Das eigentliche Problem, das waren eh die Versicherungen. Hätten die gezahlt, dann sähe vieles anders aus.«
»Kennen Sie den Versicherungsmakler Ihrer Mutter, diesen Hübner?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Und Baurs Sohn?«
»Der hat seinen Vater ab und zu abgeholt. Ich hab ihn ein-, zweimal gesehen, aber mich nie wirklich mit ihm unterhalten.«
»Sie können also auch nicht sagen, wie er zu dem ganzen Problem seines Vaters stand?«
Jessica Burlitz schüttelte den Kopf, dann drückte sie ihre Zigarette aus und sah auf ihre Armbanduhr. »Ich müsste dann auch wieder, wir haben nur eine Viertelstunde Pause.«
Sie ging zu ihren Kolleginnen. Eine der beiden fragte: »Soll ich dich heut Mittag wieder mitnehmen, Jessie?«
Jessica Burlitz schüttelte den Kopf. »Nein, geht schon, ich hab heut das Auto wieder. Aber danke, Kathi.«
Den Kommissar beachtete sie gar nicht mehr. Für sie war das Gespräch beendet. Doch er hatte noch eine Frage: »Wo wohnen Sie denn, Frau Burlitz?«, fragte er.
»In Hegge, wieso?«
»Nur, falls ich noch was wissen will.« Dann ging er zum Ausgang, tunlichst bemüht, die rauchenden Patienten nicht mehr anzusehen.
Er hatte den Parkplatz noch nicht erreicht, da klingelte sein Handy. Was die Kollegen ihm zu sagen hatten, verschlug ihm beinahe die Sprache.
»In Augsburg?«, keuchte er in den Hörer. »Und die sind sicher, dass … Ist gut, ich bin unterwegs.«
Kluftinger kam für seine Verhältnisse ungewöhnlich spät an den neuen Tatort, aber immerhin konnte Willi Renn diesmal keine despektierlichen Bemerkungen deswegen machen, denn schließlich waren sie ja zusammen nach Augsburg gefahren. Auch die
weiße Schlange
hatte er nur einmal erwähnt, allerdings nicht in der für ihn gewohnten Schärfe: Sie waren nervös, denn noch war nicht sicher, ob der Fall überhaupt in ihre Mordserie passte. Sie waren hierherzitiert worden, um vor Ort eine Expertise darüber abzugeben. Kluftinger wagte sich gar nicht auszumalen, was es bedeuten würde, wenn die Serienmorde nun so große geografische Kreise zogen; allerdings hatten die Augsburger sicher stichhaltige Indizien dafür, dass genau dies der Fall war, sonst hätten die ihre Kemptener Kollegen nicht hinzugezogen.
Während der Fahrt in Willis schneeweißem BMW , der noch älter sein musste als Kluftingers Passat, jedoch im Gegensatz dazu mit der Bezeichnung Oldtimer geadelt wurde, hatten sie sich zunächst angeregt über die aktuellen Fälle ausgetauscht. Je mehr sie jedoch feststellten, dass die ganzen Ermittlungen bisher in immer neuen Sackgassen geendet hatten, desto stiller waren sie geworden und hatten den Rest der Fahrt schweigend verbracht.
In Augsburg lenkte sie Willi zielsicher in eine urban
Weitere Kostenlose Bücher