Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
ihren Fund auf der Zunge, aber angesichts der Umstände brachte er sie nicht über die Lippen.
Die anderen beiden Polizisten sahen dem Kommissar über die Schultern. Viele der Dateien auf dem Desktop trugen Namen der letzten großen Fälle. Doch auch zu jedem der Kollegen, einschließlich Willi Renn und Sandy Henske, hatte er eigene Ordner angelegt.
»Schau, Klufti, hier schreibt er:
Stillen, intensiven Moment mit dem Chef verbracht. Positive Energie
«, zitierte Hefele.
Kluftinger verwies auf eine Stelle, die ihm momentan viel wichtiger erschien: »Hier, ganz am Schluss, das bezieht sich auf euch:
Hefele und Strobl haben heute mit Sandy über mich getuschelt. Habe daher nicht meine Idee bezüglich möglicher Spur ausgebreitet. Asservat Kamelhaar über Nacht mitgenommen. Werde nun auf eigene Faust meiner Spur nachgehen. Ergebnis:
«
Dann brach der Text ab. Kluftingers Kollegen sahen sich betreten an.
»Willst du jetzt sagen, dass wir schuld sind am …«
»Ich will überhaupt nix sagen, zefix! Ich weiß nur, dass die Zeit drängt und wir uns nicht mit Kindereien aufhalten können. Wann hat er denn den letzten Eintrag in diese Datei gemacht, kann man das sagen?«
»Wart mal«, sagte Strobl und machte einige Klicks, »es ist gestern Abend um kurz vor acht das letzte Mal geändert worden.«
»Scheint also, als hätte er sich danach auf den Weg gemacht. Herrgott, wenn wir bloß wüssten, wohin.« Kluftinger wirkte ratlos. »Und jetzt? Ist sein Handy eigentlich immer noch aus?«
»Die Kollegen sind informiert. Sobald es angeht, orten sie es«, erklärte Hefele.
»Klufti, schau mal her!« Strobl winkte den Kommissar zu sich. »Ich kann den Computer nicht ausmachen, weil hier noch ein Foto geöffnet ist.«
Kluftinger stützte sich auf den Schreibtisch und besah sich das streichholzschachtelgroße Bild: Zwei Kamele standen auf einer leicht verschneiten, matschigen Wiese. »Wieder ein Bild aus der Mongolei?«
»Nein, schau doch mal genauer hin. Ich mein, dass das eher hier ist, irgendwo bei uns. Die Landschaft da im Hintergrund, die Bäume …«
Kluftinger ging so nahe an den Computer, bis seine Nase fast den Bildschirm berührte. »Zieh das mal größer.«
»Ich? Ja, wie denn?«
»Geht das nicht über Touchscreen, bei dem Apple?«, mutmaßte Hefele und wischte mit den Fingern ein paarmal hektisch über den Monitor. Doch es tat sich nichts.
»Toll, jetzt haben wir deine Fettschlieren drauf.«
»Und mit dem Scroll…dings…rad?«
»Gibt’s doch keins auf der komischen Maus da.«
Die drei sahen sich resigniert an.
»Herrgottzack, das gibt’s doch nicht!«, entfuhr es Kluftinger laut. »Das kann doch jetzt nicht sein, dass der Maier der einzige von uns Deppen ist, der mit so einer Kiste umgehen kann. Das ist ja erbärmlich!«
»Ich hab’s«, vermeldete Strobl plötzlich.
Tatsächlich sah man im Hintergrund nun heimische Vegetation, Büsche, Bäume, dazu eine Bushaltestelle, ein Plakat …
»Himmelarsch, das ist in Leutkirch! Schaut’s doch Männer, das ist ein Plakat von der Fasnet dieses Jahr.«
»Heu, die Fasnet, bist du jetzt neuerdings auch noch Faschingsfan?«, fragte Hefele.
»Nein, aber die Erika wollt da halt hin, zu diesem Faschingsumzug. Und die Langhammers auch, aber das tut jetzt nix zur Sache. Auf jeden Fall erkenn ich das wieder, das Plakat. Das heißt, dass hier irgendwo in Leutkirch oder in der näheren Umgebung Kamele waren. Und mit viel Glück sind die auch noch da. Daher könnte dann das Haar stammen, das wir bei der Frau Jablonski …«
»Opczinsky.«
»… genau, gefunden haben. Bloß, wo genau kann das aufgenommen sein?«
Sie schwiegen.
»Wer könnt das wissen, außer dem Richie?«
»Lass uns das mal an die Polizei hier in Leutkirch schicken«, schlug Kluftinger vor. »Ich kenn da zwei Beamte, die dürften sich noch an mich erinnern, die hab ich an Weihnachten mal kennengelernt … Egal.«
»Ich kann hier nix mailen«, entgegnete Strobl. »Alles passwortgesichert.«
Nachdem Versuche, diese Sperre mit Begriffen wie »kluftisliebling«, »kamelflüsterer« und »allesimmerbesserwisser« aufzuheben, gescheitert waren, beschloss der Kommissar, mit einem Ausdruck des Bildes selbst zur Polizeidienststelle in Leutkirch zu fahren.
»Meinst du überhaupt, das bringt was, Klufti?«, fragte Hefele skeptisch, als sein Vorgesetzter bereits die Wohnungstür aufgezogen hatte.
»Mei, sicher weiß ich das auch nicht. Aber immerhin hat er das Kamelhaar dabeigehabt und sich das
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