Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
misslichen Lage!
Er steckte die Hand in die Hosentasche, um sein Handy herauszuholen, als plötzlich zwei Schatten in der Tür auftauchten, die zusammen etwas Schweres, Großes heraustrugen. Es war in eine alte Wolldecke oder einen Teppich geschlagen. Er schluckte. Es gab keinen Zweifel: Das Bündel, das die beiden Schatten trugen, war ein Mensch. Und er brauchte keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu erraten, welcher. Maier! Das
musste
Maier sein. Was er allerdings nicht zu sagen vermochte, war, ob er noch lebte oder bereits … Bei dem Gedanken schnürte es dem Kommissar die Kehle zu. Aber was war das? Hatte das Bündel nicht eben gezuckt? Oder bildete er sich das nur ein? Noch einmal rannte er los und fand schließlich Schutz hinter dem erleuchteten Wagen. Die Gestalten hatten ihr Bündel mittlerweile in ein Auto verfrachtet. Kluftinger schluckte. Ein silbergrauer Opel Astra, wenn er richtig gesehen hatte. Nun kam eine der Gestalten zurück. Sofort zog Kluftinger den Kopf wieder hinter den Wagen zurück und presste sich eng an die Seitenwand. Er entsicherte seine Waffe und lugte noch einmal um die Ecke. Nun war die andere Gestalt vor der geöffneten Tür zu sehen. Und was der junge Mann mit den langen schwarzen Haaren in der Hand trug, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren: ein Schlachtermesser, dessen Klinge im Lichtschein glänzte.
Der Kommissar steckte die Lampe weg und ballte entschlossen die Faust. Er hatte sich allein in diese Gefahr begeben, und nun musste er auch allein handeln. Würde er jetzt nicht eingreifen, gab es keine Chance, Richard Maier lebend wiederzusehen. Wieder atmete er durch, wieder zählte er innerlich bis drei. Mit der Waffe im Anschlag setzte er zum Sprung in den Lichtkegel an. Doch er kam nicht mehr dazu, denn mit einem Mal wurde es stockdunkel.
Ein Lichtstrahl drang durch die Finsternis. Nur ein kleiner, feiner Lichtstrahl, doch er übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Kluftinger aus. Er sah so schön aus, so klar, so hell, so …
Kreuzkruzifix, ich bin tot!
Der Gedanke dröhnte mit donnernder Gewissheit in seinem Kopf. Und doch verspürte er nur Bedauern, keine Angst. Er hatte sein Herz überanstrengt, hatte sich zu viel zugemutet, und nun war es so weit, nun gab es nur noch dieses Licht, das die Dunkelheit erhellte, diesen Punkt, der ihn lockte, der ihm den Weg zeigte an einen Ort, der keinen Schmerz mehr kannte, nur Glückseligkeit und immerwährende Ruhe.
Dieser Lichtstrahl, der von Richard Maiers Mickey-Maus-Krawattennadel reflektiert wurde, war für ihn der Hoffnungs…
Moment! Richies Krawattennadel?
Was hatte die in Kluftingers Paradies zu suchen? Oder war es gar nicht das Paradies, sondern die Hölle, die ihn in Gestalt eines bis in alle Ewigkeit nervenden Württemberger Kollegen willkommen hieß? Hatte er wirklich so viele Minuspunkte gesammelt? Im selben Augenblick, in dem er realisierte, dass er ganz und gar nicht tot war, sondern halbwegs lebendig neben seinem Kollegen auf einem dreckigen, vibrierenden Boden lag, kamen auch die Schmerzen. Mit einer Wucht, die ihm kurzzeitig den Atem verschlug. Doch es waren keine Brustschmerzen, es war sein Kopf, in dem es tobte, als übe jemand auf seinen Schläfen »Hau den Lukas«. Diese Höllenqualen machten ihn wieder wach, holten ihn endgültig ins Hier und Jetzt zurück. Er schlug die Augen vollends auf – und blickte in das angstverzerrte Gesicht von Richard Maier.
Als der realisierte, dass sich sein Chef wieder bewegte, entspannten sich seine Züge ein bisschen. Kluftinger wollte etwas sagen, doch nun musste er feststellen, dass sein Mund mit Klebeband verschlossen war. Er wollte sich aufsetzen, aber seine Hände hatte man ihm auf dem Rücken zusammengebunden. Auch seine Beine waren gefesselt. Ein kurzes Ruckeln zeigte ihm, dass er keine Chance hatte, sich selbst zu befreien.
Sakrament!
Er schloss die Augen wieder und atmete ein paarmal tief durch. Hörte bewusst auf seinen Atem, ließ ihn fließen, wie man es zu Beginn der Yogaübungen machte. Dann konzentrierte er sich auf seine Umgebung.
Warum vibrierte der Boden unter ihm? Warum … ein Auto! Natürlich, das Brummen, das Ruckeln: Er lag gekrümmt auf der Ladefläche eines Autos. Ein Kombi.
Vielleicht ein Opel Astra,
dachte er bitter. Er hob den Kopf etwas an, was sofort ein Schmerzfeuerwerk zündete. Ihm wurde übel. Immerhin konnte er sehen, dass man eine fusselige alte Decke über sie geworfen hatte. Wo würde man sie hinbringen?
Er
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