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Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Titel: Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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sich suchend um. Der Kommissar wagte nicht zu atmen, er verharrte einfach in seiner Position, bewegte sich auch nicht, als Burlitz’ Blick über den Sarg glitt – bis er schließlich langsam weiterging.
    Kluftinger wartete ein paar Sekunden, dann drückte er den Deckel auf und stieg aus seinem makabren Versteck. Er biss die Zähne zusammen, als ihn eine erneute Schmerzwelle erfasste, und schlich in die andere Richtung, eine Hand in seine linke Brust verkrallt, als könnte er dadurch irgendetwas bewirken, das Unvermeidliche aufhalten. Stattdessen wurden die Schmerzen schlimmer, und Kluftinger fürchtete, es nicht mehr bis zum Ausgang zu schaffen. Und dann sah er hinter zwei Figuren ein schwach leuchtendes Schild: Notausgang. Selbst das Wort
Himmelspforte
hätte keine größere Freude in ihm auslösen können. Um zu der Tür zu gelangen, musste er sich allerdings erst zwischen dem Sensenmann und einer Mumie hindurchzwängen.
Ausgerechnet der Sensenmann!
Er schob sich seitwärts voran, krampfhaft bemüht, weder die eine noch die andere Figur zu berühren, streifte aber die Sense des schwarz gewandeten Gerippes, was ihm einen Schauer bis in die Haarspitzen jagte. Er sah gerade noch, dass hinter dem Skelett ein Schaltpult angebracht war, da donnerte eine Stimme: »Halt!«
    Der Kommissar fuhr herum und blickte in die blutunterlaufenen Augen von Roger Burlitz. Fast war er erleichtert, denn für einen Augenblick hatte sein angst- und schmerzvernebeltes Gehirn tatsächlich geglaubt, der Gevatter höchstpersönlich rufe ihn zu sich. Wobei, das musste er sich bei dem irren Blick des jungen Mannes eingestehen, diese Variante wahrscheinlich nicht viel besser war. Obwohl er ihn nicht dazu aufgefordert hatte, hob Kluftinger automatisch die Hände.
    Während er bewegungslos verharrte, suchte der Kommissar fieberhaft nach einem Ausweg: Nach hinten zu rennen würde zu lange dauern, und im direkten Kampf gegen Burlitz würde er in seinem Zustand keine Chance haben. Zumal der junge Mann einen großen Holzprügel in der Hand hielt, den er nun geräuschvoll auf die Gleise niedersausen ließ, auf denen sonst die Wagen fuhren. Kluftinger kniff die Augen zusammen – er hatte eine Eingebung. Allerdings gab es nur einen Versuch, und der musste funktionieren: Er drehte den Kopf ein kleines bisschen zur Seite und suchte das Schaltpult ab. Dann sah er wieder zu Burlitz – und kippte ansatzlos zur Seite, wobei er im Fallen mit der ausgestreckten Hand auf den Knopf hieb, den er sich vorher ausgeguckt hatte.
    Burlitz war völlig überrumpelt und zuckte zusammen, als die Bahn quietschend und stampfend zum Leben erwachte und die Leichen ihre schauerlichen Totentänze begannen. Mit den Figuren setzten sich auch die Waggons in Bewegung – und der direkt hinter Burlitz rammte ihn in die Kniekehlen und brachte ihn zu Fall. Er schrie auf und strampelte in dem Wagen wie ein Käfer, der auf dem Rücken lag.
    Kluftinger wartete, bis der Wagen an ihm vorbei war, dann lief er in die entgegengesetzte Richtung. Er kam jedoch nur wenige Meter weit, als ihn ein derber Schlag ins Kreuz ebenfalls in einen der Wagen krachen ließ. Der Holzprügel prallte von ihm ab und knallte so sehr gegen ein schuppiges Monster, dass dessen Kopf von seinen grünen Schultern gerissen wurde.
    Der Kommissar versuchte, sich aufzurichten, doch die Schmerzen in seiner Brust waren unerträglich. Er schaffte es lediglich, sich irgendwie herumzudrehen. In diesem Moment sprang sein Verfolger mit irrem Gebrüll zu ihm in den Wagen und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Kluftinger hob verzweifelt die Hand, doch schon diese Bewegung sandte ein Stechen in seine Brust, das ihn aufschreien ließ. Wieder klatschte ein Schlag auf seine Nase. Kluftinger schmeckte Blut. Sein eigenes Blut. Dieser Geschmack gab ihm den Rest. Noch bevor ihn der dritte Hieb traf, gab er auf. Er wurde vollkommen ruhig, denn er wusste, dass er nun nichts mehr ausrichten konnte. Es war nun nicht mehr die Frage, wann, sondern nur noch, wie es zu Ende gehen würde. Würde ihn Burlitz in seiner rasenden Wut erschlagen, oder würde ihn vorher die gnädige Schwärze eines Herzanfalls verschlingen?
    Was auch immer, es stand nicht mehr in seiner Macht, sich dagegen zu wehren. Er ließ sich einfach fallen.
    Der junge Mann hielt inne, als Kluftinger so in sich zusammensackte. Für einen Augenblick schien er zu glauben, er habe ihn bereits umgebracht, doch dann packte er ihn mit seinem Schraubstockgriff, hievte ihn hoch und

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