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Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Titel: Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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irritiert. »Ihr Blutdruck steigt ja jetzt schon gefährlich an, und wir haben noch gar nicht begonnen.«
    »Tja, ich weiß auch nicht, woran das liegen könnt«, erwiderte Kluftinger bitter. Dann begann er zu treten. Wider Erwarten ging es ziemlich leicht, und seine Anspannung schwand, so dass er geradezu beschwingt war: Wenn das schon eine Belastung sein sollte, dann hieß das ja, dass er kerngesund …
    »Ich sehe schon, mit Stufe null haben Sie noch keine Probleme«, attestierte der Doktor. »Lassen Sie uns doch gleich mal zu Stufe fünf springen.«
    Kluftingers Lächeln erstarb, als er den Widerstand spürte, der sich ihm nun auf einmal bot, und er lehnte sich unwillkürlich ein wenig nach vorn, um mehr Kraft auf die Pedale zu bringen. Dabei merkte er, dass sein Kopf rot anlief, und er war froh, dass Langhammer gerade mit seiner Sprechstundenhilfe scherzte, was diese mit kokettem Lachen erwiderte. Kluftinger freute sich schon darauf, mit der fantasievoll ausgeschmückten Nacherzählung dieser Episode Erikas Bild vom vorbildhaften Doktor ins Wanken zu bringen.
    Als der Arzt den zufriedenen Blick seines Patienten bemerkte, wurde er wieder ernst und bat seine Helferin: »Können Sie mal diesen Spezialisten für mich anrufen, Sie wissen schon …«
    Der Kommissar schluckte. Einen Spezialisten? Stand es so schlecht um ihn, dass der Doktor mit seinem Hausarztwissen nicht mehr weiterkam? Sogleich strengte er sich noch mehr an, umklammerte den Lenker so stark, dass seine Knöchel weiß wurden, und trat japsend in die Pedale. Wieder bemerkte er das Stechen in der Brust, doch der Apparat, an den er angeschlossen war, gab keine Warntöne von sich.
    Langhammer wechselte wieder in die Kommentatoren-Stimme: »Unser Favorit biegt eben auf die Champs-Élysées ein, drauf und dran, die Tour der Leiden zu beenden. Und er ist ganz allein! Hat er die anderen abgehängt? Nein, deren Zieleinlauf war ja schon gestern …«
    Die Tür ging auf, und Sonja kam wieder herein. Kluftinger senkte den Kopf und trat mit geschlossenen Augen weiter. Der Schweiß rann ihm in Strömen über das Gesicht, und er prustete lautstark. So hörte er auch nicht, wie die junge Frau leise zum Doktor sagte: »Der Herr Fischer, wegen unserer Heizungsanlage, ist jetzt am Apparat. Soll ich durchstellen?«
    Langhammer blickte zum Kommissar: »Mein Lieber, jetzt überanstrengen Sie sich mal nicht, nicht dass Sie mir noch hier in der Praxis den Löffel abgeben. Macht keinen so guten Eindruck, wenn hier einer die Füße voraus rausgetragen wird, nicht wahr?« Er drückte auf einen Knopf. »So, jetzt wieder Stufe null, zum Abwärmen. Ich muss nur mal schnell einen wichtigen Anruf tätigen.«
    Der Kommissar nickte wortlos und trat weiter.
    Langhammer verschwand im angrenzenden Sprechzimmer, die Tür fiel jedoch nicht ins Schloss, so dass Kluftinger hören konnte, wie er zum Telefon ging und sich mit den Worten meldete: »Schön, dass Sie sich gleich Zeit genommen haben, aber ich habe hier auch einen ganz schwierigen Fall, da brauche ich die Meinung eines Fachmanns.«
    Vor Schreck hörte er kurz auf zu treten, woraufhin der Computer piepste und die Sprechstundenhilfe ihn aufforderte, doch weiterzumachen, bis der Doktor wiederkomme. Mechanisch trat Kluftinger in die Pedale, allerdings so, dass er möglichst wenig Krach machte. Dazu hob er den Kopf und drehte ihn ein wenig zur Tür, hinter der der Doktor gerade sagte: »Haben Sie sich die Messwerte angesehen? Also, wenn Sie mich fragen: Die Pumpe ist kaum mehr zu retten. Überlastung über viele, viele Jahre. Und natürlich ein schlechter Allgemeinzustand des ganzen Systems. Ich würde da gerne mal Ihre Meinung dazu hören.«
    Obwohl er schwitzte, wurde dem Kommissar plötzlich eiskalt. Das konnte nicht sein. Sicher würde der andere Arzt gleich sagen, dass …
    »Aha, verstehe, sehen Sie genauso«, tönte Langhammer. »Und ich glaube, wir dürfen keine Zeit verlieren. Sobald wie möglich raus damit, sonst geht irgendwann gar nichts mehr, nicht wahr? Klar, das wird natürlich eine größere Operation.«
    Bilder von sich selbst auf einem OP -Tisch tauchten vor Kluftingers innerem Auge auf, hilflos, an Schläuche angeschlossen, Langhammer mit seiner Riesenbrille und grünem Mundschutz tief über ihn gebeugt … »Das reicht ja jetzt wohl!« Mit diesen Worten sprang er vom Rad und riss sich die Elektroden von der Brust; er konnte sie plötzlich nicht mehr ertragen.
    »Halt, Moment, das dürfen Sie nicht einfach so.«

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