Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
hörte ihm aufmerksam zu. Als Kluftinger fertig war, befand Langhammer: »Nun, so etwas kann vergleichsweise harmlos sein, etwa von Blockaden im Rücken kommen, aber es könnte sich natürlich auch um ein kardiologisches Problem handeln, was in Ihrem Fall naheliegt. Wir müssen das auf jeden Fall abklären. Damit ist nicht zu spaßen, Sie fallen genau in die Risikogruppe: zu dick, schlechtes Essen, keinen Sport, stressiger Job. Na ja, Letzteres vielleicht nicht gerade …«
Der Kommissar überhörte die Spitze, hatte er doch auf eine Diagnose gehofft wie
»Ach, das, na da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen«.
»Jetzt lassen Sie sich mal abhören. Bitte den Oberkörper frei machen.«
Der Arzt hatte ihn vor einiger Zeit schon einmal untersucht, bei ihm zu Hause, das war damals beinahe in eine Prügelei ausgeartet. Diesmal leistete Kluftinger keinen Widerstand, er hielt buchstäblich den Atem an, auf ein erlösendes
»Gott sei Dank«
oder
»Ist doch gar nicht so schlimm«
wartend. Doch der Doktor zeigte keinerlei Reaktion.
Stattdessen stand er auf, murmelte mit geschürzten Lippen etwas von einem »großen Blutbild« und holte ein metallenes Tablett mit allerlei Röhrchen und einer Spritze darauf. Kluftinger schluckte.
»Ich mach das ja nicht mehr allzu oft, normalerweise übernehmen das meine Helferinnen«, sagte Langhammer, als er sich neben den Kommissar setzte. »Aber in diesem Fall lass ich mir das natürlich nicht nehmen.« Dann legte er eine Manschette um Kluftingers Oberarm, zog sie so fest zu, dass dieser sicher war, sein Arm würde innerhalb weniger Sekunden absterben, sprühte etwas Desinfektionsmittel auf und sagte grinsend: »Jetzt wird’s gleich höllisch weh tun.«
»Au.«
»Ich hab doch noch gar nicht richtig angefangen …«
»Ach so, ja. Wollt mich bloß schon mal warm schreien.«
»Herr Kluftinger, keine Angst. Wenn Sie das jetzt wie ein großer, tapferer Junge durchstehen, gibt’s hinterher auch einen Lolli vom Onkel Doktor.«
Kluftinger hatte gewusst, dass es so kommen würde. Er drehte seinen Kopf, dass es aussehen musste, als beobachte er den Arzt bei seiner Tätigkeit, starrte aber in Wirklichkeit auf einen Punkt am Boden und sang zur Ablenkung innerlich den Schneewalzer ab.
Als Langhammer schließlich von seinem Rollhocker aufstand, drängte er: »Jetzt machen S’ halt mal des mit dem Blut.«
Der Doktor runzelte die Stirn. »Aber ich bin doch schon fertig.«
»Ich … freilich, ich hab ja nur gemeint … das Labor«, stammelte der Kommissar mit einer Mischung aus Scham und Erleichterung. Dann griff er sich sein Hemd: »Rufen Sie mich dann an, wegen den Ergebnissen?«
Langhammer hob drohend den Finger: »Wir zwei sind noch lange nicht fertig miteinander, mein Lieber.«
Fünfzehn Minuten und diverse erniedrigende Untersuchungen später, bei denen Kluftinger unter anderem ein zu hoher Blutdruck, Adipositas und schlimme Haltungsschäden, ein hohes Risiko für einen Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule sowie Irritationen im Brustwirbelbereich attestiert worden waren, stand er mit nacktem Oberkörper vor einer Art Trimmrad, das an einen Computer angeschlossen war. Allein der Anblick des Gerätes, gepaart mit der Furcht vor dem Ergebnis des Belastungs-EKGs, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Besonders belastbar war er in letzter Zeit nicht gewesen.
»Hier, trocknen Sie sich mal ab, Sie schwitzen ja jetzt schon wie ein brunftiger Eber.« Langhammer reichte ihm ein Handtuch. Die Sprechstundenhilfe, ein hübsches, blondes Mädchen, das der Doktor nur mit »liebe Sonja« ansprach, gluckste, als sie dem Kommissar die Saugnäpfe der Elektroden anlegte.
Schließlich saß er auf dem Rad und sah aus wie ein zu dick geratener Roboter, mit all den Kabeln, die aus seinem Körper herauszuwachsen schienen.
Langhammer setzte sich vor einen Monitor und tönte mit lächerlich verstellter Stimme: »Meine Damen und Herren, wir begrüßen Sie hier beim letzten, entscheidenden Zeitfahren der Tour de Farce. Am Start scharrt schon der diesjährige Favorit mit den Hufen, der ungeschlagene, gefürchtete Kluftinger, das Urvieh aus dem Allgäu.«
Wieder unterdrückte die »liebe Sonja« ein Lachen, was den Doktor anzustacheln schien: »Besonders bei den Bergetappen hat unser Favorit die Konkurrenz mit einem einfachen Trick deklassiert: Er hat sie auf dem Weg nach unten einfach überrollt.«
Auf einmal piepste der Computer vor Langhammer. »Was ist denn jetzt los?«, fragte der
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