Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
loszuprusten.
Als sie sich wieder gesetzt hatten, ergriff Yumiko noch einmal das Wort: »Also, mein Vater würde sich gerne persönlich und in aller Form dafür entschuldigen, dass es nicht so klappt wie geplant. Es tut ihm schrecklich leid. Er schlägt ein Telefonat per Skype vor.« Sie sah Kluftinger mit großen Augen an.
»Ja, freilich, das kömmer ja … mal … machen.« Er setzte erneut seinen Krug an.
»Wunderbar. Er ruft in einer halben Stunde an.«
Kluftinger verschluckte sich heftig. »In einer … also halben … ich mein: heut?«
»Ja, wie gesagt, er …«
»Also, das passt mir jetzt leider gar nicht. Ich muss ja noch zum Ding … wegen diesem … na, Dings halt. Gell?«
Hilfesuchend blickte Yumiko zu Markus, der schließlich erklärte: »Das geht nicht, Vatter. Der Herr Sazuka steht heut extra früh auf wegen dem Gespräch. Das wär echt ein Affront, wenn du das nicht annimmst. Steht das etwa nicht in deinem … Lehrbuch?«
»Ja, schon, aber …« Verzweifelt suchte Kluftinger nach einem Ausweg, sein Blick irrlichterte zwischen den Anwesenden hin und her. Dann hatte er die rettende Idee: »Aber ich kann doch gar kein Japanisch.«
»Das macht nichts«, sagte Yumiko, »ihr führt das Gespräch ja auf Englisch.«
Kluftinger schluckte. Das wurde ja immer besser. »Aber mein Englisch ist, also, auch nicht mehr sooo …«
»Vatter, mach dir keine Sorgen, wir sind ja dabei, dann können wir dir einsagen.«
»Und außerdem hat mein Vater viele deutsche Geschäftspartner, er versteht die Sprache also eigentlich ganz gut, auch wenn er sie nicht spricht.«
Der Kommissar unternahm noch einen letzten verzweifelten Versuch: »Aber, Yumiko, Miki, ich will wirklich nicht, dass dein Vater … also, was das kostet, ich mein: von Japan.«
Markus winkte ab: »Ihr werdet skypen, das kostet gar nix.«
»Ist das was mit Satellit? Wir haben doch Kabel.«
»Wenn’s nicht so traurig wär, könnt man fast lachen«, erwiderte sein Sohn. »Wir erklären’s dir gleich. Und du musst dir auch keine Sorgen machen: Mikis Vater könnt sich einen eigenen Satelliten kaufen, wenn er wollte, so reich ist der.«
Yumiko winkte verlegen ab, und Kluftinger sank in sich zusammen. Ihm war klar, dass es keinen Ausweg gab. Er musste sich dieser Situation stellen, für seinen Sohn und seine Schwiegertochter. Für den Familienfrieden. Auch wenn die Aufregung sicher Gift für sein Herz war. »Gut, wenn ihr meint. Bin gleich wieder da.« Er erhob sich langsam und schleppte sich zur Tür. Draußen kramte er noch einmal sein Buch aus der Tasche. Er wollte auf der Toilette nachschauen, ob nicht wenigstens ein paar Dinge über Telefongespräche drinstanden, die ihm vielleicht weiterhelfen konnten. Wirklich hilfreiche Tipps konnte er auf die Schnelle jedoch nicht finden. Nur den Hinweis, dass es in Japan in Automaten Sexspielzeuge und sogar getragene Damenunterwäsche zu kaufen gab.
Priml.
Als er wieder zurück ins Wohnzimmer kam, stand Markus’ Laptop auf dem Esstisch, und Kluftinger schöpfte wieder Hoffnung. »Ach, telefonieren wir jetzt doch nicht?«, fragte er, wobei er Mühe hatte, seine Freude darüber zu verbergen.
»Doch, doch, Vatter. Aber damit.«
»Mit dem Computer?«
»Mit dem Computer.«
»Du musst deinen alten Vatter nicht immer verarschen, Bürschle, ich kenne sehr wohl den Unterschied zwischen einem Computer und einem Telefon.«
»Und du weißt natürlich auch, dass man mit einem Computer und entsprechender Software telefonieren kann, oder?«
»Ich … ja, Software. Sicher, das machen wir ja auch manchmal … im G’schäft.«
Yumiko lächelte: »Toll, also das wird sicher ein gutes Gespräch.«
»Ich hol dir noch was zu trinken, nicht dass du einen trockenen Mund kriegst«, sagte Erika und stand auf.
»Ich weiß nicht, ob wir so viel reden werden.«
Markus tippte auf dem Computer herum. »So, dann legen wir dir erst mal ein Konto an.«
»Online? Spinnst du? Das räumt mir doch sofort eine von diesen Bazillen da aus. Und warum überhaupt ein Konto? Ich hab doch eins bei der Sparkasse.«
Markus rollte die Augen: »Also erstens: Viren. Zweitens: kein Sparkonto. Hast ja eh nix zum Drauftun. Ich mein ein Skype-Konto.«
Kluftinger verstand nicht. »Ach so. Aber ohne Dispo, gell, die haben bestimmt horrende Zinsen in dem … Internet da. Ruck, zuck bist du überschuldet, das hat’s ganz schnell.«
Markus wandte sich an Yumiko: »Bist du sicher, dass wir den Herrn da auf deinen Dad loslassen sollen?
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