Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Vielleicht kommt er sonst gleich angeflogen und schleppt dich wieder zurück in die Heimat.«
Yumiko stieß ihren Freund in die Seite. »Jetzt sei doch nicht so. Sie werden sich gut verstehen. Ganz sicher.« Die letzten Worte sagte sie etwas zu euphorisch, fand Kluftinger.
»Also, was geben wir dir denn jetzt für einen Benutzernamen?« Markus dachte angestrengt nach. In diesem Moment rief Erika aus der Küche: »Ohne Kohlensäure, gell, Butzele?«
Markus’ Gesicht hellte sich auf: »Das ist es, danke, Mutter, gute Idee. Butzele also. Jetzt fehlt uns nur noch ein Kennwort. Nein, Moment, hab schon eins. Mama hat mir erzählt, dass du vorher bei der Anprobe ›was im Auge‹ hattest, gell. Also nehmen wir als Passwort
blaerhafen.
«
»Woher weißt du das, mit dem … Auge?«
»Die Mutter hat noch nie was für sich behalten können, Vatter!«
»Priml.«
»Wär auch gegangen statt Blärhafen .«
»Was ist eine Plärharfe?«, fragte Yumiko interessiert. »Ein Musikinstrument?«
»Ja, aber das jault ein bisschen«, antwortete ihr Freund lachend.
»So, dann kann’s ja losgehen.« Mit diesen Worten drehte Markus den Laptop um hundertachtzig Grad, so dass sein Vater nun den Bildschirm vor sich hatte. Ein Fenster erschien, auf dem ein Mann etwas dümmlich in die Kamera glotzte. »Ha, der sieht ja aus wie ich«, sagte Kluftinger, winkte und grüßte freundlich: »Hello!«
»Schon gut, jetzt machst du wieder Sprüche, vorher hast du noch nicht mal gewusst, dass es so eine Möglichkeit zur Videotelefonie überhaupt gibt.« Kluftingers Sohn beugte sich vor. »Aber wart mal, ich mach dein Bild wieder weg, wenn dich das irritiert. Kann ich ja nachvollziehen.«
»Nein, nein, lass mal«, wehrte der Kommissar ab. Eigentlich war das ja ganz praktisch. Ein digitaler Spiegel sozusagen. Er fuhr sich durchs Resthaar und drehte seinen Kopf erst nach links, dann nach rechts.
» Fesch schaust du aus«, befand Erika, als sie wieder ins Wohnzimmer kam und sich ihm gegenübersetzte.
»Ja, das wird die deutsch-japanischen Beziehungen in ungeahnte Höhen katapultieren. Vielleicht solltest du die alte Allianz mit Deutschland mal in einem Nebensatz erwähnen.«
»Meinst du?«
»Um Gottes willen, nein, das war doch bloß Spaß. Keine Politik, okay?«
Yumiko nickte ernst. »Das wäre wirklich besser. Und noch etwas: Mein Vater wird vielleicht das Geschenk ansprechen, das ich euch von ihm überreichen sollte. Es wär ganz gut, wenn du weißt, dass es sehr guter Sake aus Japan war. Wenn du dich dafür bedankst, darfst du aber nicht zu überschwenglich sein, sonst sieht es so aus, als ob du es nicht gut findest. Klingt komisch, ist aber so.«
Kluftinger schwirrte vor so viel Regeln schon der Kopf. »Willst du dich nicht neben mich setzen, Erika? Du kannst ja auch mal was Nettes zum Herrn Suzuki …«
»Sazuka«, korrigierte Yumiko. »Wir Japaner sind da etwas eigen, was die Namen angeht. Aber mein Vater würde dich nie auf den Irrtum hinweisen, deswegen sag ich’s lieber vorher. Und es wäre auch besser, wenn du erst mal allein mit ihm sprichst. Meine Mutter wird beim ersten Gespräch auch nicht dabei sein. Aber ich werde zuerst noch meinen Vater begrüßen.«
Kluftinger seufzte tief und lange, dann sagte er: »Also, dann pack mer’s . Umso schneller simmer fer… also, in Kontakt, wollt ich sagen.«
In diesem Moment ertönte vom Rechner eine Melodie, und eine Nachricht vermeldete: »Doktor Sazuka ruft an.«
Auweh,
dachte der Kommissar,
noch ein Doktor …
»Also, jetzt gilt’s!« Markus reckte den Daumen nach oben und klickte noch einmal, dann verschwand Kluftingers Bild, und das Display zeigte stattdessen einen Mann in einem perfekt sitzenden grauen Anzug mit fliederfarbener Krawatte. Er hatte pechschwarzes Haar, das an den Schläfen schon etwas ergraut war, was ihm einen distinguierten Ausdruck verlieh. Der Mann deutete eine Verbeugung an und sagte dann: »Moshi moshi!«
Der Kommissar war irritiert:
Muschi, Muschi?
Er hatte bei seiner rudimentären Recherche ja einiges über die sexuelle Freizügigkeit der Asiaten und über Geishas gelesen, aber gleich derart mit der Tür ins Haus zu fallen … Vielleicht bedeutete es auf Japanisch ja auch etwas ganz anderes.
In diesem Augenblick begann Yumiko neben ihm in ihrer Muttersprache zu reden, und nun wurde Kluftinger klar, dass dieses »Muschi« ihr Spitzname war. Er nahm sich vor, diesen bei Gelegenheit auch einmal zu benutzen.
Der Mann im Laptop antwortete seiner Tochter,
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