Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
seine Übelkeit niederzukämpfen, den Schwindel und das wieder einsetzende Stechen in der Herzgegend zu ignorieren. »Richie«, wandte er sich an Maier, »irgendwelche Hinweise auf eine Beziehungstat?«
»Nun, die Freundin ist noch nicht erreichbar, ihr Handy ist aus. Aber sie arbeitet wohl im Krankenhaus, der Roland kümmert sich gerade drum.«
»Haben wir schon die Tatzeit?«
»Der Böhm geht von gestern Nacht aus, zwischen elf und drei, meint er, könnte es gewesen sein.«
»Wo ist denn der überhaupt?«
»In der Küche«, gab Maier knapp an.
»In der Küche? Aha. Wieso ist denn da so ein Auflauf?«
Richard Maier antwortete nur zögerlich: »Du … die haben noch was … gefunden.«
»Himmelarsch, Richie, was druckst ihr denn alle so rum? Ich krieg nicht gleich einen Herzkasper und fall vom Stängele! Also, was haben sie gefunden?«
In diesem Moment kam Georg Böhm in den Raum. In der Hand hatte er einen Plastikbeutel, der aussah, als enthalte er etwas Gefrorenes, ein Stück Fleisch oder … »Wenn das so ist, Klufti«, sagte er trocken, schob seine Baseballkappe aus der Stirn und hielt die Tüte hoch, »hier ist das Herz, das unserem Toten gestern mit roher Gewalt aus dem Körper entfernt wurde. Wir haben es gerade im Gefrierfach gefunden.«
Kluftinger wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Er schwankte zu dem Ledersofa, das vor der Panoramascheibe stand, und ließ sich in die Kissen fallen. Strobl und Maier warfen Böhm schockiert strafende Blicke zu, dann sahen sie mitleidsvoll zu ihrem Vorgesetzten.
»Was denn? Wir sind doch nicht auf einem Kindergeburtstag hier, oder?«, rechtfertigte sich der Gerichtsmediziner.
Dann übermannte Kluftinger mit einem Mal eine schreckliche Übelkeit, er sprang auf, riss die Balkontür auf und sog die frische Morgenluft in seine Lungen. Schneller als erwartet hatte er sich durch die Kälte und den Sauerstoff wieder gefangen und sah starr zu seinen Kollegen zurück. Böhm hatte das Herz mittlerweile auf die Plane zum Toten gelegt.
»Zefix«, presste er leise hervor, »so was kennt man doch sonst höchstens aus diesen brutalen schwedischen Krimis! Und das ausgerechnet bei uns. Meint ihr, das hat irgendeinen rituellen Hintergrund?«
»Schwer zu sagen, aber normal ist das mal nicht«, bemerkte Strobl.
Hinter Roland Hefele, der sich offenbar auch wieder gefangen hatte, traten nun die Bestatter in den Raum. Böhm wies sie an, den Toten mitzunehmen und in die Gerichtsmedizin nach Memmingen zu bringen, während Kluftingers Kollegen zu ihm auf die weitläufige, mit Holz ausgelegte Dachterrasse kamen.
»Kein schlechter Ausblick, wie?«, sagte Richard Maier versonnen.
»Einer nach dem anderen beißt hier ins Gras, das ist doch nicht mehr normal!«, murmelte Kluftinger. »Was ist hier bloß passiert?«
»Das hier, das könnte schon irgend so ein Mafiading sein, wie die Journalistin auf der PK gemeint hat, oder?«, mutmaßte Strobl.
»Jetzt lasst uns nicht wild spekulieren«, sagte Kluftinger, wurde aber von Georg Böhm unterbrochen.
»Also, ich sag mal so: Ich würd zumindest ein Verbrechen nicht ausschließen.«
Entsetzte Blicke trafen den Mediziner.
»Ja, ja, schon recht«, fuhr er ein bisschen weniger forsch fort, »also das war schon eher die Arbeit eines Metzgers als die eines Chirurgen. Das Herz wurde durch einen Schnitt unter dem Rippenbogen rausgeholt. Er hat mehrere Einstiche im Bauchraum, dazu stumpfe Traumata am Kopf. Tatwaffe haben wir bislang keine, auch kein Messer. Was genau zum Tod geführt hat, kann ich euch eh erst nach der Sektion sagen. Ich hol mir da auf jeden Fall einen Kollegen aus München dazu. Vier Augen sehen in dem Fall mehr als zwei – ich gehe davon aus, dass niemand von euch der Prozedur beiwohnen will, oder?« Böhm blickte in betretene Gesichter. »Kein Problem. Ich sag euch Bescheid, wenn ich Genaueres weiß. Also, ich mach mich mal auf den Weg, pfiat’s euch zusammen!« Er wandte sich mit einem Kopfnicken um und ging.
»Sagt mal, wer hat ihn denn gefunden?«, fragte Kluftinger auf einmal.
»Ein Nachbar«, erklärte Strobl. »Wohnt nebenan. Der geht recht früh mit seinem Hund raus. Ein ganz kleiner, so ein Beagle ist das. Er geht raus, der Hund ist nicht angeleint und rennt durch die angelehnte Tür in die Wohnung hier – und als er ihn wieder rauspfeift, hat der eine blutverschmierte Pfote. Der Mann ist erstaunlich ruhig. Sitzt unten im Streifenwagen. Willst du mit ihm reden?«
»Das reicht später. Wenn ich nachher
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