Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
Beamte rang mit sich. »Ich spiel mit dem Gedanken, nach Kempten zu ziehen. Du weißt schon, das ewige Pendeln. Und … na ja, es gibt nicht so viele … freie Wohnungen.«
Kluftinger starrte seinen Kollegen mit offenem Mund an. »Du hast doch einen totalen Knall, Richard!«, entfuhr es ihm. »Wie kann man denn in einer solchen Situation an so was denken? Bist du jetzt übergeschnappt?«
Maier drückte die Tür zu und flüsterte in konspirativem Ton: »Ich hab drüben auf dem Schreibtisch Kontoauszüge liegen sehen, die Wohnung ist ein Schnäppchen. Sogar einen begehbaren Kleiderschrank hat die. Nach so einer Tat ist wahrscheinlich sogar noch eine Mietminderung drin. Das schadet ja niemandem. Im Gegenteil: Für den Vermieter ist es ja eine tolle Sache, wenn …«
»Ich sag dir eins: Wenn du mit dem Vermieter Kontakt aufnimmst und dir diese Wohnung unter Vorteilsnahme verschaffst, dann sorg ich persönlich dafür, dass du in Zukunft im betreuten Wohnen haust, kapiert?«
Eine halbe Stunde später hatten sie Isabell März, die Freundin von Hübner, so gut es ging vernommen. Sie hatten sie gar nicht in die Wohnung gelassen, sondern in einem Polizeiwagen mit ihr gesprochen. Immer wieder war die blonde junge Frau in Weinkrämpfe ausgebrochen, hatte sich die Haare gerauft und mit zitternder Stimme immer denselben Satz wiederholt: »Wieso sollte jemand den Chrissi umbringen wollen?« Wenigstens hatten sie erfahren, dass sie außer dem Toten die Einzige war, die einen Wohnungsschlüssel besaß. Und dass das junge Paar kurz davorgestanden hatte, zu heiraten.
Kluftinger stand zwischen den Einsatzwagen herum und schüttelte den Kopf.
Auf einmal zuckte er zusammen: Willi Renn hatte ihm von hinten eine Hand auf die Schulter gelegt. »Klufti, ich fahr. Meine Leut machen oben noch fertig, aber ich kann schon mal ein paar Sachen verschicken und analysieren. Am interessantesten dürfte ein langes, schwarzes Haar sein, das direkt neben der Leiche gelegen hat – von ihm selbst war’s mal nicht.«
»Schwarz?«, fragte Kluftinger schnell. »Nicht blond?«
»Nein, das kann ich grad noch unterscheiden. Der Hefele hat mir schon gesagt, die Freundin sei blond.«
Der Kommissar wandte sich noch einmal Frau März im Wagen zu: »Wissen Sie, ob Ihr Freund jemanden mit langen schwarzen Haare gekannt hat?«
Sie sah ihn entgeistert an. »Wollen Sie damit andeuten, er hatte … nein, nein, er kannte niemanden, glaub ich.« Dann schluchzte sie wieder.
Der Kommissar seufzte. Aus ihr würde bis auf weiteres nichts Sinnvolles herauszuholen sein. Er blickte zu Willi. »Und wie finden wir jetzt raus, wem das Haar gehört? DNA ?«
»Das Ende des Haars sieht so aus, als wären da genügend Wurzelzellen dran, also werd ich mal einen Test machen lassen in München. Die können das jetzt aus immer weniger Material analysieren. Selbst wenn wir keine Übereinstimmung mit der Datenbank haben, finden wir so wenigstens raus, ob es sich um ein Männer- oder um ein Frauenhaar handelt. Nicht alle Herren haben so eine … na ja, sagen wir Sommerfrisur wie wir, gell Klufti?« Renn strich sich grinsend über seinen kahlen Schädel.
Sie wurden unterbrochen von einem uniformierten Beamten, der aus einem Kleinbus herausschaute: »Der Herr Lechner wär noch hier, Klufti. Willst du den noch selber vernehmen?«
Kluftinger runzelte die Stirn und ging auf den Beamten zu. Der erklärte leise, dass Hans Lechner, der Nachbar, der den Mann gefunden hatte, schon mehrmals nachgefragt habe, ob er gehen dürfe.
Der Kommissar stieg in den Wagen und setzte sich dem Mann gegenüber. »Sagen Sie, haben Sie sich denn öfters mal im Haus gesehen, der Herr Hübner und Sie?«
»Nein, öfters, das kann man nicht sagen«, antwortete Lechner erstaunlich sachlich und gefasst. Kluftinger schätzte ihn auf Ende sechzig. »Er war auch viel unterwegs, glaube ich. Aber wenn, dann hat man sich schon mal Zeit genommen für ein kleines Schwätzle.«
»Wann haben Sie ihn denn zuletzt gesprochen?«
»Gestern Abend.«
Kluftinger sah auf.
»Gestern Abend? Haben Sie das den Kollegen schon gesagt?«
»Nein, noch nicht.«
»Wann genau war das gestern Abend?«
»Na ja, nach den späten Nachrichten bin ich mit der Simba noch mal raus, vielleicht um Mitternacht, und als ich wiederkam, das müsste dann so eine halbe Stunde später gewesen sein, da hab ich immer jemanden aus der Gegensprechanlage gehört. ›Hallo‹ hat er immer gerufen, und als ich nachgefragt hab, hab ich
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