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Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)

Titel: Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Sekunden. »Und bei dir?«
    Der Kopf seines Vaters schnellte nach oben. Seine Augen verengten sich misstrauisch. »Wie: bei mir?«
    »Wie geht’s dir?«
    »Wie’s mir geht?«
    »Herrgott, Vatter, das ist doch eine ganz einfache Frage.«
    »Ja, mei, wie soll’s mir schon gehen?«
    »Genau das will ich ja wissen.«
    »Ich merk’s.«
    »Sagst du’s mir heut noch?«
    »Jetzt werd nicht gleich patzig.«
    »Werd ich gar nicht, ich will bloß wissen …«
    »Ich will, ich will, ich will – wie früher. Das zieht vielleicht bei deiner Mutter, aber bei mir nicht.«
    Kluftinger öffnete den Mund, doch es fiel ihm einfach nichts mehr ein. Sie hatten derlei Gespräche im Laufe ihres Lebens einfach zu selten geübt. Ein paar Minuten schwiegen sie, dann versuchte Kluftinger vorsichtig, das Gespräch auf ein weiteres Thema zu lenken, das ihm momentan sehr am Herzen lag. »Sag mal, Vatter. Mit dem Älterwerden … das ist ja auch nicht so … oder? Ich mein, das kommt einen schon manchmal hart an, hm?«
    Sein Vater drehte versonnen sein Bierglas auf dem Tisch. »Ja, mei, des isch halt, wie’s isch. Der Lauf der Zeit. Man kann sich’s nicht aussuchen. Aber der Garten macht mir schon eine rechte Freud. Jetzt, wenn’s wieder losgeht. Ich hab Tomaten gesät, die sind toll aufgegangen heuer . Ich tu sie tagsüber schon ins Gewächshaus raus. Der Garten, das ist mein Hobby. Auch, wenn er viel Arbeit macht. Aber ich tu’s gern. Und das Gemüse können wir gut brauchen. Und ihr ja auch, gell?«
    Kluftinger hörte den Worten seines Vaters nach. Sollte das nun eine Antwort auf seine Frage gewesen sein? Vielleicht musste er noch etwas direkter werden: »Du, sag mal, hast du eigentlich schon so ein … du weißt schon, Testament, mein ich, also: Hast du das schon gemacht?«
    Nun schien sein Vater auf einmal hellwach. »Aha, hast du’s so eilig mit mir? Aber da muss ich dich enttäuschen. Ich fühl mich gut. Und ein großer Geldsegen ist für dich sowieso nicht zu erwarten.«
    »Nein, Vatter, so hab ich das doch nicht gemeint, ich …« Der Kommissar verstummte. Wie hatte das Gespräch nur so aus dem Ruder laufen können?
    Sein Vater beschäftigte sich wieder mit seinem Bierglas, da fasste sich Kluftinger noch einmal ein Herz: »Also, es ist so, dass ich mich zurzeit irgendwie, wie soll ich sagen, komisch fühle. So getrieben. Und innerlich so unruhig. Vielleicht ist es das Alter oder auch die Sache mit dem Herz, aber ich bin einfach nicht mehr so …«
    In diesem Moment sprang sein Vater auf. Zuerst dachte Kluftinger, er habe ihn mit seiner Offenheit erschreckt, doch dann rief der Senior in Richtung seines Enkels: »Du, schalt das grad noch mal zurück. Das war doch der neue Trainer vom FC . Also, das ist mal einer, der wo was taugt.« Mit diesen Worten schlurfte er zu Markus und setzte sich neben ihn auf die Couch, seinen Blick starr auf das Fernsehgerät gerichtet.
    Der Kommissar ließ den Kopf sinken. Vielleicht war heute einfach nicht der richtige Tag und das hier nicht der richtige Rahmen, um mit seinem Vater tiefschürfende Gespräche zu führen. Er erhob sich und setzte sich ebenfalls auf die Couch. Da er sich für Fußball überhaupt nicht interessierte, schnappte er sich die Fernsehzeitung und blätterte lustlos darin herum.
    So saßen sie einige Minuten still beieinander, bis die Tür aufging und die Frauen nacheinander hereinkamen. Als sie die drei sitzen sahen, entfuhr Hedwig mit einem glücklichen Lächeln: »Mei, schaut’s, unsere drei Männer: ein Herz und eine Seele!«

Siebter Tag
    S onntagsdienste waren bei den Kollegen zwar alles andere als beliebt, aber Kluftinger wusste sie durchaus zu schätzen: Man begann später zu arbeiten, und die Stadt lag wie erstarrt unter der Feiertagsruhe, die auch auf den Büroalltag abfärbte. Die meisten Arbeitsplätze in der Inspektion waren gar nicht besetzt, alles war ruhig und friedlich. Außerdem gab es haufenweise Parkplätze, einen Feiertagszuschlag und als Ausgleich einen Tag dienstfrei obendrein. Buchstäblich das Sahnehäubchen waren jedoch die Kuchen und Brotzeiten, die die Kollegen dann immer von zu Hause mitbrachten und die dann geteilt wurden. Besonders Erikas »Auszogene«  – in Butterschmalz gebackener Hefeteig – erfreuten sich großer Beliebtheit. Es ging das Gerücht, dass manche Kollegen nur dafür schon den Dienst getauscht hätten.
    So erklärten sich wohl auch die erwartungsvollen Gesichter, in die Kluftinger blickte, als er die Tür zu ihrem

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