Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
habe schon seit Jahren keine mehr gegessen.«
Jack stand auf und verschwand, um wenige Minuten später, frische, geviertelte Guaven in einer Hand balancierend, zurückzukehren.
»Ooh, mit Chili und Salz«, staunte Iris, der das Wasser im Munde zusammenlief. »Was für eine Köstlichkeit!«
Sie aßen vorsichtig, genossen die Schärfe der Chili und den salzigen Geschmack der Frucht. Iris spürte, wie Jack jede ihrer Bewegungen mit den Augen verschlang. Sie versuchte, unbefangen zu wirken, und wandte sich an Bella.
»Du weißt, dass Ned hofft, dich zum Hierbleiben überreden zu können, oder?«, fragte sie und gab sich alle Mühe, Jacks Blicke zu ignorieren.
Bellas Gesicht wurde ernst. »Ja, das weiß ich, Iris, aber mein Leben in Madras ist großartig. KGF reicht mir einfach nicht. Es ist mir offen gestanden schleierhaft, wie du es hier überhaupt aushalten kannst. Ich meine, das hier ist ein netter kleiner Ort, aber Iris, du warst doch selbst schon einmal in London!« Sie holte kurz Luft. »Abgesehen davon glaube ich, dass die Grenfells eingehen würden wie die Primeln, wenn ich sie verlassen würde. Ned kommt auch ohne mich zurecht, vor allem jetzt, da er dich hat. Und nach eurer Hochzeit werdet ihr sicher eine eigene Familie gründen wollen.«
Iris sah, wie Jack unruhig auf dem Sitz hin und her rutschte und dabei unverwandt aus dem Fenster starrte.
»Nun, dann bitte ich dich, dass du ihm möglichst bald von deinen Plänen erzählst, bevor er sich noch zu sehr in die Sache hineinsteigert«, warnte Iris.
Bella nickte. »Selbstverständlich werde ich zur Hochzeit kommen, versprochen.«
Iris wünschte sich, Bella würde endlich aufhören, ständig von dieser Hochzeit zu sprechen. Ihr schlechtes Gewissen wuchs mit jedem Wort.
»Hast du den Ring dabei? Vielleicht können wir ihn gleich heute anpassen lassen?«, fuhr Bella zu ihrer großen Verzweiflung fort.
»Nein, das werde ich Ned überlassen.«
»Ach, Jack, Sie hätten ihn sehen sollen!«, schwärmte Bella. »Ein absolut perfekter kleiner Saphir, flankiert von zwei Diamanten.« Sie legte ihre Hände theatralisch auf ihr Herz. »Das ist so romantisch. Ein Diamant für jeden der beiden.«
»Bella, das ist doch langweilig«, versuchte es Iris vorsichtig. »Männer interessieren sich nicht für Hochzeitsgerede.«
»Er muss ihn seine gesamten Ersparnisse gekostet haben, Iris. Ned ist nicht unbedingt reich …«
Glücklicherweise wurden sie vom Fahrkartenkontrolleur unterbrochen, und das Gespräch verstummte. Bis Bangalore redeten sie nur noch über den Tag, der vor ihnen lag.
Jack hielt Wort. Sie nahmen sich als Erstes eine offene Kutsche zum Three-Aces-Kaffeehaus, das direkt an der South Parade lag. Dort wurde starker Kaffee von Kellnern in gestärkten weißen Uniformen und mit Turbanen in den Farben der kostbarsten Edelsteine serviert. Die Gäste waren bunt gemischt – was einer der Gründe war, weshalb Jack dieses Café so sehr liebte. Dort saßen Schriftsteller, Musiker, Politiker, Diplomaten, Akademiker und in Khaki gekleidete Soldaten neben Reisenden und Einheimischen.
Er bestellte für alle drei eine Portion dosas , und während sie sich die delikaten zusammengeklappten Pfannkuchen mit der Füllung aus Kartoffeln, Zwiebeln und saurem Kokos-Chutney schmecken ließen, staunte Iris darüber, wie sehr Jack das indische Essen liebte und wie gut er sich damit auskannte. Als sie den letzten Bissen verspeist hatte, seufzte sie zufrieden. Diese dosas waren mindestens genauso gut wie die ihrer Mutter.
»Und jetzt weiter zur Eisdiele«, verkündete Jack.
Bella lachte. »Haben wir denn überhaupt noch Platz in unseren Mägen?«
»Dann müssen wir eben Platz schaffen. Ein kleiner Spaziergang am Rand des Cubbon-Parks entlang, und schon sind wir für die gefrorenen Köstlichkeiten später am Nachmittag bereit.«
Während sie dahinschlenderten, erzählte Jack Bella alles, was er über diesen grünen Teil der Stadt wusste. Er beachtete Iris dabei so gut wie gar nicht, so dass sie sich langsam wie das fünfte Rad am Wagen vorkam. Wenngleich er Bella gegenüber mit seinen Worten zurückhaltend war, war Iris überzeugt davon, dass man dem jungen Mädchen nicht allein die Schuld daran geben konnte, wenn sie sich Hals über Kopf in ihn verliebte. Schließlich führte er sie zu einer hübschen kleinen Kutsche.
»Sie ist ganz allein für dich, gnädiges Fräulein«, sagte Jack und half Bella galant auf den Sitz.
»Willst du wirklich nicht mitkommen?«, fragte Bella
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