Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
gesehen hatte, war er es gewesen, der ihren Puls zum Rasen gebracht hatte. Jack schien sie irgendwie mit Elektrizität aufzuladen – unsichtbar, kribbelnd, gefährlich. Er war gefährlich, und er war aufregend. Auf eine Art und Weise, wie Ned es niemals sein würde. Und das hatte nichts mit seinem verwegenen Aussehen oder seiner muskulösen Figur zu tun. Es war etwas Dunkleres, etwas Geheimnisvolleres. Wie zwei Magnete, die sich anzogen, wie zwei Chemikalien, die miteinander reagierten. Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber sie musste unbedingt diesen einen letzten Tanz mit ihm tanzen, wollte nur noch einmal von ihm gehalten werden. Erinnerungen an ihn, als er im Krankenhaus gelegen hatte … diese wenigen Herzschläge allein mit ihm waren ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen.
Sie hätte vermutlich einen Weg gefunden, einen Tanz mit ihm zu rechtfertigen, immerhin war sie offiziell noch nicht gebunden. Jetzt aber hatte Ned mit seinem Antrag und mit dieser kleinen samtenen Schachtel alles noch viel komplizierter gemacht.
»Er ist wunderschön. Vielen Dank«, hatte sie sich leise sagen hören. Und was sie dann sagte, war noch schlimmer. »Natürlich werde ich mich mit dir verloben, Ned. Aber lassen wir doch den Ring zuerst enger machen, sonst werde ich ihn noch verlieren.«
Insgeheim hatte sie gedacht, dass die Verlobung noch nicht offiziell war, solange sie den Ring nicht trug. Ihre sorgfältige Wortwahl hatte ihr ein klein wenig mehr Zeit verschafft. Bevor Neds Ring nicht an ihrem Finger steckte, würde Iris sich selbst in dem Glauben lassen können, dass sie niemandem versprochen war.
Ihre Wangen brannten, als sie sich an diesen verräterischen Gedanken erinnerte, während sie in ihrem Kleiderschrank nach dem schönsten Kleid suchte, das sie hatte, um es für Jack zu tragen.
34
Jack Bryant stand in der Tür. Er trug eine kohlschwarze Hose nach der neuesten Oxforder Mode, die Iris bislang nur aus Zeitschriften kannte, dazu ein helles Leinenjackett, eine farblich passende Weste und ein weißes Hemd mit silbergrauer Krawatte. In seiner gesunden Hand hielt er einen weichen Filzhut. Trotz der Schlinge, die er noch immer tragen musste, sah er atemberaubend gut aus. Bella konnte sich natürlich nicht beherrschen. Sie stieß einen Freudenschrei aus, als sie den Flur hinunterrannte und unbekümmert ihre Arme um ihn warf.
Er stöhnte auf und versuchte sie, amüsiert über ihren Überschwang, von seiner Schulter fernzuhalten.
Es war ein kleiner Trost für Iris, dass Jack ihr über Bellas goldene Locken hinweg direkt in die Augen sah.
»Komm, komm, Bella, meine Liebe«, sagte Flora sanft.
Bella trat einen Schritt zurück. »Sie sehen heute sehr gut aus, Jack«, sagte sie wenig damenhaft. »Und auch ganz schön heldenhaft, ich meine mit dieser draufgängerischen Schlinge.«
Iris bemühte sich, ihre Irritation zu verbergen.
»Und du siehst aus wie eine hübsche kleine Blume – ich hoffe, ich darf Du zu dir sagen, Bella«, erwiderte er.
Bella nickte eifrig.
Flora warf Jack einen gequälten Blick zu. »Ich hoffe, Sie können diese allzu lebhafte junge Dame im Zaum halten, Mr. Bryant.«
Er verbeugte sich kurz. »Nennen Sie mich doch bitte Jack, Mrs. Walker. Hallo, Iris«, sagte er freundlich und wandte dann seine Aufmerksamkeit sofort wieder ihrer Mutter zu. »Wie geht es Rupert?«
»Wir alle sind sehr erfreut über seine Fortschritte. Er ist äußerst tapfer und entschlossen und befolgt Harolds Ratschläge und Übungsanweisungen ganz genau.«
»Ich bin froh, das zu hören. Ich hoffe, ihn morgen besuchen zu können, wenn es Ihnen recht ist.«
»Aber natürlich ist mir das recht. Mein Mann und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie bald einmal zum Abendessen zu uns kämen. Vor allem jetzt, da wir etwas zu feiern haben!« Iris funkelte ihre Mutter böse an, aber Flora nahm keinerlei Notiz davon. »Harold und ich sind hocherfreut …«
»Haben Sie die Neuigkeit noch nicht gehört, Jack?«, fiel Bella ihr ins Wort. »Ned und Iris haben sich verlobt. Gestern Abend. Ich hoffe doch sehr, dass ich eine deiner Braujungfern sein werde, Iris. Aber bitte nicht in Lachsrosa. In Lachsrosa sehe ich nämlich grässlich aus.«
Jack warf Iris einen kühlen Blick zu, der Bände sprach.
»Bella, meine Liebe«, mahnte Flora, »du musst dich jetzt wirklich ein wenig beruhigen. Aber wie dem auch sei – das ist die große Neuigkeit. Wir sind alle begeistert, wie Sie sich sicher vorstellen können.«
»Meinen
Weitere Kostenlose Bücher