Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
Vom Netzwerk:
den Flur hinaus.
    »Auf Wiedersehen, Bella«, sagte sie, als Joseph den Koffer der jungen Frau nach draußen trug. »Es tut mir sehr leid, dass dein Besuch hier so unglücklich endet.« Sie sah, dass Ned ihr für diese Worte dankbar war; zumindest schien er von ihrer Freundlichkeit beeindruckt zu sein, was jedenfalls mehr war, als er über seine Schwester sagen konnte.
    »Ich lasse mich nicht gern eine Lügnerin nennen, Iris«, schniefte Bella, während Flora die Hände rang, sich aber gegen ihr sonstiges Naturell jeglichen Kommentars enthielt.
    »Es hat ein Missverständnis gegeben. Das ist alles. Noch einmal: Es tut mir leid, dass du dich so aufgeregt hast und dass du abreist.«
    »Entschuldige dich nicht bei mir. Es ist mein Bruder, bei dem du dich entschuldigen solltest.«
    Dann ging sie, ohne sich auch nur noch einmal umzusehen. Iris bedachte das Mädchen im Stillen mit allen Schimpfwörtern, die ihr einfielen. Für Flora hatte Bella kein einziges Wort des Abschieds, nicht einmal ein bescheidenes Dankeschön für ihre Gastfreundschaft.
    Ned hielt inne und warf Flora einen entschuldigenden Blick zu, bevor er sich an Iris wandte. »Ich bringe Bell jetzt erst einmal zu mir. Ich denke, das ist für alle das Beste. Sie will auf jeden Fall so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren, also werde ich sie die nächsten Tage nach Bangalore begleiten und dort versuchen, für sie eine Reisebegleitung nach Madras zu finden. Die Vorstellung, dass sie allein reist, gefällt mir nämlich ganz und gar nicht.«
    Iris nickte, traute sich aber nicht, noch etwas zu sagen.
    Und dann war auch er fort. Zurück blieb sein Ultimatum, mit dem sie sich jetzt auseinandersetzen musste, und da war das Ultimatum von Jack. Iris fühlte sich innerlich vollkommen leer. Sie hatte ihre Entscheidung doch schon längst getroffen. Sie hatte sich auf der Veranda in dem leer stehenden Haus in Bangalore entschieden, und doch war sie nicht stark genug gewesen, um Jack zu widerstehen. Es war nicht so, dass sie jetzt zufrieden gewesen wäre – bei Weitem nicht, aber sie konnte es einfach nicht ertragen, dass ihre Familie schlecht von ihr dachte, und außerdem wollte sie Ned nicht verlieren.
    Also musste sie Jack gehen lassen. Gott sei Dank würde sie es ihm wenigstens nicht ins Gesicht sagen müssen. Er würde es wissen, wenn sie ihm von nun an konsequent aus dem Weg ging. Das war die einzige Möglichkeit – jeden Kontakt mit ihm zu meiden, alle verräterischen Gedanken zu verbannen, sobald sie in ihr aufkeimten. Sie würde seine Liebkosungen von ihrer Haut wischen und nie, nie wieder dieses hellblaue Kleid tragen, aus Angst davor, daran erinnert zu werden, wie er es langsam aufgeknöpft und ihr über den Kopf gezogen hatte.
    Jack brütete finster vor sich hin. Er hatte mit einem Kollegen getauscht und die Nachtschicht übernommen, damit er während des Tages niemandem gegenüberzutreten brauchte; Gangai konnte jedem, der ihn besuchen wollte, reinen Herzens sagen, dass sein Herr schlief. Schlief! Das war ein Witz. Er versuchte es, aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Er schloss die Jalousien, zog die Vorhänge zu und starrte in der Dunkelheit zur Decke hinauf. Im Haus war es vollkommen still, nur das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims drang an sein Ohr. Es war Namathevis Aufgabe, die Uhr jeden Tag zur selben Zeit aufzuziehen. Er lauschte auf ihr von leisem Geklingel begleitetes Eintreffen. So wie ihre Schwester trug auch sie goldene Fußreifen mit kleinen Amuletten. Sie hatte ein fröhliches Lächeln und eine angenehme, melodische Stimme, aber sie hatte nichts von der geradezu überwältigenden Präsenz ihrer Schwester.
    Elizabeth war nicht zufrieden mit ihm; das konnte er deutlich spüren. Aber das war ihm völlig egal. Sein unrasiertes, schlampiges Äußeres missfiel ihr sichtlich, genau wie die vielen Nachtschichten oder die Tatsache, dass er ihr Essen kaum anrührte. Wenngleich sie nichts sagte, sprachen ihre seelenvollen grauen Augen Bände.
    Sein Schlafzimmer war bislang allein Gangai unterstellt gewesen, jetzt plötzlich war dort die Hand einer Frau nicht zu übersehen. Frische Blumen fanden ihren Weg hinein und wurden alle paar Tage ausgetauscht. Sachen, die gestopft oder geflickt werden mussten, verschwanden auf geheimnisvolle Weise und kamen dann, wie von Zauberhand ausgebessert, wieder zurück. Ihm war auch aufgefallen, dass der dhobi jetzt jeden zweiten Tag die Wäsche holte und nicht nur einmal in der Woche. Elizabeth parfümierte

Weitere Kostenlose Bücher