Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
sein Zimmer mit Sandelholzöl, und auch wenn es dann weniger nach Schweiß, Alkohol und Haarwasser roch, war er überzeugt, dass sie diesen überaus kostbaren Duft vor allem deshalb verwendete, um ihm wenigstens etwas Erleichterung zu verschaffen. Er wusste, dass die Hindus dieser Region des Landes die Rinde des Sandelholzbaums zerrieben und sie dann mit einer Paste vermischten, die sie den Gläubigen im Tempel auf die Stirn strichen, um deren Ängste zu vertreiben.
Es war rührend, dass sie sich bei all ihrer Missbilligung doch so aufmerksam um sein Wohlergehen bemühte. Er hatte sich schon oft gefragt, ob sie den Grund für seine schlechte Stimmung kannte. Irgendwie war er sich sicher, dass Elizabeth in der Lage war, alles zu sehen und alles zu verstehen.
Die Hochstimmung, die der Kauf des Hauses bei ihm ausgelöst hatte, selbst die Nachricht, dass sein Motorrad noch in dieser Woche ausgeliefert werden würde, war seiner Verzweiflung wegen Iris gewichen. Er hatte sich seit zwei Wochen nicht einmal mehr in die Nähe ihres Zuhauses begeben, und er war durchaus froh darüber, dass seine und Neds Schicht sich nicht mehr deckten, auch wenn das bedeutete, dass sich sein Leben jetzt nur noch in der Dunkelheit abspielte. Verzweifelt klammerte er sich an die Hoffnung, dass sie irgendwie Verbindug zu ihm aufnehmen würde, und wenn auch nur mit einem Brief. Aber das Schweigen war vernichtend.
Er hatte Iris weder verführt noch sich ihr aufgezwungen. Sie hatte sich ihm aus freien Stücken hingegeben. Wäre da nicht Ned gewesen, dann wäre Iris jetzt die Seine, dessen war er sich sicher. Aber als Tag um Tag verging, ohne dass er etwas von ihr hörte, verdüsterte sich seine Stimmung immer mehr.
So konnte es nicht weitergehen. Er konnte nicht länger hier liegen, während die immer gleichen schwarzen Gedanken in seinem Kopf kreisten. Also erhob er sich von seinem Bett. Es war eigentlich noch viel zu früh zum Aufstehen, schließlich war er erst vor ein paar Stunden von der Arbeit gekommen. Aber vielleicht konnte er ja später noch ein paar Stunden schlafen. Im Moment war er jedoch hellwach und viel zu aufgewühlt, um auch nur dösen zu können. Er stieß die Jalousien auf, blinzelte ins grelle Morgenlicht hinaus und bemerkte eine Schale mit einem frischen Duftpotpourri. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er über Elizabeths Eindringen verärgert oder gerührt sein sollte.
Er ging in den Flur hinaus, um Gangai zu rufen und sich Tee machen zu lassen. In der Küche traf er jedoch nur Elizabeth an, die im Schneidersitz auf dem Boden vor einer Granitplatte saß. Auf der Platte lagen kleine Häufchen verschiedener Zutaten. Er roch Knoblauch, Zwiebeln und Ingwer. Sie war damit beschäftigt, eine grüne Paste herzustellen, wahrscheinlich auf der Basis von Koriander. Dazu rollte sie mit einer glatten Granitrolle über die Platte. Die rhythmischen Bewegungen verwandelten das Kraut rasch in einen duftenden Brei.
Sie sah überrascht auf. Jack kam nur sehr selten in die Küche. Jetzt aber stand er im Türrahmen, halb angekleidet, unrasiert und mit müden Augen.
»Ich suche Gangai.«
»Er ist mit Namathevi zum Markt gegangen, Sir. Wir haben nicht erwartet, dass Sie schon so früh aufstehen würden.«
»Das hatte ich auch nicht.«
Sie erhob sich anmutig aus dem Schneidersitz. Ihre Bewegungen erinnerten Jack an die einer geschmeidigen Schlange. Ihre Finger glänzten vom Saft des Korianders, ihr goldener Sari hingegen zeigte nicht den kleinsten Fleck.
»Darf ich Ihnen eine Tasse Tee bringen, Sir? Vielleicht ein kleines Frühstück?«
»Ja. Haferbrei bitte. Ich werde mich in der Zwischenzeit waschen gehen.«
Sie sah ihn ernst an, bis er sich umdrehte und die Küche wieder verließ. Er fühlte sich ein wenig wie ein kleines Kind, das gescholten wurde, weil es so zerzaust und missmutig im Allerheiligsten erschienen war.
Nachdem er geduscht und sich rasiert hatte, fühlte er sich zum ersten Mal seit Tagen ein wenig besser. Es ging bereits auf Mittag zu. Auf der vorderen Veranda, die nach Westen zeigte, war es noch nicht allzu heiß. Er mochte diese Jahreszeit. Der November brachte kühlere Tage. Nach dem Monsun, der im September begonnen hatte, gab es jetzt auch wieder längere trockene Abschnitte.
Elizabeth kam mit seinem Porridge und einer Kanne Tee. Sie hatte auch Fingerbananen klein geschnitten, über den Haferbrei gegeben und schließlich goldenen Sirup daraufgetröpfelt.
»Ich habe Ihnen noch frische dosas gemacht. Sie essen
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