Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
sich geht, Ned? Es ist Bella, die in Jack verliebt ist. Sie hat so schamlos mit ihm geflirtet, dass sogar ich rot geworden bin.«
Ned wandte sich dem Fenster zu und starrte hinaus. Er seufzte. »Sie ist noch so jung und so leicht zu beeindrucken. Ich hätte wissen müssen, dass Jacks Gegenwart auf sie wirkt, als würde man eine Fackel an ein Bündel Stroh halten.« Seine Worte klangen resigniert. Offensichtlich gab er sich selbst die Schuld an allem. Iris hatte sich noch nie so elend gefühlt, dennoch hielt sie an ihrer Geschichte fest.
»Sie hat uns miteinander tanzen sehen.« Iris sah ihn fest an; jetzt musste sie wirklich überzeugend sein. »Am helllichten Nachmittag, Ned. Um uns herum waren Hunderte von Menschen. Als eine bestimmte Melodie gespielt wurde und ich erwähnte, dass dies Mums Lieblingsstück sei, hat Jack mich höflich und in aller Form gefragt, ob ich gerne tanzen würde. Ich antwortete ihm, ich würde ihm ohnehin noch einen Tanz schulden … und genau das hat Bella gesehen. Jetzt bauscht sie die Sache auf, weil sie ein eifersüchtiges kleines Mädchen ist und sich gekränkt fühlt. Es tut mir leid, Ned, dir das sagen zu müssen. Ich weiß, du hast dir nichts sehnlicher gewünscht, als dass wir alle eine einzige große, glückliche Familie werden. Bella ist offensichtlich jahrelang verhätschelt worden und erwartet, dass sich immer alles um ihre Wünsche dreht. Ist dir im Übrigen schon einmal aufgefallen, wie sie mit den Dienern spricht?«
Diese letzte Bemerkung schien zu wirken.
Iris holte Luft, machte ein paar vorsichtige Schritte auf ihn zu und sagte dann mit sanfterer Stimme: »Die Wahrheit ist, dass Bella noch erwachsen werden muss. Aber mit ihrem Verhalten richtet sie großen Schaden an.«
»Bell ist keine Lügnerin, Iris«, widersprach Ned leise.
Das hatte sie nicht erwartet. »Dann lüge also ich?«
»Das habe ich nicht behauptet. Irgendetwas scheint sie wirklich sehr zu erregen, wenn sie trotz allem, was du mir gerade erzählt hast, an dieser Geschichte festhält. Ich kann mir das alles nicht erklären.«
»Ich auch nicht. Aber, Ned, bei allem Respekt. Dies ist das erste Mal seit sehr langer Zeit, dass du sie wiedersiehst.«
»Bella und ich haben über die Jahre viel miteinander erlebt. Ich bin mir sicher, dass ich meine Schwester sehr gut kenne. Ein Leopard verändert seine Flecken nicht. Vergiss das nicht, Iris«, sagte er. Das war eine eindeutige Warnung.
»Aber es ist mein Ruf und der von Jack, der auf dem Spiel steht.«
Der Anflug eines Lächelns huschte über Neds Gesicht, und wieder traf sie ein Schwall von Zynismus. »Oh, ich bin mir sicher, dass Jack ein ziemlich dickes Fell hat. Abgesehen davon ist er das durchaus gewöhnt.«
»Nun, ich für meinen Teil habe kein dickes Fell, Ned Sinclair, und ich wehre mich dagegen, meinen Namen derart befleckt zu sehen.« Sie atmete jetzt heftig. Ihr Zorn war nicht gespielt, auch wenn sie nach wie vor heftige Schuldgefühle quälten.
Ned sah jetzt völlig niedergeschlagen aus. »Wir werden uns deswegen nicht mehr streiten, Iris. Das Ganze ist, wie du richtig sagst, wirklich hässlich. Es steht Aussage gegen Aussage. Ich will keinen Streit. Ich werde mit Bella sprechen; und wenn sie dann noch immer möchte, soll sie eben nach Hause fahren. Vielleicht kommt sie ja zur Hochzeit wieder … falls es noch eine Hochzeit geben sollte.«
Iris’ Kopf fuhr hoch. Sie funkelte ihn an. »Was soll denn das nun heißen?«
»Trag einfach meinen Ring, Iris. Zeig mir, dass du dich für mich entschieden hast. Und falls du das bis jetzt noch nicht getan hast, dann wird es jetzt wirklich Zeit. Es gibt nichts mehr, was ich noch tun könnte. Ich liebe dich. Das habe ich dir jeden Tag, seit du hier bist, auf jede erdenkliche Weise bewiesen. Ich bin kein Held, Iris. Ich bin nur ein ganz normaler Mann. Nicht besonders gut aussehend, nicht groß, muskulös oder wohlhabend. Aber ich bin auch nicht dumm oder besonders geduldig. Also triff eine Entscheidung!«
Wie seine Worte sie schmerzten! Sie waren voller Anklage. Ned wusste es, aber er ließ ihr einen Ausweg. Auf diese Art und Weise konnte auch er sein Gesicht wahren.
Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Sie versuchte nicht einmal, ihn aufzuhalten.
Sie hörte, wie Bruder und Schwester im Flur leise miteinander sprachen, dann Schritte und andere Stimmen. Menschen im Aufbruch. Iris wusste, dass sie jetzt stark sein musste. Sie trocknete ihre Tränen und ging in
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