Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
für sie nicht lange währen. Sollte sie deshalb Neds Liebe aufs Spiel setzen? Ihm das Herz brechen? War Jack dieses Opfer wirklich wert?
Sie beobachtete Bella, sah, wie sich Neds Gesicht verdüsterte, als sie sich ihm schluchzend in die Arme warf. Fast hätte sie Bella in diesem Augenblick gehasst.
Iris hörte, wie der Diener die Tür öffnete und Ned willkommen hieß, dann vernahm sie, wie Ned besänftigend auf Bella einsprach und sie schließlich bat, ihn erst einmal zur Ruhe kommen zu lassen.
»Hallo, Ned, mein Lieber«, hörte sie ihre Mutter sagen. »All das tut mir schrecklich leid. Iris wartet im Wohnzimmer auf dich. Ich habe bereits Tee aufsetzen lassen.«
Auf dem Flur ertönten seine Schritte, dann blieben sie vor der Tür stehen.
»Iris?«, fragte er leise.
»Ich bin hier, Ned« antwortete sie, den Tränen nahe. Wie hatte sie ihm das nur antun können? Plötzlich wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass alles wieder so war, wie es gewesen war. Zwei Männer hatten ihr Herz zerrissen, aber es blutete nur wegen Ned – weil sie ihm Schmerz bereitete, weil sie ihrer Beziehung einen unwiderruflichen Schaden zugefügt hatte, weil sie schon bald in seinem Gesicht lesen würde, wie sehr sie ihn gekränkt hatte. Sie musste das irgendwie wiedergutmachen. Jack würde es überleben. Sie selbst auch. Ned war der Zerbrechliche von ihnen. Also musste sie Ned schützen.
Er kam ins Zimmer. »Hallo«, sagte er zurückhaltend. »Vermutlich weißt du bereits, was ich eben gehört habe.«
»Ja. Bella hat Anschuldigungen erhoben. Sie hat dafür gesorgt, dass mich meine Eltern jetzt für ein Flittchen halten.«
Sie sah, wie er bei dem groben Wort zusammenzuckte.
»Bella sagt, sie möchte so bald wie möglich nach Madras zurückkehren.«
Iris stand auf. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn küssen s ollte. Ihre Gewissensbisse waren plötzlich so heftig, dass sie sic h nicht mehr rühren konnte. »Ich glaube, das sollte sie auch tun, Ned. Sie vergiftet hier alles. Anscheinend langweilt sie sich, oder sie hat Sehnsucht nach den Grenfells. Nichts, was wir tun und sagen, kann sie zufriedenstellen.«
»Aber sie ist doch erst ein paar Tage hier«, wandte er ein, wobei er noch immer Abstand zu ihr hielt. Die Distanz kam ihr unendlich groß vor. Sie musste diese Kluft hier und jetzt überbrücken, wenn es für sie und Ned überhaupt noch eine Zukunft geben sollte. Plötzlich war ihr ihre gemeinsame Zukunft ungeheuer wichtig.
»Das weiß ich. Aber sie ist unglücklich, und sie lässt ihre Enttäuschung an uns aus.«
»Werde ich es von dir hören?«
Er brauchte ihr nicht zu erklären, worum er sie bat.
»Fragst du mich allen Ernstes, ob Jack und ich ein Liebespaar sind?«
»Das ist absolut nicht das, was ich dich frage. Ich will nur deine Sicht der Dinge hören. Das ist alles, worum ich dich bitte.«
»Ist dir bekannt, dass ich Rupert und Jack im Krankenhaus besucht habe? Ich war bei Jack, weil ich mich bei ihm bedanken wollte.«
Ned nickte.
»Damals habe ich gesagt, ich wüsste nicht, wie ich ihm jemals vergelten könnte, dass er meinem Bruder das Leben gerettet hat. Jack stand unter Morphium und machte die alberne Bemerkung, ein einziger Walzer mit mir würde ihm völlig ausreichen. Es war nichts weiter als der Versuch, unsere Familie von dem erdrückenden Gefühl, für immer und ewig in seiner Schuld zu stehen, zu befreien.«
»Also hast du nichts anderes getan, als die Schulden deiner Familie zu begleichen?« Neds Stimme klang plötzlich zynisch. Und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Nicht bei ihm. Nicht bei ihrem romantischen, idealistischen Edward, der sie für die Sonne in seinem Leben hielt.
»Ja«, sagte sie müde. »Aber bei dir klingt das so hässlich … genau wie bei deiner Schwester. Es war meine Mutter, die darauf bestanden hat, dass ich Bella an diesem Tag als Anstandsdame begleite. Glaubst du wirklich, ich hätte meine Familie unter diesen Voraussetzungen enttäuscht, so wie es mir Bella scheinbar unterstellt?« Ihr eigener Einfallsreichtum widerte sie an, dennoch fuhr sie unbeirrt weiter. »Jack hat sich einen Tag freigenommen, um deiner Schwester eine Freude zu machen, und sie dankt es ihm so.«
Ned fuhr sich mit der Hand durch seine blonden Haare, die sofort in ihre alte Position zurückschnellten. Sie bemerkte, dass er sich einen Schnurrbart wachsen ließ, vielleicht um seinem immer noch jungenhaften Aussehen entgegenzuwirken. Sie war gerührt.
»Verstehst du denn nicht, was hier vor
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