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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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haben gesehen, wie Sie gegähnt haben. Einer ist bereit, zu Protokoll zu geben, dass Sie getrunken hatten.«
    »Zeigen Sie mir einen Bergmann in dieser Stadt, der nicht trinkt, Mr. Johns.« Das war die falsche Antwort.
    »Sie sind aber kein Bergmann, Mr. Bryant. Sie sind der leitende Ingenieur der Top-Reef-Mine. Die Mine ist mit Ihnen ein Risiko eingegangen, und so wie es jetzt aussieht, war das Vertrauen in Sie nicht gerechtfertigt.«
    Jack erhob sich, die Hände zu Fäusten geballt. Er hoffte, dass er nicht schwankte.
    »Setzen Sie sich, Jack«, sagte Mack leise, aber mit Bestimmtheit. Jack gehorchte. »Tatsache ist, dass das jetzt von untergeordneter Bedeutung ist. Wir machen uns vielmehr große Sorgen um Ihre Sicherheit.«
    Jack runzelte die Stirn.
    »Die Gesellschaft ist für Sie verantwortlich«, fügte Johns mit säuerlichem Blick hinzu. »Diese schreckliche Sache im William’s Shaft, bei der so viele Inder ihr Leben gelassen haben, ist noch nicht vergessen, und jetzt sind schon wieder siebzehn von ihnen in der Top-Reef-Mine gestorben. Da braut sich was zusammen, Bryant. Die hiesigen Arbeiter beschweren sich ohnehin schon die ganze Zeit wegen der Sicherheit und der Ausrüstung, aber das hier wird das Fass zum Überlaufen bringen. Diesmal sind nämlich ausschließlich Einheimische ums Leben gekommen.«
    »Die Sache ist die, Jack«, kam Mack zum Punkt. »Wenn sie erfahren, dass einer der Briten, sagen wir mal … übernächtigt war, dann werden sie nicht mehr mit sich reden lassen. Verdammt, Junge, sie werden Sie in der Luft zerreißen.«
    Jack ließ seinen Blick zwischen den beiden Männern hin und her wandern. »Meinen Sie das ernst?«
    »Todernst«, sagte Johns. »Sie sind hier nicht mehr sicher.«
    »Aber ich habe doch nichts … «
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr, Jack«, sagte Mack ruhig. »Sie wollen einen Schuldigen. Und das wird derjenige sein, der die Winde bedient hat. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie aufgeheizt die Stimmung inzwischen ist. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    Johns durchbohrte ihn mit einem harten Blick. »Wir schaffen Sie hier raus – sofort.«
    »Raus? Wohin denn?«
    »Ich werde Sie nach Bangalore fahren. Von dort aus werden wir Ihnen eine Schiffspassage nach Hause … «
    »Ich soll Indien verlassen? Nein, ich … «
    »Mr. Bryant. Die Firma bittet Sie nicht darum, sie ordnet es an. So steht es auch in Ihrem Vertrag. Ohne Wenn und Aber. Die Firma hat das Recht – vor allem, wenn es darum geht, Ihr Leben zu schützen –, Sie jederzeit zu versetzen.«
    Mack rutschte ein Stück zu Jack herüber und legte ihm den Arm um die Schulter. »Mr. Johns hat recht. Diese Klausel steht in allen Verträgen. Sie können uns jederzeit nach England zurückrufen, wenn es Schwierigkeiten mit der einheimischen Bevölkerung gibt.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Die indischen Arbeiter …«
    Diesmal war es Mack, der ihn unterbrach. »Die Zeiten ändern sich, mein Junge. Vor allem Indien verändert sich. Das hier sind nicht mehr die bescheidenen Dörfler wie vor zehn Jahren. Das Verlangen nach Unabhängigkeit von der Krone wird immer stärker. Haben Sie schon von diesem Ghandhi gehört?«
    Jack schüttelte den Kopf. Die Vorstellung, KGF auf der Stelle verlassen zu müssen, setzte ihm zu sehr zu, als dass er sich noch um Politik Gedanken machen konnte.
    »Wenn sich für die Inder im Augenblick irgendeine Möglichkeit eröffnet, gegen die Briten vorzugehen, dann werden sie sie nutzen. Die beiden Unglücke in so kurzer Zeit könnten durchaus der Auslöser eines größeren Aufstands sein. Ich sage damit nicht, dass man das Unvermeidliche aufhalten kann, wenn wir Sie hier herausbringen, aber … «
    Johns schnitt Mack das Wort ab. »Die Firma will Ihr Blut nicht an ihren Händen kleben haben, Mr. Bryant. Verstehen Sie das? Sie kann und will nicht länger die Verantwortung für Sie übernehmen. Wir werden Sie nach Großbritannien zurückbringen, aber ich sage Ihnen schon hier und jetzt, dass man keinen weiteren Bedarf für Ihre Dienste sieht … nirgendwo. Also, Sie haben jetzt genau zehn Minuten Zeit, um das Nötigste zu packen.«
    Jack spürte, wie seine Welt zusammenbrach. Den beiden war es wirklich ernst. Er würde noch heute Nacht verschwinden müssen. Die Firma war offensichtlich zu der Überzeugung gelangt, dass er für den Tod dieser Männer verantwortlich war. Eine Stimme in seinem Hinterkopf, die sich anhörte wie die von Stan Burrell, pflichtete ihnen bei.

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