Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Es war rein und ganz und gar wundervoll. Wir haben uns geliebt, wenngleich wir uns beide bewusst waren, dass das falsch war.«
»Hat Ned davon gewusst?«
»Das mit Jack und mir vielleicht schon, ich bin mir nicht sicher, aber das mit dem Baby bestimmt nicht.« Ihr Gesicht legte sich in Falten. »Zumindest glaube ich das nicht … hoffe es … um seinetwillen.«
»Also hat Bella die Wahrheit gesagt.«
Iris nickte. »Ja, das hat sie. Ich habe sie belogen, ich habe Ned belogen, meine Familie und mich selbst. Ned und ich waren bereits offiziell verlobt, als ich vermutete, schwanger zu sein, denn mir war ständig übel. Mir war klar, dass ich Ned so schnell wie möglich heiraten musste.«
Das Entsetzen stand Henry ins Gesicht geschrieben. »Weiß Jack davon?«
»Nein!«
»Aber warum haben Sie es ihm denn nicht gesagt?«
Iris begann im Zimmer auf und ab zu gehen, wiegte das Baby bei jedem Schritt hin und her, damit es ruhig blieb. »Ich w eiß es nicht.« Sie schüttelte den Kopf, eine Mischung aus Wu t und Bedauern lag auf ihrem Gesicht. »Ich … da waren so viele Menschen beteiligt. Ich hatte einfach Angst. Ned – der arme Ned.« Sie schluchzte und drückte Lily noch fester an sich. »Er war ein so reizender Mensch. Er hat mich so sehr geliebt, Henry, so sehr, dass ich ihm einfach nicht wehtun wollte. Er hat sich so auf das Baby gefreut. Außerdem war mir immer bewusst, wie gefährlich es war, Jack zu lieben. Ich hätte mich niemals darauf verlassen können, dass er bei mir geblieben wäre.«
»Und das ist er auch nicht«, sagte Henry leise und mehr zu sich selbst. »Er hat Sie beide verlassen, schwanger und allein.«
»Sagen Sie es ihm«, meinte sie und zog ein Taschentuch aus der Tasche. Sie schniefte und blickte liebevoll auf das Baby. »Ich denke, er sollte wissen, dass Lily seine Tochter ist. Ich weiß, dass er nicht zurückkommen wird. Wenn er wollte, dass ich zu ihm komme, hätte er mir schreiben können, oder er hätte einen anderen Weg gefunden, mir eine Nachricht zukommen lassen. Obwohl ich einst das Gegenteil behauptet habe, wäre ich durchaus bereit gewesen, mit ihm nach Cornwall zu gehen …« Sie sah ihn müde an. »Erzählen Sie ihm einfach von Lily, das ist alles, worum ich Sie bitte.«
»Ich werde ihm so bald wie möglich schreiben, das verspreche ich Ihnen. Nehmen Sie das Haus an?«
»Ja, ich nehme es Jacks Tochter zuliebe an. Sie wird dann zumindest in einer wunderschönen Umgebung aufwachsen, und sie wird dadurch an ihren Vater erinnert. Außerdem werde ich auf diese Art und Weise gezwungen sein, meiner Familie gegenüber ehrlich zu sein, was Lily angeht. Bangalore wird uns beiden guttun. Ich kann dort als Lehrerin arbeiten, vielleicht sogar in meiner alten Schule – sie liegt dem Haus direkt gegenüber.«
»Ich bin froh«, sagte er und spürte dabei eine gewisse Erleichterung.
»Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.«
»Oh, da ist noch etwas«, sagte er und betete darum, dass er den nächsten Auftrag erledigen konnte, ohne noch mehr traurige Unwahrheiten erzählen zu müssen. »Man hat mich gebeten, Ihnen auch das hier zu übergeben. Vielleicht ist es etwas, das Lily tragen möchte, wenn sie älter ist.« Er zeigte ihr die Uhr.
Iris schnappte leise nach Luft. »Ich dachte, er hätte sie seinem Dienstmädchen geschenkt.«
Henry empfand es als schier unerträglich, dass Iris Kanakammal noch immer verunglimpfte. Ein paar Sekunden lang wagte er es nicht, etwas zu sagen. Er schüttelte nur stumm den Kopf und zuckte dann mit den Schultern, um seine Verlegenheit zu verbergen. »Möglicherweise hat seine Frau sie eine Zeit lang getragen. Jedenfalls ist sie ein Geschenk für Sie.«
Iris nahm die Uhr entgegen. Fast hätte er vor Erleichterung darüber, seine Aufgabe endlich erfüllt zu haben, einen lauten Seufzer ausgestoßen.
»Ich werde sie für Lily aufbewahren. Zu wissen, dass Jack so viel daran liegt, dass ich diese Uhr bekomme, gibt mir das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein.«
Henry stand auf. »Nun, ich denke, ich sollte jetzt gehen. Ich bin die nächsten Tage im Bangalore-Club zu erreichen, falls Sie noch irgendwelche Fragen haben sollten. Aber ich denke, alles ist jetzt so weit geregelt. Das mit Ihrem Ehemann tut mir übrigens aufrichtig leid.«
Sie lächelte traurig. »Vielen Dank. Wo immer ich auch bin, ich werde ständig daran erinnert, dass er nicht mehr da ist und auch nie mehr zurückkommen wird.«
Henry war sich nicht sicher, ob sie damit Ned oder Jack meinte …
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