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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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entlang, der sie unter einem prächtigen Rosenspalier hindurch zu der Bank unter dem Apfelbaum führte, doch als sie dort ankam, war diese leer. Jack schloss gerade das Gartentor hinter sich und stand schon auf dem Weg draußen vor dem Anwesen.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe, Mr. Bryant«, rief sie ihm nach.
    Jack fuhr herum. Sein Gesicht zeigte einen völlig abwesenden Ausdruck.
    Sie wies mit einem Kopfnicken auf den Umschlag. »Ich hoffe, es sind keine schlechten Nachrichten.«
    »Ein Freund hat mir den neuesten Tratsch geschrieben, das ist alles.«
    »Vermissen Sie Indien?«, fragte sie schüchtern.
    »Manchmal.« Er überlegte, dann schüttelte er den Kopf. »Ist sonst noch etwas?«
    »Mrs. Bryant schickt mich. Sie lässt fragen, ob Sie zu ihr kommen könnten.«
    »Aber sicher doch«, erwiderte er.
    Gloria sah ihre Chance gekommen. Es kam nur sehr selten vor, dass sie mit ihm allein war. »Ich möchte keine unpassende Bemerkung machen, Mr. Bryant, aber Sie haben Ihre Mutter mit Ihrer Heimkehr sehr glücklich gemacht. Wir sind alle sehr erfreut, Sie hier bei uns zu haben.«
    »Nett von Ihnen, dass Sie das sagen, Glory. Aber vergessen Sie nicht, mich Jack zu nennen.«
    Sie lächelte. »Sie sollten ein bisschen rauskommen … Jack, wenn ich das so sagen darf.«
    »Raus?«
    »Sie wissen schon, tanzen gehen oder vielleicht ins Theater. Ich glaube, Sie könnten ein wenig Aufmunterung gut gebrauchen.«
    Schweigend blickte er sie im Sonnenschein des Spätnachmittags an. Der Sommer war vorbei. Die Blätter begannen sich bereits zu verfärben, doch die Luft war noch so mild, dass er mit aufgekrempelten Ärmeln draußen sitzen konnte. Als sie bemerkte, dass die Sonnenbräune auf seinen kräftigen Armen verblasst war, hoffte sie, dass bald auch seine Erinnerungen an Indien verblassen würden.
    »Vielleicht können Sie mir ja dabei helfen, mich etwas aufzumuntern?«, sagte er plötzlich.
    Sie spürte, wie ihr Puls schneller ging. Bevor sie ihm jedoch antworten konnte, hatte er ihr bereits wieder den Rücken zugekehrt. Sie konnte nicht sagen, ob er sie nicht nur einfach hatte necken wollen.
    »Komm schon, Conan«, sagte er leise zu dem kleinen Hund, dann fügte er über die Schulter gewandt hinzu: »Sagen Sie meiner Mutter, dass ich gleich zu ihr komme.« Und noch bevor Gloria etwas erwidern konnte, spazierte er davon.
    Jack hatte kein Verlangen nach Glorias Gesellschaft, doch er wollte auch seiner Mutter nicht sofort gegenübertreten. Der Brief hatte ihn zutiefst verwirrt, hatte seine Gefühle aufgewühlt, dabei hatte er geglaubt, er hätte mit Indien ein für alle Mal abgeschlossen und würde niemals wieder einen Gedanken daran verschwenden. Henry aber hatte mit seinen prägnanten, knappen Worten das Tor zur Vergangenheit weit aufgestoßen. Und Jack war plötzlich gezwungen, sich dieser Vergangenheit wieder zu stellen.
    Er hatte nicht vorgehabt, weit zu gehen, aber schließlich fand er sich auf der Klippe wieder, wo er sich auf die Erde setzte. Ein Stück weiter oben verlief die Straße, die von der Kirche in Pendeen direkt hierherführte. Diese Stelle war für ihn überaus bedeutsam geworden. Er kam oft hierher, hatte er doch hier das letzte Mal mit seinem Vater gesprochen. Es war, als könnte er, wenn er diesen Ort aufsuchte, seinem Vater nahe sein.
    Jack las den Brief noch einmal. Es erschien ihm immer noch vollkommen unwirklich, dass er jetzt Vater von zwei Kindern war. Mit Iris hatte er eine Tochter, die sie Lily genannt hatte. Henry hatte ihm geschrieben, dass sie ihn das wissen lassen wollte.
    Sein Freund hielt sich in seinem Brief jedoch nicht weiter mit Iris auf. Jack war froh darüber, denn er wusste, dass sie recht gehabt hatte: Ihre Affäre war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Gedanke an die bezaubernde Frau vermochte zwar nach wie vor ein körperliches Verlangen in ihm zu entfachen, aber liebte er sie wirklich? Angesichts der großen zeitlichen und räumlichen Distanz, die nun zwischen ihnen lag, war er sich nicht sicher, ob er nicht Leidenschaft, ja vielleicht sogar Lust, mit Liebe verwechselt hatte. Ein vages Gefühl der Scham nagte an ihm, aber wenn es ihm gelang, seine Schuldgefühle nur lange genug zu ignorieren, würde er sie irgendwann endgültig hinter sich lassen, genau wie er die Frauen hinter sich gelassen hatte, deren Leben er in Indien so nachhaltig verändert hatte. Iris würde es nie an Verehrern fehlen. Wenn sie ihren Kummer und ihre Trauer erst einmal überwunden

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