Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Großvater oft gesagt«, erzählte er und blickte aufs Meer hinaus. »Aber das konnten wir uns nicht leisten. Wir haben seit Generationen in den Zinngruben gearbeitet.«
»Und dann kam der Verkauf«, gab Jack ihm das Stichwort.
Der alte Bryant seufzte, starrte dabei auf seine großen Hän de, die jetzt nicht mehr wie die eines Bergarbeiters aussahen; jetzt ließ er sich die Nägel regelmäßig im Herrensalon von Camborne maniküren. »Ja, und dann kam der Verkauf. Ich fand es entsetzlich, wie der Bergbau die Menschen in die Armut trieb. So jung ich auch war, erkannte ich doch, dass wir die Leute in London reich machten, während unsere Familien ums nackte Überleben kämpften. In jenen Tagen hatten die Bergleute noch keinerlei Rechte. Es gab keine Streiks, keine Gewerkschaften, wir konnten uns nicht einmal vorstellen, uns zu organisieren. Alles, was wir wussten, war, wie man Erz fördert und zwölf Stunden am Tag schuftet.« Sein Vater zog eine Grimasse. »Und wie man stirbt, bevor man vierzig Jahre alt ist.«
Jack nickte, schwieg jedoch.
»Dann kam deine Mutter. Ein so unglaublich zartes und zerbrechliches Wesen. Ich weiß noch immer nicht, was sie dazu gebracht hat, mir das Jawort zu geben. Sie hätte es viel besser treffen können. Sie war gebildet, hätte nach oben heiraten können.«
»Das hat sie doch«, sagte Jack. »Schau, was du ihr heute alles bieten kannst, Dad.« Er konnte sich nicht erinnern, wann er seinen Vater das letzte Mal so genannt hatte.
»Sie war der Grund, weshalb ich unbedingt aus den Minen herauswollte. Zu diesem Zeitpunkt lebten wir schon alle im Cottage deines verstorbenen Onkels, das zwar weit besser war als die zugige, baufällige Wohnung, die meine Eltern zuvor gemietet hatten, aber unsere Zukunftsaussichten waren dennoch nicht gerade rosig.«
»Bis man das Flöz entdeckte, das direkt unter dem Cottage verlief.« Jack fühlte sich plötzlich wieder wie ein kleines Kind, das darum bettelt, dass man ihm noch einmal eine Geschichte erzählt, die es schon in- und auswendig kennt.
»Richtig. Aber dein Großvater wollte den Grund einfach nicht verkaufen, Jack. Ich habe fürchterlich mit ihm gestritten. Immer wieder habe ich ihm gesagt, dass es nicht nur um meine Zukunft gehe, die er damit verbaute, sondern auch um deine. Du warst damals gerade mal drei oder vier Monate alt.«
»Ich habe nie ganz begriffen, wie es dir dann doch gelungen ist, ihn zu überzeugen. Grandpa war so unglaublich stur.«
»Ich erinnerte ihn daran, wie oft Onkel Jamie ihn gebeten hatte, mich aus der Mine herauszuholen. Ich hatte damals schon ziemlich schlimme Atemprobleme, und ich glaube, das hat letztlich den Ausschlag gegeben. Die Betreiber der Mine machten ihm ein unglaublich gutes Angebot. Du weißt, dass er mir jeden Penny davon gegeben hat?«
Jack drehte sich zur Seite und betrachtete prüfend das Profil seines Vaters, dessen markantes Kinn er geerbt hatte. Diese Information war für ihn eine Offenbarung. »Nein, das wusste ich nicht.«
»Großvater wollte nichts davon haben. Er arbeitete weiter als Bergmann, sagte keiner Menschenseele, wie viel er bekommen hatte, und verpflichtete die Betreiber der Mine zu absolutem Stillschweigen. Ich habe die gesamte Summe bekommen. Damals war ich siebenundzwanzig Jahre alt. Grandpa sagte mir nur, dass ich etwas aus diesem Geld machen solle. Und das tat ich. Ich verließ die Mine noch am selben Tag. Aber der Bergbau lag mir einfach im Blut. Ich konnte nicht völlig davon lassen, also überlegte ich, welche Möglichkeit es gab, die Verbindung aufrechtzuerhalten. Die großen Firmen mit dem zu versorgen, was sie brauchten, schien mir die beste Idee zu sein. Übrigens war ich es, der durchsetzte, dass den Männern kostenlos Kerzen zur Verfügung gestellt wurden.«
Jack runzelte überrascht die Stirn. »Wirklich?«
»Ich habe nie vergessen, wie finster es in den Schächten dort unten ist. Mein eigentliches Ziel, nämlich dafür zu sorgen, dass die Männer unter Tage mehr Licht bekommen, habe ich damit allerdings nicht erreicht. Aber wenn sie tatsächlich einen meiner Kerzendochte anzündeten, dann brannte er auch richtig. Trotzdem arbeiteten die dummen Kerle meistens lieber weiter im Dunkeln.«
»Das war aber nur eine der Sachen, die du auf die Beine gestellt hast …«
»Richtig. Aber alles, was ich getan habe, einschließlich der kleinen Geldleihe, die ich in der Nähe von Camborne aufgezogen habe, war und ist dazu bestimmt, den Bergleuten zu helfen. Du siehst also,
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