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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona McIntosh
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ohnehin nicht viel beibringen, auch wenn Brent etwas anderes behauptet. Hat sie begriffen, worum es in der Unterhaltung vorhin ging?«
    »Vermutlich nur zum Teil. Ich glaube, sie hört in letzter Zeit sowieso nur das, was sie auch hören will, das arme Ding. Aber wer könnte ihr das schon verübeln?«
    Robbie nickte und schwieg einen Augenblick. Dann warf er den abgelutschten Kern der Mango ins Gebüsch. »Ned, noch einmal: Du darfst sie auf keinen Fall hier bei ihm lassen.«
    »Das ist mir mittlerweile auch klar geworden. Erzähl mir alles. Hör auf, um den heißen Brei rumzureden.«
    Es folgte langes Schweigen, so lange, dass Ned sich fragte, ob er Robbie beleidigt hatte. Dann aber begann sein Freund zu sprechen, und als er fertig war, wünschte Ned sich nichts sehnlicher, als dass er nicht darauf bestanden hätte, die Wahrheit zu erfahren.
    »Er kam fast jede Woche zu mir. Seit ich älter bin, fühlt er sich vermutlich nicht mehr so sehr von mir angezogen, aber er erinnert mich noch immer gern daran, dass er Macht über mich hat«, schloss Robbie.
    Ned konnte nicht einmal mehr schlucken. Er wischte sich die klebrigen Hände an seiner Hose ab, die auch schon bessere Tage gesehen hatte. »Macht er es noch immer?«
    Robbie nickte. »In letzter Zeit erwacht sein Interesse aber nur noch selten – so wie vor einer Stunde.«
    »Was?« Ned drehte sich um und stand auf. In seinen Zorn mischte sich Abscheu. »Das widert mich an!«
    »Gib nicht mir die Schuld dafür, Ned. Ich war ein kleiner Junge, als es anfing.«
    »Du musst es jemandem sagen!«
    »Und wem? Wach auf, Ned. Wir können hier absolut nichts ausrichten.«
    »Was kann ich tun?«, knurrte Ned leise. »Ohne Geld fühle ich mich so hilflos.«
    »Nein, das bist du nicht. Du brauchst nur Mut.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich spreche davon, abzuhauen.«
    Ned starrte ihn unwirsch an. »Das sagtest du bereits.«
    Jetzt stand auch Robbie auf. »Ich sehe schon, dass ich nur meine Zeit verschwende.«
    Ned legte ihm die Hand auf die Schulter und hielt ihn fest. »Schau, Robbie. Ich weiß, das klingt komisch, aber offensichtlich hast du vergessen, dass wir erst vor ein paar Wochen hier angekommen sind.«
    »Ja, und in dieser Zeit sind eure Eltern gestorben. Du hast eine kleine Schwester und stehst ohne Geld in einem fremden Land da …«
    »Machst du dich etwa über mich lustig?«, fragte Ned ungläubig.
    »Das würde ich niemals wagen. Du hast mich heute schon einmal k.o. geschlagen. Nein, Ned, hör mir zu. Das interessiert niemanden! Das zu verstehen und zu akzeptieren ist hart. Aber auch ich habe es auf die harte Tour lernen müssen. Der einzige Mensch, der dir helfen kann, bist du selbst. Und auch ich werde dir helfen.«
    »Warum?«
    »Weil ich genauso wütend bin wie du. Ich bin wütend auf die Welt, die mich zum Sohn eines Engländers gemacht hat, der nie etwas von mir wissen wollte. Und ich bin wütend auf meine bengalische Mutter, die einfach gestorben ist. Ich bin wütend, weil ich allein in einer Welt bin, die sich nicht im Geringsten für mich interessiert und die mich wegen meiner Hautfarbe verspottet. Meine größte Wut gilt jedoch dem Mann, der Macht über mich hat. Und ich schwöre dir, heute hat er diese Macht zum letzten Mal ausgeübt.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde abhauen. Noch heute.«
    Ned machte ein langes Gesicht. »Warum ausgerechnet heute?«
    »Ich plane das schon seit Monaten, und ich werde keinen Tag länger warten.«
    »Willst du wieder zurück auf die Straße?«
    »Nein. Dort wird er mich schnell aufspüren. Ich weiß zu viel über ihn.«
    »Wohin willst du dann gehen?«
    »Nach Indien.«
    »Kalkutta?«
    Robbie schnaubte verächtlich. »Nein. Ich gehe in den Süden, in eine Stadt namens Bangalore.«
    »Und was ist in Bangalore?«
    »Nicht was, die Frage müsste vielmehr lauten: Wer? In dieser Stadt lebt ein englischer Doktor. Er heißt Dr. Walker. Ich habe ihn hier in Rangun kennengelernt. Er und seine Frau haben … wie sagt man? Sie haben einen Narren an mir gefressen. Mrs. Walker ist ebenfalls zur Hälfte Inderin. Sie kommt ursprünglich aus Bombay. Sie haben mir ihre Adresse gegeben.« Er tippte sich an den Kopf. »Ich habe sie mir gut eingeprägt. Sie haben gesagt, ihr Haus würde mir immer offen stehen.«
    Ned sah ihn verblüfft an. »Robbie, das sind Hunderte von Meilen. Wie willst du das zu Fuß und ohne Geld in der Tasche schaffen?«
    »Tja, ich bin verzweifelt genug, um zu laufen. Aber mit Bella könnte das schwierig werden. Ich

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