Herzen aus Stein (German Edition)
zog, als würde er frieren. Er wirkte betrübt, was eine läche r liche Vorstellung war. Ein trauriger Dämon?
Vincent überlegte, ob er ihn töten oder verschwinden sollte, als sich ein weiteres Portal in der Wand öffnete. Noch ein Dämon stieg heraus, der ebenfalls von einem Menschen nicht zu unterscheiden war. Er trug Jeans sowie ein T-Shirt und hatte schwarzes Haar. Er setzte sich neben den jüngeren Mann, der daraufhin die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf abwandte.
Der Schwarzhaarige räusperte sich. „ Lass uns reden, Jamiel . Bitte. “
Vincents Krallen bohrten sich in die Kunststoffstoßstange des Fahrzeugs und er vergaß fast sein pochendes Ohr. Konnte es sein? Jamiel – Jamie. War das Noirs Bruder? Vincent riskierte einen weit e ren Blick. Der Mann war so groß wie Noir, vielleicht noch größer, ebenfalls schlank – eine Ähnlichkeit war vorhanden. Vince kletterte an dem Bauwagen nach oben, um am Fahrerhaus vorbei einen bess e ren Blick auf die Szenerie zu bekommen. Dann spitzte er die Ohren.
„ Lass mich in Ruhe, Ash! Ich will nichts mehr mit dir zu tun h a ben! “ , rief der vermeintliche Jamie und stand auf.
Der andere Mann hielt ihn an der Schulter fest. „ Du bist mir u n terstellt, Jamiel . Du wirst tun, was ich dir befehle! “ Seine eisblauen Augen blitzten im Schein der Neonröhren, dennoch wirkte er ve r zweifelt. „ Vertrau mir bitte, ich will dir nichts Böses. “
Vincent hielt die Luft an. Es war Noirs Bruder, bestimmt! Und er war ein Gefangener der Dämonen. Vincent hatte nun die einmalige Gelegenheit, ihn zu retten. Wie glücklich er Noir machen könnte! Vielleicht wäre dann endlich alles vorbei. Vincent checkte die Lage. Außer den beiden schien niemand hier zu sein. Mit zwei Dämonen könnte er es locker aufnehmen, schließlich hatte er letzte Nacht g e gen eine ganze Horde gekämpft. Doch er musste aufpassen, Jamie nicht zu verletzen.
„ Ich werde Zorells Vorhaben vereiteln “ , murmelte Noirs ve r meintlicher Bruder. „ Ich werde nicht zulassen, dass er deine Pläne ausführt. “
Der andere klang aufgebracht, dennoch hörte sich die Stimme jetzt sanfter an. „ Lass es einfach, ich weiß, was ich tue. Bitte, Jamiel . Ich will nicht, dass dir etwas zustößt. Du bist nicht stark genug. “
Vincent wollte sich zurückziehen, um sich von einer anderen Seite anzuschleichen, als die Stimme des jungen Mannes plötzlich ganz anders klang, irgendwie rau und eine Spur verächtlich.
„ Dafür bin ich umso stärker. “ Er lachte böse.
Als er sich in Vincents Richtung drehte, unter der flackernden N e onröhre, sah Vince, dass Jamies Augen komplett schwarz waren. Das Augenweiß war verschwunden. Eine furchtbare Ahnung erfüllte Vincent. Verdammt! Er hatte solche Augen schon öfter gesehen. Jamie war kein Mensch mehr.
Das verkomplizierte die Sache.
Sein Brustkorb wurde eng. Er spürte einen tiefen Schmerz, weil er wusste, wie sehr das Noir mitnehmen würde.
„ Ich will wieder mit Jamiel sprechen. “ Jetzt klang der schwarzha a rige Dämon nicht mehr sanftmütig.
„ Der kleine Hosenscheißer hat sich verpisst “ , sagte Jamie. „ Er ist verdammt wütend auf dich. “
Vincent wusste nicht, was er tun sollte. Er konnte unmöglich g e gen die beiden kämpfen. Noirs Bruder war ein Dämon, er würde sich wehren. Vincent könnte ihn töten, wenn er sich verteidigte. Ve r dammt, verdammt, verdammt!
Noch während er überlegte, erledigte sich die Sache von selbst. Jamie und der andere Dämon verschwanden diskutierend durch ein Portal. Dabei ging es darum, dass Jamie nicht gerade erfreut war, ins Desiderio zu müssen, weil sich da zu viele Schwanzlutscher heru m trieben, gegen die er offensichtlich eine Allergie hatte.
Vincent blieb eine Weile wie erstarrt hinter dem Baufahrzeug si t zen. Er hatte tatsächlich Noirs Bruder gesehen. Aber er war nicht mehr der Junge, den sie einst gekannt hatte. Wie sollte er ihr das beibringen? Doch vielleicht hörte sie dann endlich auf, ihn zu s u chen. Nein, gewiss nicht. Noir würde niemals ruhen, bis sie sich mit eigenen Augen von Jamies Zustand überzeugt hatte.
Vincent beschloss, Noir erst einmal nichts zu sagen. Er wollte sie nicht noch mehr belasten. Aber er würde es ihr spätestens sagen müssen, bevor sie in den Klub gingen. Er musste sie vor ihrem Br u der warnen. Allerdings nicht heute Nacht. Sie war zu erschöpft. A u ßerdem hatte Noir einen so unbeschwerten Tag erlebt, dass er ihre gute Laune auf keinen Fall
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