Herzen aus Stein (German Edition)
glaubte, daran zu zerbrechen, kam Ceros und gab ihm wie ein Muttertier ihrem Kind etwas von seiner gerau b ten Seelenkraft ab, indem er sein Maul auf Ashs Mund drückte und ihm seinen verpesteten Atem hineinpresste. Aber es war kein Teil von Ashs Engelseele, die er ihm überließ, sondern Ceros suchte sich dafür in der Oberwelt Menschen, denen er die Seele aussaugte. Böse Menschen, Verbrecher, Mörder, Vergewaltiger. Ash spürte das Grauen in dem Lebensatem. Ceros fütterte ihn bewusst mit verdo r benem Geist, damit Ash immer mehr der dunklen Seite verfiel. Ceros gab ihm bloß so viel, dass er nicht starb. Sein Leben war nicht nur sprichwörtlich die Hölle. Er lebte nicht mehr, vegetierte vor sich hin. Allein die Hoffnung, dass Raphael eines Tages einen Weg finden würde, ihn hier herauszuholen, hielt ihn am Leben. Allerdings daue r te das zu lange. Sein Stolz geriet ins Bröckeln; er war kurz davor, zusammenzubrechen. Er sah ein, dass er nie aus dieser Spirale von Erniedrigung und Folter herauskam, wenn er sich nicht unterwürfig zeigte. Daher biss er die Zähne zusammen und heuchelte Demut. Als er sich nicht mehr widerspenstig zeigte, verlor Ceros den Spaß am Quälen.
Irgendwann hatte der Höllenfürst ihn zu seinem Handlanger b e fördert. Doch er war immer noch an ihn gekettet, zumindest mental, weil Ceros seine Seele in sich trug. Sollte Ash sterben, würde auch seine Seele aus Ceros weichen, deshalb hielt der Dämon ihn am L e ben. Starb Ceros, wich Ashriels Seele ebenfalls aus dem Stier und Ash könnte sie sich zurückholen.
Im Laufe der Jahrhunderte waren Ashs Dämonenkräfte gewac h sen. Ceros gab ihm immer mehr Aufgaben, Ash wurde selbstständ i ger und schließlich Ceros’ engster Vertrauter. Sein ehemaliges Wi s sen als Herrscher kam ihm zugute. Er konnte Ceros praktische Ra t schläge geben, zum Beispiel, wie er sein Reich erweitern und er mehr Sklaven für sich arbeiten lassen konnte, indem er ihnen gewisse Fre i heiten erlaubte. So stieg Ash im Ansehen des Fürsten und das Leben war fortan weniger beschissen.
Dann kam der Tag, an dem er an die Oberwelt durfte, um sich von nun an seine eigenen Seelen zu beschaffen. Natürlich bediente sich Ash nicht mehr am Abschaum der Menschheit, sondern suchte sich Menschen mit einem makellosen Charakter. Bevorzugt Frauen, mit denen er sich, während er ihnen nur einen winzigen Teil ihrer Seele nahm, vergnügte, ohne dass die Ladys bemerkten, was mit ihnen geschah. Als er immer stärker wurde, spielte er mit dem Gedanken, Ceros zu vernichten, weil dann seine Seele aus dem Körper des Stierdämons entweichen würde. Ash wäre frei. Er hatte alles bereits bis ins kleinste Detail durchdacht, bis zu dem Tag, als ihm diese Zaubererfamilie einen gewaltigen Strich durch die Rechnung g e macht hatte. Er hatte keine Ahnung gehabt, worum es sich genau bei den Medaillons handelte, die sein Herr so dringend benötigte, bis Ceros böse lachend seine Seele darin einschloss. Der Stier hatte g e nau gewusst, dass Ash beabsichtigte, ihn zu töten. Nun konnte Ash nur noch frei sein, indem er das zweite Amulett fand, mit dem sich das erste, das Ceros immer um den Hals trug, öffnen ließ. Wenn es einer beschaffen konnte, dann Ash. Er war ein Meister, wenn es darum ging, verschwundene Dinge aufzuspüren, das hatte er immer wieder bewiesen. Das war Ceros bewusst, deshalb ließ er Ash am Leben. Denn würde der Stierdämon ihn umbringen, würde seine Seele auf ewig im Medaillon eingeschlossen bleiben und den Fürsten für immer mit seiner nie endenden Energie versorgen.
Ash hatte sich in der Hoffnung, Bonuspunkte bei denen da oben zu ergattern, des Bruder s der Hexe angenommen. Ceros hatte Jamiels Leben nur verschont, weil der Junge es in gewisser Weise gewesen war, der Ceros die Existenz der Amulette verraten hatte. Aber nicht Jamiel selbst, sondern der körperlose Dämon Zorell , der sich in Jamiels Leib eingenistet und mit dem Höllenfürsten einen Pakt geschlossen hatte.
Doch was war ein Pakt mit einem Dämon wert? Würde Ceros sein Versprechen halten und Ashs Seele tatsächlich freigeben, wenn er ihm das zweite Medaillon beschaffte? Ash glaubte es nicht, aber er musste es zumindest versuchen, denn eine andere Chance hatte er nicht.
Er erhob sich. Mittlerweile hatte der Regen seine Kleidung durc h tränkt, doch das spürte er kaum. Er fühlte höchstens dieses dumpfe Pochen an seinen Schulterblättern, das ihn ständig daran erinnerte, wer oder was er einmal gewesen war.
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