Herzen in Flammen
Wikinger noch mehr verloren hatte, als sie erst gedacht hatte. Lady Rhona hatte er geliebt. Was er für Lady Corliss empfand, wuss te niemand zu sagen.
Royce' Cousine Darrelle, die den Haushalt führte, hatte Kristen vom ersten Tag an ignoriert und sie ganz unter Edas Obhut gestellt. Es war faszinierend, sie zu beobachten, denn sie verhielt sich widersprüchlich und war im einen Moment hochnäsig und herablassend und brauchte im nächsten Lob und Zuspruch.
Außerdem war sie leicht erregbar. Kristen hatte einmal mitangesehen, dass sie sich mit schriller Stimme bei Royce beschwert hatte, um sofort in Tränen auszubrechen, als er die Geduld mit ihr verloren und ihr eine unfreundliche Antwort gegeben hatte. Sie konnte auch über so unbedeutende Dinge weinen wie ein paar Stickstiche des Wandbehanges, an dem sie gerade arbeitete, wenn ihr dabei ein Fehler unterlaufen war.
Darrelle stellte kein Problem für Kristen dar, da sie die Gefangene behandelte, als sei sie gar nicht vorhanden. Meghan machte ihr auch keine Probleme, obwohl Kristen sich eine Zeitlang Sorgen gemacht hatte, weil die natürliche Neugier des Kindes sie veranlasst hatte, ihm am Tag ihrer ersten Begegnung mehr über sich selbst zu erzählen, als sie es gewollt hatte, Dinge, von denen sie nicht wollte, dass sie Royce zu Ohren kamen. Wenn er erfuhr, dass sie eine intakte Familie hatte und dass ihr Bruder einer der Männer war, die im Wald gestorben waren, dann würde er die Vorstellung, sie sei eine Hure, noch einmal überdenken. Doch Meghan hatte offensichtlich nichts von dem, was Kristen ihr erzählt hatte, weitergegeben, und es war so, wie Eda es vermutet hatte: Das Kind hielt sich Kristen fern.
Auch Royce ignorierte sie oder tat zumindest so. Sie sah ihn täglich, denn er konnte den Saal nicht durchqueren, ohne von ihr gesehen zu werden. Er sah sie jedoch nie an. Nur, wenn er untätig in der Halle saß, merkte sie, dass er sie musterte.
Seine Haltung ihr gegenüber belustigte Kristen. Sie wuss te, dass er sie für das verachtete, wofür er sie hielt, und sie zudem verabscheute wie ihr ganzes Volk. Abgesehen davon, fühlte er sich dennoch von ihr angezogen. Das Amüsante war, dass er so entschlossen gegen diese Anziehungskraft ankämpfte. Sie spürte, dass seine Blicke ihren Bewegungen folgten, doch wenn sie aufsah, wandte er die Augen eilig ab.
Nur ein einziges Mal wandte er seinen Blick nicht ab. Royce starrte sie sogar so gebannt an, dass der Mann, der hinter ihm stand, seinen Namen dreimal rufen muss te, ehe er seine Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. Darüber hatte Kristen laut gelacht. Der Klang ihres vollen, herzlichen Lachens war zu ihm vorgedrungen und hatte ihn verärgert. Er hatte seinen Metkrug auf den Tisch geknallt und den Saal mit zornigen, ausholenden Schritten verlassen. Die Männer hatten ihm versonnen nachgeblickt, und Kristen hatte sich darüber gefreut, dass es in ihrer Macht stand, ihm derart unter die Haut zu gehen.
Kristen dachte oft an jenen Abend. Sie dachte eigentlich sehr oft an Royce. Das Wissen, dass er sie begehrte, bereitete ihr Vergnügen und stieg ihr zu Kopf. Dank ihrer Mutter wuss te sie auch, warum.
Brenna hatte einmal zu ihr gesagt: »Du wirst den Mann erkennen, der der Richtige für dich ist, sowie du ihn siehst. Ich wuss te auch gleich und habe lange gelitten, weil ich es nicht einmal mir gegenüber eingestehen wollte. Mach es nicht so wie ich, meine Tochter. Wenn du den Mann findest, dessen Anblick dir Freude bereitet, der ein Genuss für deine Sinne ist, der dir innerlich ein ganz seltsames und wunderbares Gefühl vermittelt, wenn er in deine Nähe kommt, dann ist das der Mann, mit dem du glücklich wirst, der, den du so heben kannst, wie ich deinen Vater liebe.«
Kristen war schon von Royce fasziniert gewesen, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Sein Anblick bereitete ihr immenses Vergnügen, und wenn er in ihrer Nähe war, fühlte sie sich anders als sonst, lebendiger und ihrer selbst be wuss ter. Ihre gute Laune war auf ihn zurückzuführen, denn sie war nur zum Lachen aufgelegt, wenn er da war. Sie war nicht so dumm, zu glauben, dass sie ihn liebte, denn sie hätte diesen Ort auf der Stelle verlassen, wenn es ihr möglich gewesen wäre. Dennoch war sie sich soweit über ihre Gefühle im Klaren, dass sie sich eingestehen konnte, wie sehr sie Royce von Wyndhurst begehrte: Sie wollte ihn berühren, in seinen Armen liegen und ihn kennen, wie eine Frau einen Mann kennt. Aus diesen Gefühlen heraus
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