Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
fesseln.“
„Capitaine Dammartin …“
„Jede Einzelheit jedes Tages“, wiederholte er ihre Worte. „Und wo könnten Sie all das in Erfahrung bringen, möchte ich wissen.“
Josette wollte sich aus seinem Griff befreien, doch Dammartin ließ nicht locker. Das Herz trommelte ihr gegen die Rippen. Gehetzt sah sie sich um, als wäre von irgendwo Hilfe zu erwarten.
Dumme Gans, beschimpfte sie sich insgeheim. Fast hätte sie sich verraten. Aber vielleicht wusste er nicht, was sie gemeint hatte. Dammartin konnte nichts von den Tagebüchern ahnen. Sie befanden sich an einem sicheren Ort.
Er zog sie dicht zu sich heran, sodass sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. „Bei den englischen Zeitungen jenes Jahres?“
„Ich meinte nichts Bestimmtes. Bitte …“ Sie versuchte zurückzuweichen, aber er packte auch ihr anderes Handgelenk und hielt sie unerbittlich fest.
Plötzlich war er ihr so nahe, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren und die Entschlossenheit in seinen Augen erkennen konnte. „Von den Freunden Ihres Vaters?“, drängte er weiter.
Ein Schauer überlief sie, als sein Mund flüchtig gegen ihre Wange strich.
„Oder vielleicht aus seinen Tagebüchern?“, flüsterte er grimmig.
Josette stockte der Atem. Sosehr sie es auch versuchte, sie konnte ihren Schrecken nicht verbergen. „Das ist doch Unsinn“, brachte sie schließlich mühsam hervor. „Mein Vater führte kein Tagebuch. Bringen Sie mich bitte ins Lager.“ Sie zog den Kopf zurück, um seiner verwirrenden Nähe zu entkommen.
„Wo sind sie, Mademoiselle?“ Es war dunkel geworden, aber im Mondlicht konnte sie Dammartins Züge gut erkennen.
„Sie irren sich, Sir, glauben Sie mir doch.“
„Wir können die ganze Nacht hierbleiben und dieses Spielchen spielen, oder Sie entschließen sich, mir zu sagen, wo sich die Tagebücher befinden. Dann haben wir vielleicht Glück und bekommen noch eine Portion Reis und Bohnen.“
Regungslos und stumm standen sie voreinander.
„Sie sind zu Hause … in England“, behauptete Josette schließlich. Den wahren Ort würde er niemals herausfinden. „Ich werde sie lesen, wenn ich wieder in Winchester bin. Dann weiß ich genau, was in Oporto geschah.“ Mit hochmütig erhobenem Kopf hielt sie seinem Blick stand. „Und ich bin davon überzeugt, dass die Dinge sich nicht so ereigneten, wie die Lüge der Franzosen glauben machen will.“
Dammartin blieb unentschlossen stehen. Josette wartete mit angehaltenem Atem und heftig pochendem Herzen. Dann gab er widerwillig nach.
„Lassen Sie uns gehen, Mademoiselle“, sagte er, nahm ihre Hand und führte sie ins Lager zurück.
Der Mantelsack, der Josettes gesamte Habe enthielt, stand neben ihrem behelfsmäßigen Bett in Dammartins Zelt. Das braune Leder war abgewetzt und zerkratzt.
Josette öffnete die obersten Knöpfe ihres Wollkleides und griff nach dem Anhänger der Goldkette, die sie um den Hals trug – einen schlichten kleinen Messingschlüssel. Sie kniete sich auf ihr Lager, beugte sich über den Mantelsack und sperrte das Schnappschloss auf.
Vorsichtig nahm sie ihre Kleider heraus und legte sie auf die Decke neben sich, bis der Mantelsack schließlich leer war – oder zumindest diesen Anschein erweckte. Dann entfernte sie die steife Ledereinlage, die als doppelter Boden diente. Darunter lagen in einem ordentlichen, flachen Stapel die Tagebücher.
Jeder Band war rot eingebunden. Einige der Buchdeckel waren verblasst, andere fleckig. Josette fischte das zuoberst liegende Buch heraus und schlug es auf. Das Datum am oberen rechten Rand nannte den 21. Juni 1807. Sie schloss das Buch, legte es sorgfältig zurück und suchte weiter, bis sie das Datum fand, um das es ging.
Dann passte sie den doppelten Boden wieder ein, verstaute ihre Kleider und schloss den Mantelsack ab. Nun erst setzte sie sich an den Klapptisch und schlug das Tagebuch auf. Sie holte tief Luft und begann den Bericht ihres Vaters über die Schlacht in Oporto zu lesen.
Am folgenden Morgen war Josette kaum in der Lage, sich auf Molyneux’ Geplauder zu konzentrieren, weil sie ständig an die Aufzeichnungen ihres Vaters denken musste. Dammartin hatte recht gehabt, als er behauptete, sein Vater sei in englische Gefangenschaft geraten. Es stimmte auch, dass der französische Offizier freigelassen worden war, aber ab diesem Punkt gab es keine Ähnlichkeit mehr zwischen der Version des Capitaine und der Lieutenant Colonel Mallingtons.
Ihr Vater schrieb von gegenseitigem Respekt
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