Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
können ruhig schlafen.“
Josette lauschte seinem ruhigen Atem und dem leisen Knarren des Stuhls, wenn Dammartin sich bewegte. Ab und zu öffnete sie die Augen, um sich zu vergewissern, ob er noch da war – wieder und wieder, bis sie schließlich in einen unruhigen Schlummer fiel.
In den Träumen, die sie verfolgten, konnte sie keinen Frieden finden, sondern nur Entsetzen und so lebendige Erinnerungen, dass sie glaubte, den Gestank des Banditen noch in der Nase zu haben, den Griff seiner harten Pranken auf ihrem Körper. Und sie hatte auch den Schuss von Dammartins Muskete noch im Ohr. Die Wunde im Schädel des Unholds klaffte riesengroß, das Blut floss dunkel und zäh. So viel Blut. Genau wie in Telemos.
Immer mehr Blut. Auf dem Körper des Banditen, auf denen der Männer des 60. Infanterieregiments, dem ihres Vater und ihrem eigenen, während sie mit den Fäusten auf ihren toten Angreifer einschlug. Als sie das dritte Mal ausholte, setzte er sich plötzlich auf und grinste böse. Josettes Herz drohte auszusetzen, denn in der Hand hielt er die Muskete, mit der ihr Vater erschossen worden war, über und über mit Blut besudelt. Gemächlich zielte der Bandit auf Josettes Herz. Der Tod war ihr sicher. Mit einem Schrei hob sie die Hände und flehte ihn an, sie zu verschonen.
„Mademoiselle Mallington. Josette.“ Dammartins Stimme erklang ganz dicht neben ihr. Josette spürte seine Hände auf ihren Armen und löste sich langsam aus dem eiskalten Griff ihres Albtraums. Schwer atmend öffnete sie die Augen und versuchte ihn in der Dunkelheit auszumachen.
„Capitaine Dammartin“, flüsterte sie und spürte Salz auf ihren Lippen. Sie musste im Schlaf geweint haben.
„Es war nur ein böser Traum, nicht mehr. Ich bin bei Ihnen. Alles ist gut.“ Er strich ihr leicht übers Haar. „Schlafen Sie weiter.“
Doch als er gehen wollte, klammerte sie sich an seine Hand. „Bleiben Sie.“
Er hielt inne.
„Bitte.“
Und so legte er sich neben sie und deckte sie beide mit seinem Mantel zu. Dankbar spürte sie die tröstliche Wärme, die von ihm ausging. Sobald er den Arm schützend um sie legte, begann der Albtraum zu verblassen. Josette wusste, dass sie endlich in Sicherheit war.
Am nächsten Tag drehten Dammartins Gedanken sich unentwegt um Josette Mallington. Wären er und seine Männer nur einen Moment später gekommen, hätte der Bandit ihr Gewalt angetan. Vor seinem inneren Auge sah Dammartin den widerlichen Kerl immer noch auf ihr liegen, und die Erinnerung daran ließ ihn schaudern. Der Tod war zu gnädig gewesen für diesen Abschaum.
Dammartin erinnerte sich an ihre Wut, ihre Verzweiflung und die Art, wie sie sich in der letzten Nacht an ihn geklammert hatte. Ich habe darum gebetet, dass Sie kommen, hatte sie gesagt. Ausgerechnet er, ihr Feind.
Er hätte jedes Recht gehabt, sie zu hassen. Aber das fiel ihm nicht mehr so leicht. Sie wusste nichts vom Verbrechen ihres Vaters und verdiente nichts von alldem, was ihr zugestoßen war – weder die Schlacht in Telemos noch seine Verachtung, noch den Überfall durch die Banditen.
All das änderte nichts an dem, was Mallington getan hatte, und Dammartin konnte nicht einfach vergeben und vergessen. Er fühlte sich innerlich hin- und hergerissen zwischen seinem Hass und seinem Verlangen nach Josette Mallington.
Und wie Lamont kürzlich bemerkt hatte, würde es ein langer Weg bis Ciudad Rodrigo werden – ein wahrlich sehr langer Weg.
Schweigend ritt Josette an Molyneux’ Seite. Der Lieutenant war freundlich und verständnisvoll und tat alles, was in seiner Macht stand, um ihr den Ritt so angenehm wie möglich zu machen. Selbst Sergeant Lamont hatte ihr bei der letzten Rast einen Becher Kaffee gebracht. Alle sahen sie voller Mitleid an, aber Josette war es zuwider. Verachtung wäre ihr lieber gewesen. Es gab nichts Schlimmeres, als sich ausgeliefert zu fühlen, und dafür verabscheute sie den portugiesischen Banditen mehr als für alles andere. Sie wusste, was geschehen wäre, wenn Dammartin nicht eingegriffen hätte.
Ausgerechnet von dem Mann gerettet zu werden, den sie hasste! Doch dann dachte Josette daran, wie er sie in die Arme genommen und gehalten hatte, nachdem der Portugiese tot gewesen war. Dammartin hatte ihr den Schmutz und das Blut abgewaschen und war die ganze Nacht bei ihr geblieben – sogar neben ihr im Bett, als sie ihn angefleht hatte, sie nicht allein zu lassen. Der Gedanke ließ sie vor Scham zusammenzucken. Doch in der Nacht war ihre
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