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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Weg genommen hatte, möglicherweise verzweifelt unten am See saß, um über alles nachzudenken, was sie in der Hütte gesehen hatte. (Was für ein schönes Bild!) Er wollte umkehren, bis er sich klarmachte, daß die mutlose Katharina am See nur eines seiner Wunschbilder war, in dem er sich ihr endlich nähern, sich neben sie setzen und tröstend den Arm um ihre Schulter legen konnte.
    Der Lichtkegel eines Wagens erfaßte ihn von hinten. Der Fahrer bremste ab. Jakob drehte sich um, wurde geblendet und konnte nichts erkennen. Knirschend kam der Wagen neben Jakob zum Stehen. Ein Mann öffnete die Wagentür, stieg aus.
    »Entschuldigung«, sagte er über das Wagendach hinweg, »ich suche einen Ort namens Herzensach.«
    Es schien niemand aus dem Dorf zu sein. Selbst in der Dunkelheit registrierte Jakob, daß der etwa fünfzigjährige Mann außerordentlich gut gekleidet war und eine gepflegte braune Gesichtshaut besaß, wie man sie nur auf der Sonnenbank bekam.
    »Sie haben es so gut wie erreicht. Es ist das nächste Dorf.«
    Der Mann lehnte sich mit beiden Ellbogen auf das Wagendach und lächelte Jakob an. »Wohnen Sie dort? Finden Sie es nicht seltsam, daß es so gut wie keine Wegweiser mit dem Namen dieses Dorfes gibt?«
    »Ist das so?«
    »O ja, Sie sind also nicht von hier.« Er lächelte breit über seinen Trick, etwas über Jakob herausgefunden zu haben, und zeigte eine Reihe tadelloser Zähne. »An der letzten Wegkreuzung gab es ein Schild mit dem Hinweis auf Weinstein. Ich glaube, es waren noch sechzehn Kilometer. Kein Schild nach Herzensach! Finden Sie das nicht seltsam? Ich besitze sogar einen Autoatlas, in dem das Dorf nicht verzeichnet ist. Es scheint mir der richtige Ort, um sich zu verbergen. Kennen Sie die Leute dort?«
    »Kaum. Eigentlich gar nicht.«
    »Ich suche jemanden.«
    »Wie heißt er?«
    »Ach, er benutzt vielleicht einen anderen Namen.«
    »Wie soll ich Ihnen helfen?«
    »Sehen Sie mich an: die Ähnlichkeit!« Der Mann hob sein Gesicht, drehte es leicht hin und her. Die Bewegungen brachten Jakob darauf, daß der Mann Model oder Schauspieler sein mußte – jedenfalls wirkten sie sehr geziert.
    Jakob schüttelte den Kopf. »Das Mondlicht«, sagte er und hob entschuldigend die Arme.
    »Immerhin geben Sie zu, die Dorfbewohner zu kennen.«
    »Ein paar.«
    »Sehen Sie auf den Rücksitz des Wagens. Ich habe ihn mitgenommen, weil er noch mehr Ähnlichkeit mit meinem Bruder hat als ich.«
    »Sie suchen Ihren Bruder?«
    Jakob beugte sich herab. Das spärliche Licht im Wagen beleuchtete einen jungen schlafenden Mann. Er war angeschnallt und sein Kopf nach vorn gesunken. Jakob kam wieder hoch.
    »Ich weiß nicht ...«
    »Er arbeitet auf einem großen Gut.«
    »Van Grunten!«
    »Ja, genau. Könnten Sie es mir zeigen?«
    »Sicher.«
    »Steigen Sie ein.«
    Jakob wollte die Vordertür öffnen, doch der Mann winkte ab. »Nein, nein!« Er lachte überschwenglich »Vorn ist es zu gefährlich. Ich bin schwul, und ich könnte versehentlich statt nach dem Schaltknüppel nach Ihrem Knie greifen. Wollen Sie das?«
    »Ich verstehe mich zu wehren.«
    »Schade. Das war ein Angebot.«
    Jakob nahm auf dem Beifahrersitz Platz, neben einem Schlafenden zu sitzen war ihm unangenehm. »Fahren Sie in das Dorf hinein und an der Kirche vorbei.«
    Der Mann starrte auf die Schlitze in den Hosenbeinen. »Reizende Mode, und Sie haben wirklich keine Angst, neben mir zu sitzen?«
    Jakob bedeckte seine bloßen Beine mit den Händen. Der Fahrer startete den Wagen.
    »Verzeihen Sie, daß ich mich noch nicht vorgestellt habe, mein Name ist Dieter Vietel.« Er streckte ihm die Hand hin. »Wenn Sie zugreifen, ziehe ich Sie zu mir heran und küsse Sie.« Es klang wie ein Scherz, Jakob hob abwehrend die Hand. »Dann lieber nicht.« Er nannte seinen eigenen Namen.
    »Sie sind ein hübscher Junge. Sie hätten wirklich hinten einsteigen sollen. Der da ...« Er zeigte mit dem Daumen nach hinten. »Der kann Ihnen nichts mehr tun. Er ist tot.«
    Jakob lachte.
    »Er ist wirklich tot«, bekräftigte der Fahrer. Jakob sah sich um. Der junge Mann hing so schlaff im Sicherheitsgurt, daß er durchaus tot sein konnte. Wahrscheinlich spielte er mit.
    »Sicher«, sagte Jakob lächelnd, »eindeutig tot!«
    Der Fahrer wechselte das Thema. »Mein Bruder, Jürgen Vietel, ist Verwalter auf dem Gut. Kennen Sie ihn?«
    »Ach, der. Ja, ich habe ihn schon mal gesehen. Ich wußte nicht, wie er heißt.« Jakob sah sich noch einmal um. Der Junge auf der Rückbank sah

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