Herzensach - Roman
lachte. »Ich dachte, ich hätte dich vertrieben.«
»Nein, dazu bedürfte es mehr.«
»Dann bleib stehen, ich schlage noch einmal mit aller Kraft zu. Vielleicht gelingt es mir dann.«
»Ich bin zurückgekommen, weil ich immer an dich denken mußte.«
»Oje, ich muß wirklich zuschlagen. Du bist lange genug im Dorf, um von allen Seiten erfahren zu haben, daß ich Männer nicht besonders mag.«
»Ja, schon.« Er ging langsamer, wollte sie dazu bewegen, einen Augenblick stehenzubleiben. Aber sie legte eher noch einen Schritt zu. »Es war mein Gefühl, daß auch du Herzensach am liebsten verlassen würdest.« (Ein weiterer Teil des heimlichen Gedankens: Steht die Länge des ersten Sexualverkehrs im umgekehrten Verhältnis zur Länge des Widerstandes der Frau. Fragezeichen.)
Sie stieß die Luft scharf aus und bog von der Straße ab. Der Weg – er lag auf einem Damm und führte auf einen jungen Birkenwald zu – war so breit, daß man ihn gut und gern mit dem Auto hätte befahren können, doch nach einer scharfen Biegung kam ein Schlagbaum mit einem Schloß. Jakob wünschte sich, ihr Gesicht in der Dunkelheit besser sehen zu können und daß sie ihre Träume von einem anderen Leben schildern würde, aber sie schwieg.
»Ich meine, du willst doch auch weg.«
Er war etwas zurückgefallen und mußte sich beeilen, sie wieder einzuholen. »Was hält dich hier?«
Sie antwortete immer noch nicht.
»Ich bin zurückgekommen, um dir zu helfen.«
Sie blieb abrupt stehen. »Was willst du?« Sie war voller Mißtrauen. Das Mondlicht auf ihrem Gesicht machte es eher noch schlimmer. Jakobs Kopf sank mutlos zwischen seine Schultern. Er wußte schon, daß er stottern würde, ehe er es ihr gestehen konnte. »Ich, ich, ich ...« Er spürte seine Hilflosigkeit und wurde plötzlich wütend: »Verdammt, kann man denn dir nicht sagen, daß man dich mag?« (In diesem Augenblick verbot ihm der heimliche Gedanke, von Liebe zu sprechen.)
»Schrei mich nicht an!«
»Es tut mir leid, ich hatte das Gefühl, du würdest mich sonst nicht verstehen.«
Sie gingen weiter.
»Sicher, die dummen Frauen verstehen nicht, was Männer wollen, deshalb müssen sie angebrüllt werden.« Katharina kletterte von dem Dammweg hinab und folgte einem Trampelpfad. »Ich verstehe genau, was Männer wollen. Ich sehe es ihren Blicken an. Und um ihr Ziel zu erreichen, versuchen sie die Frauen abhängig zu machen, sie sich zu verpflichten.« Sie drehte sich um. »Verschwinde. Ich brauche deine Hilfe weder hier noch um Herzensach zu verlassen.«
»Du magst recht haben bei den Männern, die du kennst. Ich helfe dir, ohne etwas zu wollen.«
»Selbstverständlich«, sagte sie ironisch und eilte weiter.
»Wie kann ich dich davon überzeugen?« sagte er kraftlos. Wenn er noch eine Chance haben wollte, mußte er es völlig anders probieren. Und plötzlich wußte er, daß alles ganz einfach war. Er wußte, was er wirklich wollte, und er mußte es nur sagen:
»Katharina, ich bitte dich, meine Frau zu werden.«
Es war ein Heiratsantrag in der Dunkelheit einer kühlen und windigen Nacht, auf einem Pfad inmitten eines jungen Moorwaldes, an ein mürrisches Mädchen gerichtet, das mit großen Schritten vorauseilte, um den abgeschnittenen Daumen seines Pflegevaters zu suchen, damit man ihn wieder annähe. Es war ein vollkommen ungeeigneter Platz und eine unmögliche Situation; wenn sie sich jetzt umdrehen würde, um ihm eine Ohrfeige zu geben, würde er sich nicht wundern, aber er hatte es sagen müssen, weil er sich dies und nichts anderes wahrhaftig wünschte. (So werden uneingestandene Gedanken in die Flucht geschlagen!) Es konnte nicht falsch sein, seine Liebe auf eine konsequente Weise zu gestehen, die ihr seine Aufrichtigkeit vermitteln mußte. Jakob war überzeugt, wenn es etwas gab, das die sich im Kreis drehende Diskussion um die Gemeinheit der Männer in ihrem Verhältnis zu Frauen durchbrach, dann war das ein ehrlicher Heiratsantrag. (Gepaart mit der Sehnsucht nach einem einfachen, überschaubaren Leben. Fragezeichen.)
Katharina schwieg lange und hastete weiter, dann lachte sie kurz auf. Das war alles.
»Ich meine es wirklich ernst. Ich liebe dich.« Es kam etwas atemlos, weil er sie wieder einzuholen versuchte.
Das Wäldchen öffnete sich. Eine Wiese führte bis ans Wasser des Lichter Moores. Das Mondlicht ließ den See glitzern. (Wer hätte etwas anderes erwartet?) In der Mitte der Freifläche, auf einem kleinen Hügel, stand eine schwarze Holzhütte.
»Und
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