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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Frau, drehte den Körper herum. Es dauerte einige Zeit, bis er sie erkannte. Er untersuchte den Körper, um festzustellen, wie sie gestorben war, konnte es sich aber nicht erklären. Ob der Student daran schuld war? Nachdem er Jakob Finn befreit hatte, war Lisa wahrscheinlich der Gedanke gekommen, ihn wieder einzufangen. Sie hatte sich in seine Wohnung geschlichen und vielleicht hier gewartet. (Klingt logisch!) Doch dann waren die Einheimischen gekommen, hatten sie statt des Studenten vorgefunden und angenommen, sie sei seine Geliebte. Wenn sich eine Frau dem Feind hingab, wurde sie nackt ausgezogen, bemalt und mußte den Giftbecher leeren. (Klingt logisch!) Möglicherweise war es so geschehen. Er würde das später klären.
    Den alten Tischler im Hauseingang wollte er so nicht liegenlassen. Er zog ihn bis an die Treppenstufen heran, brachte ihn in die Stellung eines Sitzenden, schüttelte ihn und rief ihn mit seinem Namen an. Er hätte ihn gern mitgenommen. Otto Timber jedoch starrte ihn nur stumm an, regte sich nicht. Der Pfarrer gab es auf, versuchte ihm eine möglichst bequeme Lage zu geben und verließ ihn. Doch draußen auf der Straße bekam er ein schlechtes Gewissen. Wer weiß, ob der Alte nicht gestürzt war, sich etwas gebrochen hatte. Er konnte ihn nicht zurücklassen. Er lief schräg über die Straße zum Arzt. Die Tür war verschlossen. Er klingelte, machte einen Schritt zurück, um die Fenster des Hauses zu beobachten. Tatsächlich bewegte sich oben eine Gardine, das Gesicht des Arztes zeigte sich.
    »Ich brauche dich«, rief der Pfarrer. Der Arzt drehte ihm das Ohr zu und legte eine Hand dahinter.
    »Komm runter«, schrie der Pastor. In diesem Moment öffnete sich die Tür, die Haushälterin schaute heraus. »Ich konnte leider nicht in die Kirche kommen, Herr Pfarrer. Es gab soviel zu tun im ganzen Haus. Es hilft mir ja keiner.«
    »Schon gut, ich will nur den Doktor sprechen.«
    »Oje, der ist nicht gut zu sprechen heute.«
    Sie ließ ihn herein. Er ging ins Haus bis zur Treppe. Auf dem oberen Absatz stand Doktor Andree und sah ängstlich auf ihn herab. »Ich kann nicht ... meine Frau ...«
    »Drüben, vor dem Büro des Tischlers, liegt der alte Timber. Du solltest ihn dir mal ansehen.«
    »Ich ... ich soll das Haus verlassen?«
    Der Pfarrer schnaufte und verbot sich, von den beiden Leichen zu sprechen. »Es ist alles ruhig, alles vorbei. Du kannst gefahrlos hinübergehen.«
    »Ich weiß nicht recht.«
    »Ich komme mit.«
    »Hat er wenigstens offene Wunden?«
    »Nein.«
    »Ach, nicht? Mienchen, meine Tasche!«
    Sie verließen das Haus, und der Arzt blieb dicht hinter ihm, als wolle er ihn zur Deckung vor Scharfschützen benutzen. »Hast du den Studenten gesehen?« fragte Rudolf Pedus.
    »Nicht direkt.«
    »Wieso?«
    Den Arzt lockte die Frage nicht hinter dem Pfarrer hervor, sondern er näherte sich von hinten dessen Ohr. »Ich habe ihn bei mir im Keller versteckt. Er hat sich allerdings eine, äh zwei ... nein, drei Verletzungen zugezogen. Ich mußte ihn nähen.«
    »Dann ist er ja bei dir richtig. Behalte ihn mindestens bis Montag. Für den Studenten scheint es mir draußen noch nicht sicher zu sein.«
    Sie erreichten Otto Timber, als dieser sich gerade stöhnend am Treppengeländer hochzog. Er war bei vollem Bewußtsein und klarem Verstand. Doktor Bernhard Andree untersuchte ihn, doch dem alten Tischler ging es gut. Sie brachten ihn nach draußen.
    »Du kannst gehen«, sagte der Pfarrer zum Arzt. »Es sei denn, du willst dir noch die Leiche von Lisa in der Wohnung des Studenten ansehen oder den Toten, der vor dem Gasthaus auf dem Stuhl sitzt. Ich bringe inzwischen den alten Timber nach Hause.«
    Der Arzt drückte ängstlich den Kopf zwischen die Schulterblätter. »Später!« Er huschte gebückt zurück in sein Haus. Der Pfarrer lächelte. Jeder andere hätte die beiden erwähnten Toten für einen makabren Witz gehalten, nur der Arzt glaubte solche Nachrichten sofort.
    »Gehen wir.« Er nahm Otto Timber unter den Arm.
    »Mein Säbel!«
    »Ich hole ihn.« Er holte den Säbel und steckte ihn dem Alten durch den Gürtel. Otto Timber straffte sich. »Sie glauben gar nicht, Exzellenz, wie viele Menschen heutzutage keinen brauchbaren Daumen mehr haben!«
    Der Alte war wohl wieder in einer Scheinwelt gefangen. »Exzellenz? Ich bin ein einfacher Pastor.«
    »Auch einem Pastor sollte das auffallen. Denn wenn man mal einen Daumen braucht, findet man keinen vernünftigen. Man sollte einen Vorrat

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