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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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fester und lenkte das Pferd am Förster vorbei. Dann drehte er sich im Sattel um, hob die Hand und ließ den nachdenklichen Mann zurück.
    Er ritt wieder hinauf auf den Hügelkamm, quer durch den eigenen Wald und schließlich hinunter zur Herzensach und zum Gutshof. Er band das Pferd vor dem Stall an, ging um das Haus herum und betrat durch die Küchentür das Gutshaus. Es war niemand in der großen Küche. Er holte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und setzte sich an den gescheuerten Holztisch, auf dem Bündel von Gemüse lagen, frisch aus dem Gewächshaus, feuchte, dunkle Erde haftete noch daran. Er erinnerte sich nicht, Anweisungen für das Mittagessen hinterlassen zu haben. Er trank das sprudelnde Wasser aus einem dicken, abgeschabten Glas, das er schon als kleiner Junge benutzt hatte, und er betrachtete es, als würde er es das letzte Mal sehen. Er sprang auf, warf das Glas mit Wucht in die Spüle, wo es zerbrach. Solche Stimmungen galt es zu bekämpfen. Der Verwalter schaute erstaunt zur Tür herein.
    »Oh, Sie sind da?« Er kam auf ihn zu und legte den Finger auf den Mund. »Sie haben Besuch. Die Polizei.«
    »Was? Was wollen die?«
    »Psst. Sie sitzen in der Bibliothek. Zwei. Und ein Uniformierter steht vor dem Haus. Die treten mit einem Selbstbewußtsein auf, als hätten sie den Durchsuchungsbefehl in der Tasche.«
    Jan überlegte, er bewahrte kein Material aus der Firma im Gutshaus auf.
    »Was können die wollen?«
    »Wenn Sie mich fragen: Es muß mit Berlin zusammenhängen. Hier ist alles einwandfrei. Oder die Leute im Dorf ...«
    Werner Kotschik betrat die Küche. Seine Augen flatterten. Er zitterte leicht. »Die Polizei! Was sollen wir tun?«
    Es war gerade die Nervosität des Verwalters und die Furcht Werner Kotschiks, die Jan ruhig werden ließen. Eiskalt plante er mögliche letzte Schritte in seinem Haus.
    »Wo ist Katharina?«
    »Ich glaube, sie ist oben in ihrem Zimmer.«
    »Gut. Kein Wort zu ihr. Schließen Sie sie ein. Wie auch immer. Wenn nötig mit Gewalt.« Mit der Aufgabe wuchs Werner Kotschik. Er straffte sich und marschierte davon.
    Jan wandte sich Jürgen Vietel zu. »Gehen Sie ins Büro. Rufen Sie den Anwalt in Weinstein und den in Berlin an. Die sollen sich beide bereithalten. Außerdem ...« Er senkte seine Stimme. »Ich hätte es gern, wenn die Garagentür geöffnet und in meinem Wagen der Zündschlüssel stecken würde.« Er ging zur Hintertür, sah durch die Scheiben hinaus. Ein Mann kam um die Hausecke.
    »Oh, ist das einer von denen?«
    Der Verwalter nickte. »Der war eben noch in der Bibliothek.«
    »Dann vergessen Sie die letzte Anweisung.« Er ging mit kräftigen Schritten durch die Küche. »Trotzdem wäre es nett, einen Fluchtweg zu haben.«
    »Der Wagen wird auf jeden Fall startbereit sein.«
    »Gut, dann zum Angriff!«
    Er begegnete dem zweiten Kriminalbeamten bereits in der Halle. Er stellte sich vor. Sie gingen in die Bibliothek und setzten sich.
    »Die Polizei an einem Sonntag. Es muß dringend sein.«
    »Es geht um den Untergang eines Ihrer Schiffe.«
    »Oh, ich glaube, ich bin an diesem Schiff nur indirekt beteiligt über meine Firma in Berlin.«
    »Sparen wir uns das«, sagte der Inspektor mit einem milden Lächeln.
    Jan zog an seinen Reitstiefeln und öffnete den Gürtel seiner Hose. »Solange man auf einem Pferd sitzt, ist diese Kleidung angenehm, aber kaum steigt man ab ... Wissen Sie, mein Partner Gustav Anderson regelt alle diese Geschäfte ... Bleiben Sie sitzen, ich entledige mich nur dieser engen Reithosen.«
    Er stand auf und ging einfach hinaus, durch die Halle, die Treppe hinauf. Er hatte Protest erwartet. Aus den Augenwinkeln beobachtete er den Kriminalbeamten. Er war ebenfalls aufgestanden, folgte ihm, blieb aber in der Halle stehen. Der wollte ihn nicht entkommen lassen.
    Jan hatte schon beim ersten Blick des Inspektors und dann an seiner Tonlage gemerkt, daß der in seiner kleinen Tasche nicht nur einen Durchsuchungs-, sondern auch einen Haftbefehl bei sich trug. Er hatte nicht die Absicht zu fliehen, aber er wollte sein Haus in der geplanten Ordnung zurücklassen. Die Zukunft mußte geregelt werden. und dazu benötigte er noch zehn Minuten ohne die Aufsicht staatlicher Organe. Es mußte eben alles ein wenig schneller gehen. Wenn er Glück hatte, war das Ergebnis das gleiche.
    Auf dem oberen Treppenabsatz erwartete ihn Werner Kotschik und gab ihm den Schlüssel zum Gästezimmer.
    Jan öffnete die Tür und schloß sie hinter sich wieder ab.

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