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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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bemerkte sie unten an der Herzensach zwei weitere Personen, doch sie waren immer wieder von Büschen verdeckt, so daß sie keinen erkannte. Jetzt tauchte einer allein auf, ging in Richtung Gutshaus. Es war der Verwalter. Sie beobachtete, wie er plötzlich die Richtung nicht mehr einhielt, ein Stück zum Dorf ging, dann wieder zum Gutshaus einschwenkte, schließlich einen Weidenzaun überkletterte und sich für das Dorf entschied. Nein, doch zum Gutshaus zurückging.
    Wo war der andere geblieben? Jetzt sah sie ihn. Er überquerte die Herzensach auf den im Fluß liegenden Steinen. Es war der Student, der so unbeholfen balancierte. Sie lächelte bei dem Gedanken an seinen Sturz ins Wasser. Auf der anderen Seite ging er ein Stück am Waldrand entlang, setzte sich und sah zum Gutshaus hinüber. Sie winkte, aber er bemerkte sie nicht. Jetzt spürte sie, daß sie ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte. Sie hätte ihm sagen sollen, daß sie sich mit Jan verbinden wollte.
    Es war nicht weit bis zum Waldrand, sie konnte hinüberlaufen. Sie ging die Brüstung entlang. Vor dem Stall waren Pferde angebunden. War Jan zurückgekommen, und sie hatte es nicht bemerkt? Ein Stallknecht ging nach vorn. Sie beobachtete ihn. Er verschwand in einem der Landarbeiterhäuser. Ein grauer Wagen bog von der Dorfstraße in die Pappelallee ein, die zum Gutshaus führte. Besuch? Wie spät war es? Sie hatte ihre Armbanduhr im Gästezimmer liegenlassen. Die Kirchenuhr befand sich an der Vorderseite des Turms, war nicht zu sehen. Sie lehnte sich auf die Brüstung und wartete, bis der Wagen vor dem Haus angekommen war. Der Fahrer stieg aus. Er trug eine Uniform. Es war ein Polizist. Er beugte sich zurück in den Wagen, kam mit seiner Mütze wieder hervor und setzte sie auf. War ein Unglück geschehen? Auf der anderen Seite stieg ein Mann ohne Uniform aus. Beide bewegten sich gemächlich. Jetzt stieg noch ein dritter in einem dünnen Trenchcoat aus dem Fond. Er war wesentlich jünger, hatte helles, blondes Haar. Er legte die Hände in den Rücken, streckte sich und sah zum Haus hinauf. Er entdeckte sie und lachte. Katharina zuckte zurück, fühlte sich ertappt. Sie stieg die Treppen hinunter und ging in das Gästezimmer, um ihre Uhr zu holen. Sie lag nicht mehr auf dem Tisch neben dem Bett. Sie suchte das Zimmer ab und fand sie schließlich unter dem Bett. Als sie mit der Uhr wieder hervorkam, hörte sie, wie das Zimmer verschlossen wurde. Sie sprang zur Tür.
    »He, hallo!« Sie schlug gegen das Holz. Niemand antwortete. Die Tür blieb verschlossen. Sie legte das Ohr dagegen. Draußen stand jemand. Sie hörte ihn atmen. Erst jetzt erwachte sie. Alles war falsch.

52
    »Halt an«, sagte Dorothee Wischberg. Sie saß hinter Jan und hatte ihn umschlungen. Der Gutsherr zügelte das Pferd kurz vor der Brücke im Norden von Herzensach. Sie ließ sich vom Pferd gleiten.
    »Wenn ich von hier aus zurückgehe, sieht es aus, als käme ich von einem Spaziergang.« (Ich tue das dir zuliebe!)
    Jan saß ebenfalls ab und küßte sie. (Ich weiß!)
    Sie strich ihm übers Haar.
    »Mach dir keine Sorgen, sie hat nichts gemerkt. Und wenn – du bist doch ein Meister in äußerst glaubwürdigen Erklärungen. Jedenfalls hatte ich nie Zweifel an deinen Entschuldigungen, wenn du einmal zu unseren Verabredungen nicht gekommen bist oder wenn dein Fenster verschlossen war.« Sie lachte spöttisch. »Deine Ausreden waren immer wunderbar – so phantasievoll.«
    Er ging nicht auf sie ein und sah an ihr vorbei. Er dachte an den Anruf seines Berliner Anwaltes in aller Frühe. Er wußte nicht, wie er darauf reagieren sollte. Sie faßte ihn an der Schulter.
    »Was ist? Meinst du, sie hat meine Geschichte gestern abend nicht geglaubt? Ich wollte dir damit nur beweisen, daß ich mindestens über einen ebenso kreativen Geist verfüge.« Sie schmiegte sich an ihn. »Wenn dir also eines Tages mein Körper nicht mehr genügen sollte ...«
    »... soll ich es in Gedanken mit dir treiben?«
    Sie lachten beide.
    »Katharina macht mir die geringsten Probleme«, sagte er. »Abgesehen davon, daß sie hübscher ist, als ich dachte.«
    »Vorsicht.« Sie hob einen Finger.
    »Ich verspreche dir, in Gedanken bei dir zu sein.«
    »Ich glaube, du bekommst Probleme.« Sie stieß ihm den Zeigefinger gegen die Brust.
    »Die habe ich schon.«
    »Was hast du?« Der Spaß war vorbei.
    »Ich glaube nicht, daß ich dich damit belästigen sollte. Die Geschäfte in Berlin ...«
    »Versuch's einfach

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