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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Katharina saß auf dem Bett, wollte etwas sagen, aber er legte den Finger an die Lippen.
    »Entschuldige, aber es ist etwas Gräßliches geschehen, mit dem niemand rechnen konnte.« Er setzte sich zu ihr.
    Er hatte eine phantastische Geschichte im Kopf, entschied sich aber doch für eine Variante, die sich der Wahrheit annäherte. (Er ließ die toten Seeleute aus.) Er gab sich die Schuld am Untergang der Schiffe. (Er ließ die Sprengladung im Bauch des Frachters aus.) Er sprach von mangelnden Sicherheitseinrichtungen und davon, daß er es hätte verhindern müssen. Er machte sich Vorwürfe. Und nun hatte er zu büßen. Die Polizei! Sie hörte ihm stumm zu. (Begriff sie überhaupt, was er sagte?)
    Er sah ihr traurig ins Gesicht. »Verstehst du, ich habe nur noch wenig Zeit, meinen Vertrag mit dir zu erfüllen.« Er war sich seines Sieges über sie sicher. Er spielte Hilflosigkeit. »Verstehst du?«
    Sie stand auf. »Du ... du willst jetzt?«
    »Ich weiß ja ... aber verstehst du nicht, ich fühle mich dir gegenüber verpflichtet.« (Er war großartig.)
    »Nein.« Sie wich zurück.
    »O Katharina, um alles in der Welt, ich werde für lange Zeit in einem kalten, zugigen Gefängnis sitzen und nichts für dich tun können. Diese Vorstellung allein. Ich kann dich nicht ohne Vorsorge zurücklassen. Es wäre gemein. Aber dazu ... Bitte ...«
    Die dumme Gans wich vor ihm zurück.
    »O Katharina! Was sollen wir denn sonst tun? Es muß sein. Ich wollte, es könnte anders ...« Er schluchzte. Begriff sie denn nicht den Ernst der Lage? War sie zu dumm dafür? Das hätte er nicht gedacht.
    »Ich kann doch nicht ...«
    Er sah ihre Angst. Es machte ihm Vergnügen. Gleich würde sie aufgeben.
    »Katharina, es muß sein.« Er ging auf die Knie. Das überzeugte jede Frau. »Bitte.
    »Aber es geht nicht, ich ...«
    Er begann zu weinen. Jetzt würde sie fallen.
    »Du mußt keine Angst haben. Ich werde dir nicht weh tun.« Seine Stimme erstickte fast auf wunderbare Weise.
    »Nein. Nein!« Sie kletterte auf die Fensterbank, hockte sich dicht an die Scheibe.
    Was war das? Er runzelte die Stirn. Sie schien absolut nicht bereit zu sein. Trotz seines Einsatzes. Fassungslos sah er zu ihr hinauf. Sie hatte die Arme um die Beine geschlungen.
    Und mit einem Mal spürte er das Wachsen seiner Wut. Gut, es ging auch anders. Seine Pläne mußten gelingen. Es ging auch anders, ganz anders. Er stand langsam auf, näherte sich ihr mit einem Lächeln. Er konnte auch andere Saiten aufziehen. Blitzschnell griff er in ihr Haar und zog sie zu sich heran. Mit der freien Hand schlug er ihr ins Gesicht. »Es geht auch anders, mein Schatz! Du willst es wohl so!«

53
    An diesem Sonntag staute sich die Wärme so sehr im Herzensacher Tal, daß gegen Mittag bereits Temperaturen wie im Hochsommer herrschten. Der Pfarrer schwitzte. Er trug noch seinen Talar und darunter die dicke Kleidung, wie sie um diese Jahreszeit bei einem Gottesdienst in der kalten Kirche normalerweise notwendig war. Er warte vor dem Haus des Tischlers. Langsam wurde er ungeduldig. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Petra Timber hatte sich nur umziehen wollen, bevor sie gemeinsam zum Gutshaus gingen. Katharina mußte die Wahrheit erfahren.
    Er drückte mehrmals kurz auf die Klingel und sah zu dem offenen Küchenfenster hinauf. Petra Timber beugte sich mit verheultem Gesicht heraus.
    »Pedus – ich kann nicht.« Sie schluchzte und schneuzte sich. »Du mußt es allein machen. Geh zu ihr und sag es ihr. Ich kann es nicht. Wirklich, ich kann es nicht.« Sie schniefte und sah ihn flehend an. Der Pfarrer überlegte, er konnte Katharina die Wahrheit sagen, aber danach wohl kaum besänftigen. Ihre Mutter hatte sich über zwanzig Jahre verleugnet.
    »Nein«, rief er, »wenn du Katharina als Tochter behalten willst, mußt du gehen.«
    »Der Tischler wird mich verstoßen.« Sie heulte auf wie eine Sirene.
    »Aber du gewinnst eine Tochter!« (Die ist mehr wert als der Tischler.) Er senkte die Stimme. »Und ein halbes Gutshaus dazu.« Vielleicht zeigte der Reiz des Kapitals Wirkung.
    Der Heulton erstarb. Sie zog den Kopf zurück, und kurz darauf erschien sie vor dem Haus. Sie hatte sich gefaßt, trug ihr dunkelblaues Festtagskleid und lächelte verbissen. »Ich gehe allein.« Sie ließ ihn stehen und überquerte die Dorfstraße. Das Kleid lag unschlüssig auf ihren Hüften. (Früher ...)
    »Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Es ist deine einzige Chance«, rief er ihr nach. Sie antwortete

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