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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Mauer und blickte den Hügel hinauf, der das Tal im Osten begrenzte. Dort, fast auf der Kuppe, stand der Fremdkörper, das weiße, flache Gebäude. Es paßte nicht zu den Fachwerkhäusern des Dorfes.
    »Wem gehört das Haus da oben?« fragte er den Hund. Doch Trivial sah in eine ganz andere Richtung.
    Zwar hatte die Maschine des Pastors Jakob Finns Neugier geweckt, doch wollte er diesen Rudolf Pedus nicht besuchen, ohne sich zuvor einen Überblick über das Dorf verschafft zu haben. Die kleine Gemeinde mußte über erhebliche Gelder verfügen, denn eine der beiden Straßen hatte einen rötlichen Asphaltbelag, dessen Farbe auf die der Fassaden der Fachwerkhäuser abgestimmt zu sein schien; es gab mit roten Ziegelsteinen gepflasterte Fußwege, deren Muster in Abständen ein Herz formten, und neue gußeiserne Straßenlaternen, die alten Gasleuchten nachempfunden waren. Entweder waren dies Spuren des Wettbewerbes um das schönste Dorf, oder im Hochsommer wünschte und bezahlte ein ausgeprägter Tourismus die Sehnsucht nach heiler alter Welt. Aber das Dorf wirkte leer, fast unbewohnt. Vielleicht waren auch der fruchtbare Boden rund um Herzensach und das günstige Klima Grundstein für den Reichtum der Bauern. Manchmal hatte die Finanzkraft einer Gemeinde ihren Ursprung auch in einem anliegenden Industriegebiet, doch dann hätte es im Dorf Hinweisschilder darauf geben müssen. Jakob ging in die Richtung des weißen Gebäudes auf dem Hügel. Zwischen zwei Fachwerkhäusern bekam er wieder einen Blick darauf und blieb erstaunt stehen. Das Haus besaß einen vorgebauten Säulengang, der an die Athener Akropolis erinnerte. Der flache weiße Bau hätte ein Mausoleum sein können, wenn er nicht über so viele, fast wandhohe Fenster verfügt hätte. Ein seltsamer, strahlender, glitzernder Fremdkörper, ein auf einer Wiese gelandetes Raumschiff über einem Dorf von mittelalterlichem Charme.
    Er wartete einen Augenblick, aber es hob nicht ab, um im Zickzack in der Tiefe des blauen Himmels zu verschwinden. Es verharrte demonstrativ auf dem herausragenden Platz. Der Student blieb im nächsten Einschnitt zwischen zwei strohgedeckten Katen stehen. Hier begann die im leichten Rund zum Gebäude führende Auffahrt. Kein Tor, kein Schild gab einen Hinweis auf die Funktion des Bungalows oder seiner Bewohner. (Doch ein Mausoleum und alle tot!)
    Das Haus war ihm, als er mit dem Förster auf der anderen Seite des Tales auf dem Berg gestanden hatte, nicht gar so häßlich und absurd erschienen. Jakob Finn überlegte, ob er die Auffahrt hinaufgehen sollte. Der asphaltierte Weg machte den Eindruck einer öffentlichen Straße. Vielleicht war es ein öffentliches Gebäude? Das Rathaus eines mit Gewalt zur Postmoderne entschlossenen Bürgermeisters? Diese Überlegung zügelte seine Neugier und führte ihn zu einem der beiden Häuser neben der Auffahrt. Die Kate erlaubte den Blick in die unmöblierten vorderen Räume. Landschaftsgemälde hingen an den weißen Wänden, zweifellos Motive aus der Umgebung Herzensachs. Die Vermutung, es handle sich um eine Galerie, bestätigte sich an der Eingangstür: Kunsthandel S. Weber. Diese Bilder waren nicht von der Art, wie sie Touristen gern als Andenken kauften. Er wunderte sich: Eine solche Galerie hätte er eher in einer Großstadt erwartet. Herzensach schien mehr Geheimnisse zu besitzen, als er ahnte.
    Der Hund war ihm gefolgt, stehengeblieben, wenn auch er stehenblieb. Jetzt lief er ein Stück voraus, sah sich um, als wollte er ihn führen (und die gemeine Ansicht von hoher Intelligenz unter Beweis stellen). Die Seitenstraße bog auf die Dorfstraße zurück. Der Hund kreuzte sie achtlos. (Also doch dumm!) Unmittelbar gegenüber zweigte eine Pappelallee ab, die Auffahrt zu dem prächtigen Gutshaus. Es erschien ihm wie eine Mischung aus Burg und Lustschloß. Der weiße Mittelbau war von ganz anderem Stil als die beiden stämmigen Seitenflügel. Sie wirkten, als hätten sie das Gebäude in ihrer Mitte zu stützen.
    Der Hund hatte sich an das offene Eingangsgitter gelehnt und beobachtete ihn. Jakob fragte sich, ob das hohe schmiedeeiserne Tor zu Beginn der Allee von einer Person geschlossen werden konnte. Doch es gab keine Spuren, daß es überhaupt bewegt wurde. Er betrachtete das verschnörkelte Gitterwerk. Der Hund gab ein Knurren von sich, als wollte er ihn aufhalten. Die eisernen Ranken des linken Flügels umschlossen ein V, die des rechten ein G.
    Die gesamte Anlage von Gutshaus und Nebengebäuden

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