Herzensbrecher: Roman (German Edition)
schon sein Leben lang von Unsicherheit geplagt wird. Er nimmt sich, was er bekommen kann, bevor es ihm jemand wegschnappt. Er führt ständig einen Kampf, getrieben von Verlustängsten, die sich am Ende doch immer als berechtigt erweisen, als eine Art selbsterfüllende Prophezeiung.«
»Er muss sehr bedauern, Sie verloren zu haben«, sagte Dr. West vorsichtig.
»Nicht unbedingt. Wir sind gute Freunde geblieben. Wir sehen uns, wenn er in der Stadt ist. Ich bin jetzt auf andere Weise ein Teil seines Lebens, als Freundin und Mutter seiner Kinder. Er weiß, dass er auf mich zählen kann. Jetzt hat er jüngere Freundinnen und seinen Spaß dabei. Ich war immer ein bisschen zu ernsthaft für ihn.«
Dr. West nickte. Eben diese Ernsthaftigkeit gefiel ihm an Maxine. Für ihn war sie perfekt, so wie sie war. Die Art Beziehung, die sie zu Blake hatte, fand er sonderbar. Er selbst sprach so gut wie nie mit seiner Ex-Frau. Da sie keine Kinder hatten, die sie miteinander verbanden, war bis auf ein gewisses Maß an Feindseligkeiten nach der Scheidung nichts übrig geblieben. Es war beinahe so, als wären sie nie miteinander verheiratet gewesen.
»Wenn man gemeinsame Kinder hat«, sagte Maxine leise, »ist man bis in alle Ewigkeit miteinander verbunden. Davon abgesehen würde ich ihn aber auch vermissen. So wie es jetzt läuft, ist es für uns beide völlig in Ordnung und auch für die Kinder. Für die drei wäre es traurig, wenn ihre Eltern sich hassen würden.« Vielleicht, dachte Dr. West, während er ihr zuhörte. Aber für die nächste Frau oder den nächsten Mann im Leben der beiden wäre es einfacher. In Blakes Fußstapfen zu treten wäre für jedermann eine Herausforderung, und auch eine andere Frau in Blakes Leben hätte es nicht leicht.
Maxine war viel zu bescheiden. Sie hatte nichts Arrogantes oder Großspuriges an sich, und das mochte er an ihr. Er selbst schlug eher ins Gegenteil. Charles West hatte eine hohe Meinung von sich und war nicht schüchtern, was seine Erfolge betraf. Deshalb hatte er in Bezug auf den Wexler-Jungen auch nicht gezögert, Maxine seine Meinung zu sagen, und erst nachgegeben, als er erkannte, dass sie eine Kapazität auf ihrem Gebiet war. Dann hatte er sich eingestanden, dass sie es besser wissen musste als er. Charles gab nicht gern zu, dass er sich geirrt hatte, aber in dem Fall war ihm nichts anderes übriggeblieben. Maxine war eine Autorität, und sie hatte ihren Einfluss nur geltend gemacht, weil das Leben eines Patienten auf dem Spiel gestanden hatte, nicht etwa um ihr Ego zu befriedigen. Auf vielfache Weise schien sie ihm die perfekte Frau zu sein, und er war nie zuvor jemandem wie ihr begegnet.
»Was sagen Ihre Kinder zu unserer Verabredung?«, fragte er, nachdem sie das Essen beendet hatten. Dr. West interessierte natürlich, was sie über ihn gesagt hatten, aber das wagte er nicht zu fragen. Sein Erscheinen am Dienstag hatte die Kinder immerhin unvorbereitet getroffen. Völlig überraschend war er auf der Bildfläche aufgetaucht – doch was dann folgte, war für ihn eine Überraschung gewesen. Er hatte am nächsten Tag einem Freund davon erzählt, der sich vor Lachen gekugelt hatte. »Und das dir!«, hatte er gesagt. Es gehörte nämlich zu Dr. Wests Prinzipien, nicht mit Frauen auszugehen, die Kinder hatten. Er fand es schwierig, Zeit mit Müttern zu verbringen, weil sie sehr eingespannt waren. Dabei waren bei den meisten Frauen die Kinder die Hälfte der Zeit beim Vater. Maxine hatte niemanden, der sie entlastete, abgesehen von einer Kinderfrau. Aber die war auch nur ein Mensch und hatte ihre eigenen Probleme. Maxine hatte viel zu tragen, und mit ihr zusammen zu sein wäre eine große Herausforderung.
»Sie waren ziemlich überrascht«, gestand sie ihm. »Ich war schon lange nicht mehr verabredet. An die Freundinnen ihres Vaters sind sie gewöhnt, aber sie denken nicht im Traum daran, dass ich irgendwann wieder eine Beziehung haben könnte.« Sie hatte sich ja noch nicht einmal selbst an die Vorstellung gewöhnt. Die Männer, mit denen sie bisher ausgegangen war, hatten sich als so aussichtslose Kandidaten entpuppt, dass Maxine den Gedanken daran schließlich ad acta gelegt hatte. Die Kollegen, die sie kennenlernte, waren meistens großspurig oder sie hatte nichts mit ihnen gemeinsam. Außerdem fanden die meisten ihr Leben zwischen Praxis und Kindern zu anstrengend. Männer wollten keine Frau, die wegen eines Notfalls morgens um vier in eine Klinik gerufen wurde. Auch
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