Herzensbrecher: Roman (German Edition)
er soeben einem Bungee-Sprung vom Empire State Building zugestimmt. Für seine Verhältnisse war dieser Vergleich nicht einmal abwegig. Maxine wusste zu schätzen, dass er sich bemühte. Sie hörte am Klang seiner Stimme, dass er sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlte.
»Bis morgen dann«, sagte sie und bemerkte erst jetzt, dass Daphne im Zimmer stand und sie wütend anstarrte.
»Du hast ihn für morgen zum Abendessen eingeladen?«, fragte sie, sobald ihre Mutter aufgelegt hatte.
»Ja, da hast du wohl recht«, entgegnete Maxine. Sie hatte nicht vor, erst um Erlaubnis zu fragen. Die Kinder brachten ständig Freunde mit, die Maxine mit offenen Armen empfing. Sie selbst hatte auch das Recht, Freunde einzuladen, obwohl sie nur selten davon Gebrauch machte.
»Dann werde ich nicht mitessen«, fauchte Daphne.
»Doch, das wirst du«, erwiderte Maxine ruhig und erinnerte ihre Tochter daran, dass ihre Freundinnen immer willkommen waren. »Ich weiß nicht, warum du so ein Theater veranstaltest, Daphne. Charles ist sehr nett. Ich werde nicht mit ihm durchbrennen. Mit den Freundinnen deines Vaters kommst du doch auch zurecht.«
»Du bist mit ihm zusammen?« Daphne riss entsetzt die Augen auf.
Maxine schüttelte den Kopf. »Nein, bin ich nicht. Aber es wäre doch kein Skandal, wenn ich es wäre. Dass ich seit Jahren keine Verabredung hatte, ist viel ungewöhnlicher. Du brauchst keine große Sache daraus zu machen.« Aber offenbar war es für Daphne eine große Sache. Sie fühlte sich anscheinend bedroht von Charles und der Vorstellung, dass ihre Mutter wieder eine Beziehung einging. »Ich bitte dich, Daphne, betrachte es als das, was es ist. Ein Freund kommt zum Abendessen. Wenn eines Tages mehr daraus werden sollte, sage ich es dir rechtzeitig. Aber noch ist es nicht so weit. Okay?« Während sie das sagte, dachte sie an den Kuss am Morgen. Es war mehr als nur ein Abendessen. Daphne antwortete nicht und verließ das Zimmer.
Als Charles am nächsten Abend eintraf, war Daphne in ihrem Zimmer, und Maxine musste betteln, flehen und schließlich drohen, um sie dazu zu bewegen, in die Küche zu kommen. Daphnes Körpersprache ließ keinen Zweifel daran, dass sie den Bitten und Drohungen nur unter Protest nachkam. Sie ignorierte Charles und warf ihrer Mutter wütende Blicke zu. Um sieben wurde das chinesische Essen geliefert, doch sie weigerte sich, auch nur einen Bissen davon zu nehmen. Sam und Jack jedoch bügelten das Verhalten ihrer Schwester mehr als aus und benahmen sich vorbildlich. Charles gratulierte Jack zum Sieg vom Vortag und fragte ihn nach Einzelheiten des Spiels.
Anschließend unterhielt er sich angeregt mit Sam. Daphne sah ihre Brüder an wie Verräter und verschwand nach zwanzig Minuten in ihrem Zimmer. Während Maxine die Küche aufräumte, sprach Charles sie auf die Situation an. Er hatte sich tadellos verhalten. Es kostete ihn offensichtlich Mühe, sich mit Kindern zu unterhalten, aber er versuchte es zumindest.
»Daphne hasst mich«, stellte er fest und wirkte betroffen. Auf dem Tisch lag noch ein Glückskeks. Er aß ihn.
»Nein, sie kennt dich nur nicht. Sie hat Angst. Ich habe mich so gut wie nie verabredet und niemals jemanden zum Essen mit nach Hause gebracht. Sie weiß einfach nicht, was das zu bedeuten hat.«
»Hat sie dir das gesagt?«, fragte er gespannt.
Maxine lachte. »Nein, aber ich bin Mutter und Therapeutin für Jugendliche. Daphne fühlt sich bedroht.«
»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte er besorgt.
»Nein, du hast dich toll verhalten.« Maxine lächelte ihn an. »Sie will dich ablehnen. Ich persönlich finde Mädchen im Teenageralter schrecklich«, fuhr sie unbekümmert fort, und dieses Mal lachte Charles. Schließlich verdiente sie damit ihren Lebensunterhalt. »Fünfzehn ist noch schlimmer. Mit dreizehn geht es erst los. Die Hormone und all das. Man sollte sie einschließen, bis sie sechzehn oder siebzehn sind.«
»Ein vernichtendes Urteil von einer Frau, die einen solchen Beruf ausübt.«
»Ganz und gar nicht. Aber ich weiß, wovon ich rede. In dem Alter peinigen alle ihre Mütter. Die Väter dagegen sind ihre Helden.«
»Ist mir nicht entgangen«, antwortete er verdrießlich und erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Daphne. »Und wie mache ich mich bei den Jungs?«
»Großartig.« Sie strahlte ihn an. »Dafür danke ich dir. Ich weiß, dass es nicht dein Ding ist.«
»Nein, aber du bist es schon«, antwortete er zärtlich. »Ich tue es für dich.«
»Ich
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