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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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den Reißverschluss an ihrem Rücken, zupfte das Kleid zurecht, schob ihre Brüste in Position und steckte anschließend den Stoff mit Sicherheitsnadeln an der Hüfte noch etwas enger. Es folgten Strumpfhose, Stiefeletten, Ohrringe und eine Halskette, bevor er sich minutenlang an ihren Haaren zu schaffen machte. Anschließend begann er ihr mit Abschminkpads das verschmierte Make-up aus dem Gesicht zu wischen.
    Er hielt sich unangenehm lange damit auf, trotzdem war sie nicht erleichtert, als er endlich fertig war.
    Ihre Verwandlung war abgeschlossen. Sie hatte nicht mehr lange zu leben. Es war ein rationaler Gedanke, der ihr in diesem Moment keine Angst mehr machte. Ihr Körper hatte nicht einmal mehr die Kraft, in ausreichenden Mengen Adrenalin zu produzieren.
    Er legte ihr die Fesseln nicht wieder an. Sie konnte sich ohnehin nicht mehr wehren. Mühelos hob er sie hoch, legte sie sich über die rechte Schulter und kletterte mit ihr aus dem Transporter. Ihr wurde übel und schwindelig, weil sie kopfüber hing und die körperliche Nähe zu ihm unerträglich fand.
    Ihr Blickfeld war verschwommen, weshalb sie erst erkannte, wo sie sich befanden, als er sie im Schnee absetzte und wie eine Puppe an kaltes Gestein lehnte. Selina blinzelte in das gleißende Licht mehrerer Lampen.
    Sie waren auf einem Friedhof. Imposante Grabsteine und verwitterte Skulpturen ragten aus dem Schnee, dazwischen standen einige verfallene Mausoleen. Es war nicht irgendein Friedhof. Es war der Waldfriedhof, auf dem sie schon viele Stunden verbracht hatte. Dieser Ort hatte ihr als Quelle der Inspiration und der Ruhe gedient.
    Irgendwie war es passend, dass sie hier sterben sollte.
    Sie selbst hatte ihrem Mörder von diesem Friedhof erzählt, als er vor vier oder fünf Monaten zum ersten Mal auf einer Veranstaltung ihres Bruders aufgetaucht war und sie mit schmeichelhaftem Interesse über ihre Bilder und Skulpturen ausgefragt hatte. Wenn sie damals doch nur geahnt hätte, wohin sie diese Begegnung führen würde …
    Jetzt fummelte er hinten an ihrem Kleid herum. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was er tat. Er hantierte mit irgendetwas Großem, dann spürte sie starke Gewichte, die sie in Höhe ihrer Schulterblätter nach hinten zogen. Es kostete sie unglaublich viel Kraft, doch sie schaffte es, ihren Kopf ein klein wenig zu drehen. Sie sah dunkle Schatten, die direkt aus ihrem Rücken zu wachsen schienen, trotzdem dauerte es eine Weile, bis sie begriff. Er hatte riesige schwarze Schwingen an der Rückseite des Kleides befestigt.
    Sie würde ein Engel sein. Wenn sie in der Lage dazu gewesen wäre, hätte sie über diesen makabren Einfall vermutlich sogar gelacht.
    Er ging vorsichtig um sie herum. Offenbar war ihm daran gelegen, den Schnee nicht zu zertrampeln, der als flauschige Decke um sie herum ausgebreitet lag. Er murmelte irgendetwas vor sich hin. Dann packte er sie und zerrte sie in eine andere Haltung. Ihre Muskeln waren schwer, jeder Versuch, sich selbst zu bewegen, scheiterte an der tonnenschweren Last, die in ihren Körper gekrochen war und von den Flügeln an ihrem Rücken noch verstärkt wurde.
    Er bettete ihren Kopf an das kalte Gestein und legte ihren rechten Arm auf den oberen Rand des Grabmals. Ihre linke Hand ließ er über ihren Oberschenkel gleiten, bis sie über den Rock des Kleides hinausragte und mit dem Handrücken im Schnee zum Liegen kam. Mehrmals richtete er sich auf, begutachtete sein Werk und griff korrigierend ein.
    Dann stellte er sich breitbeinig über sie, mit den Füßen auf den aus dem Schnee ragenden Steinbegrenzungen der Gräber balancierend, und ging anschließend vor ihr in die Hocke. Seine Rechte legte sich zwischen ihre Brüste, während er sie mit der Linken an der Schulter abstützte. Er übte Druck auf ihren Brustkorb aus und schien dabei zu testen, wie er sie am besten zusätzlich abstützen konnte, damit ihre sorgfältig arrangierte Haltung bestehen blieb.
    Endlich schien er zufrieden zu sein. Er verließ die von ihm geschaffene Bühne und ging zu einem silbernen Koffer, den er neben einer Studiolampe abgestellt hatte. Er befand sich am äußersten linken Rand ihres Blickfeldes, trotzdem konnte sie verfolgen, wie er zwei Glasbehälter und ein Skalpell herausnahm.
    So viel also dazu, dass er sie nicht foltern würde.
    Selina wollte schreien, doch sie konnte ihren Mund nicht mehr öffnen.
    Mit dem Skalpell in der Hand kehrte er zu ihr zurück und hockte sich erneut über sie. Vorsichtig nahm er ihren

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