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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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eingezeichnet war. Als Drach die Uferböschung hinunterrannte und direkt auf den zugefrorenen See lief, folgte sie ihm, ohne lange nachzudenken.
    Auf der zugeschneiten Oberfläche rutschte sie aus, geriet ins Straucheln und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Ebenso wie Drach. Er kam nicht mehr so schnell voran, trotzdem gelang es Jennifer nicht, zu ihm aufzuschließen. Fast gleichzeitig entdeckten sie die Methode, sich mehr gleitend als laufend über das Eis zu bewegen.
    Die Sirenen waren inzwischen ganz nah, Scheinwerferlicht leuchtete zwischen den Bäumen auf, dann hörte Jennifer das Aufheulen eines Motors und das Quietschen von Bremsen. Sekunden später brachen am westlichen Ufer mehrere Beamte durchs Unterholz und postierten sich auf der Böschung des Sees.
    Drach unternahm einen letzten Fluchtversuch, indem er sich nach Osten orientierte, doch auch dort erschienen Polizisten. Innerhalb von wenigen Augenblicken war der See umstellt, das Licht zahlreicher Taschenlampen erhellte die Eisfläche. Das Geräusch von Waffen, die entsichert wurden, ertönte, und Drach blieb augenblicklich stehen.
    Jennifer schloss schlitternd zu ihm auf, ihre Pistole auf ihn gerichtet. Sie war nicht weniger außer Atem als er, trotzdem schrie sie ihn an. »Ich will Ihre Hände sehen!«
    Er breitete die Arme zu beiden Seiten seines Körpers aus, während er sich langsam zu ihr umdrehte. Das Skalpell war verschwunden.
    »Hinknien! Hände auf den Rücken!« Er reagierte nicht. »Machen Sie schon!«
    Ein gefühlloses Lächeln verzog seine Mundwinkel. »Ich denke nicht daran.«
    Jennifer war für den Bruchteil einer Sekunde zu überrascht, um zu begreifen. Dann begann sie sich zu wundern, warum sie noch immer alleine mit ihm hier mitten auf dem See stand. Wo zum Teufel blieb die Verstärkung? Sie ließ ihren Blick kurz zur Uferböschung wandern, wo die Polizisten noch immer regungslos standen. Keiner von ihnen bewegte sich in Richtung See.
    Erst jetzt bemerkte Jennifer die grellgelben Schilder am Ufer. Sie musste sie nicht lesen, um zu wissen, dass sie davor warnten, die Eisfläche zu betreten. Das Eis war nicht dick genug, um Menschen sicher zu tragen.
    Und sie beide standen mitten drauf. Mindestens zwanzig Meter trennten sie in jede Richtung vom Ufer.
    Bis auf entferntes Funkrauschen war es still geworden, die Sirenen waren verstummt. Das leise Knacken unter ihren Füßen war dafür plötzlich umso deutlicher zu hören.
    Jennifer sah den leblosen Ausdruck in Jürgen Drachs Augen, der in krassem Gegensatz zu seinem Lächeln stand. Er wusste Bescheid. Ihn schien die Situation allerdings nicht zu beunruhigen. »Tun Sie, was ich sage. Drehen Sie sich langsam um, Hände auf den Rücken. Ich werde Ihnen Handschellen anlegen, und dann gehen wir gemeinsam rüber zum Ufer. Machen Sie keinen Mist. Die Kollegen erschießen Sie, wenn Sie auf dumme Gedanken kommen.«
    Ein Geräusch entrang sich seiner Kehle, das nur entfernt an ein Lachen erinnerte. »Ich soll es Ihnen also einfach machen. Und dann? Was wird danach geschehen? Sie verhören mich, stecken mich in eine Gefängniszelle, klagen mich an, verurteilen mich … Und dann verbringe ich den Rest meines Lebens auf acht Quadratmetern?« Er schüttelte den Kopf. »Hört sich nicht sehr verlockend an. Das wäre schlimmer als der Tod. Vielleicht sollte ich einer Kugel im Kopf den Vorzug geben.«
    Es war ihm ernst. Todernst. Er überdachte seine Optionen erschreckend nüchtern. Drohungen würden ihn nirgendwohin bewegen. Sie musste ihre Strategie ändern. »Wir wissen von Mertens. Wir wissen, was Ihnen angetan wurde. Uns ist durchaus bewusst, dass Sie Gründe für Ihre Taten hatten.«
    In seinem Gesicht zuckte kein einziger Muskel. »Sie haben keine Ahnung. Sie begreifen nichts.«
    »Sie sind überzeugt davon, nicht fühlen zu können, und versuchen, Ihre Emotionen zurückzuerlangen. Doch Ihre Taten sind vollkommen sinnlos und werden Ihnen nicht helfen. Anderen Menschen die Herzen herauszureißen wird Sie niemals dazu befähigen, irgendein Gefühl zu empfinden. Und selbst wenn es möglich wäre … Die Menschen, die sie umbringen, sterben in einem Zustand von Angst und Panik. Alles, was sie erlangen könnten, wären diese beiden Empfindungen, sonst nichts.«
    »Ich habe keine Angst«, sagte er. »Im Gegensatz zu Ihnen. Sie haben gerade eine Scheißangst.«
    Darüber wollte sie lieber nicht nachdenken. »Meinen Sie? Dies hier ist wirklich nicht der beste Platz, um das auszudiskutieren.«
    Er

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