Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
nicht anders reagiert.
Beiden Frauen fiel nichts weiter auf, und Jennifer sammelte die Fotografien wieder ein. »Allgemeiner gefragt: Ist Ihnen in der letzten Zeit irgendetwas merkwürdig vorgekommen? Hatten Sie eigenartige Kunden? Irgendeine Art auffälligen Besuchs? Anrufe, die Ihnen seltsam vorkamen? Jemand, der komische Fragen gestellt hat?«
Doris Kilian schüttelte fast augenblicklich den Kopf. »Warum fragen Sie das?«
»Wir haben Einbruchsspuren an der Hintertür gefunden. An der Vordertür haben Sie einen Aufkleber mit dem Hinweis, dass eine Alarmanlage installiert ist. Es gibt aber gar keine.« Das war ein Trick, den nicht nur Geschäfte, sondern auch Privatpersonen gerne anwandten, wenn sie sich die Technik nicht leisten konnten oder wollten. Zumindest Gelegenheitsverbrecher schreckte ein solcher Aufkleber meistens ab. »Die Frage, die sich uns stellt, ist, ob der Täter wusste, dass es keine Sicherheitsmaßnamen gibt, und wenn ja, wie er davon erfahren hat? Kurz gesagt, könnte es sein, dass er Vorarbeit geleistet und Ihre Räumlichkeiten ausgespäht hat?«
Der Eindringling hatte im Geschäft von Doris Kilian Zeit gebraucht, und er hatte eine Leiche transportiert. Niemand, der auch nur über den geringsten Hauch von Verstand verfügte, hätte die Tür aufgebrochen, ohne sicher zu sein, dass er damit keinen Alarm auslöste. Wenn der Täter Ahnung von derartigen Anlagen hatte, hätte ein vorgetäuschter Termin in der Agentur ausgereicht. Falls er nicht ohnehin zu dem äußerst kleinen Personenkreis gehörte, der über die Ausstattung der Geschäftsräume Bescheid wusste.
»Mir fällt nichts und niemand ein.« Doris Kilian zuckte mit den Schultern. »Ab und zu kommt mal eine verirrte Seele vorbei, die fälschlicherweise annimmt, dass wir Hochzeiten vermitteln, also als Kuppler auftreten. Keiner von denen war aber je lange genug in meinem Geschäft, um es ausspionieren zu können.«
Jennifer fragte sich, ob die Angestellte sich jemals allein in den Räumen der Agentur aufhielt. Sie sah Nuran Sahin an, die schüttelte aber sofort den Kopf.
Resigniert warf Jennifer Oliver Grohmann einen Seitenblick zu. Mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln gab er ihr zu verstehen, dass er keine Fragen mehr hatte. »In Ordnung«, murmelte sie und reichte den beiden Frauen jeweils eine Visitenkarte, wobei sie Nuran Sahin fixierte. »Falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, das auch nur im Entferntesten mit dieser Sache zu tun haben könnte, rufen Sie mich bitte an.«
Doris Kilian nahm die Karte, steckte sie in ihre Handtasche und beugte sich vor. »Ich möchte keinesfalls pietätlos erscheinen, aber wann kann ich mein Geschäft wieder betreten? Und wer macht dort sauber?«
»Wir rufen Sie an, sobald der Fundort freigegeben ist. Frau Olsson kann Ihnen die Adresse eines Unternehmens geben, das auf derartige Reinigungen spezialisiert ist.« Auch wenn ihr Geschäft lediglich der äußerst saubere Fundort und keineswegs ein blutiger Tatort war, konnte Jennifer verstehen, wenn Doris Kilian sich lieber Profis ins Haus holen wollte. Erfahrungsgemäß würde sie ein ungutes Gefühl trotzdem nie mehr loswerden, zumindest nicht in diesen Räumen. »Wir möchten Sie noch bitten, die erste Begehung gemeinsam mit einem Beamten durchzuführen und nochmals vor Ort alles durchzusehen, um auszuschließen, dass irgendetwas Wichtiges fehlt.«
Doris Kilian seufzte. »Wenn Ihnen das weiterhilft.«
Jennifer lächelte. »Wären Sie auch so freundlich, uns alle Unterlagen in Bezug auf die Schröders zu überlassen?«
»Ich kann Ihnen Kopien geben.«
Jennifer bedankte sich für ihr Entgegenkommen. »Es wäre toll, wenn Sie den Beamten die Papiere direkt heute Nachmittag mitgeben könnten.«
Doris Kilian brummelte etwas, das wie eine Zustimmung klang, und stand auf.
Oliver wollte bereits die Tür öffnen, als der Agenturinhaberin doch noch etwas einfiel.
»Darf ich Ihnen einen Rat geben?« Ohne auf eine Antwort zu warten, fügte sie hinzu: »An Ihrer Stelle würde ich mich an den Ehemann von Frau Schröder halten, und das sage ich nicht aus Rache oder so.«
Die Ermittler runzelten beide die Stirn. »Wieso gerade an den Ehemann?«, fragte Oliver.
Doris Kilian lächelte. »Eines habe ich in den vielen Jahren als Hochzeitsplanerin gelernt: Je pompöser und öffentlicher eine Hochzeit begangen wird, desto kaputter ist zu diesem Zeitpunkt bereits die Beziehung. Und eine pompösere Hochzeit als die der Schröders habe ich in dieser
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