Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Satz bewusst offen.
»Wir haben letztes Jahr jeden Hochzeitsplaner im Umkreis von fünfzig Kilometern um ein Angebot gebeten und haben uns entschieden. Es ist mir bekannt, dass Frau Kilian ein Problem damit hatte. Aber mit dem Tod meiner Frau hat das sicher nichts zu tun.«
Die Ermittler waren derselben Meinung. Vermutlich hatte der Täter die Entscheidung, sein Opfer in der Agentur von Doris Kilian auszustellen, auf rein logistische Überlegungen gestützt.
»Wir haben bei Ihrer Frau keine weitere Kleidung oder Schuhe gefunden. Auch keine Handtasche«, wechselte Jennifer das Thema. »Können Sie sich erinnern, was Ihre Frau gestern Morgen getragen hat?«
Diese Frage entlockte Sascha Schröder ein Lachen mit hysterischem Beiklang. »Als ich sie gestern Morgen gesehen habe, trug sie nicht mehr als ein Negligé. Kleidung, Handtasche, Schuhe? Woher soll ich das wissen? Ihr Kleiderschrank ist größer als dieser Raum hier.«
Jennifer warf Oliver Grohmann einen Blick zu. Im Moment hatte sie keine weiteren Fragen mehr. Der Staatsanwalt bestätigte ihr mit einem Nicken, dass es auch von seiner Seite im Augenblick nichts hinzuzufügen gab.
»Wir werden alles tun, um denjenigen zu finden, der Ihrer Frau das angetan hat, Herr Schröder«, versicherte die Kommissarin noch einmal. »Dazu ist es notwendig, dass wir den Tagesablauf Ihrer Frau möglichst genau rekonstruieren können und solche Dinge wie ihr Auto, ihre Kleidung oder ihr Handy finden. Wir bräuchten dafür Zugang zu Ihrem Haus und Zugriff auf die Unterlagen Ihrer Frau, die Daten ihres Mobiltelefons und Festnetzanschlusses, ihren Computer sowie die Aufzeichnungen möglicherweise vorhandener Sicherheitskameras in Ihrem Haus. All das hilft uns, ihren Weg zu verfolgen und mögliche Hinweise auf den Täter zu finden.«
Sascha Schröder nickte. »Sie bekommen, was immer Sie wollen.«
»Danke, das hilft uns sehr. Wir werden umgehend ein Team zu Ihrem Haus schicken, um alles Notwendige zu sichern.« Sascha Schröder zeigte auf diese Ankündigung keine nennenswerte Reaktion. »Wir würden Sie daher bitten, zuallererst nach Hause zu fahren und unseren Kollegen den Zutritt zu ermöglichen.«
Seine Antwort war nur noch ein stoisches Nicken.
Zum zweiten Mal an diesem Tag schob Jennifer ihre Visitenkarte über den Tisch. »Wir werden mit Ihnen in Kontakt bleiben. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, ganz gleich, wie unbedeutend es Ihnen auch erscheinen mag, rufen Sie mich an. Egal, wann.«
Er starrte durch die Visitenkarte hindurch auf die Tischplatte.
»Wir werden einen Kollegen rufen, der Sie nach Hause bringt.«
Sascha Schröder sah Jennifer an, doch sein Blick war vollkommen leer. »Wieso … Wieso nur …« Er stand auf, seine Beine und Hände zitterten.
Sie sahen seinen Zusammenbruch kommen. Obwohl er sofort aufsprang, bekam Grohmann ihn nicht mehr zu fassen. Sascha Schröder sackte ohnmächtig zusammen und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden.
5
»Wieso ausgerechnet das Herz?«, murmelte Oliver und starrte nach draußen, während sie sich die Hauptstraße entlangquälten. Nicht weit vor ihnen fuhr die Müllabfuhr und behinderte nachhaltig den Verkehr. »Was will er damit? Es behalten?«
Jennifer musste zuerst einen Bissen des Brötchens hinunterschlucken, das sie in der Kantine der Echtermann-Kliniken gekauft hatte, bevor sie antworten konnte. »Ich denke, es ist eine Art von Inbesitznahme. Eine Leiche lässt sich schlecht aufbewahren, ein einzelnes Organ schon. Noch dazu das Organ, das symbolisch für die Liebe steht.«
Oliver warf Jennifer einen Seitenblick zu, als sie das letzte Stück Brötchen verschlang. Zwar hatte auch er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, doch direkt nach einer Sektion bereitete ihm allein der Gedanke ans Essen Übelkeit. Jetzt konnte sich sein Magen allerdings nicht entscheiden, ob er wegen des Anblicks oder vor Hunger rebellierte.
Der Beginn der Obduktion hatte sich noch etwas verzögert. Es hatte einige Minuten gedauert, bis die hinzugerufenen Ärzte Sascha Schröder so weit stabilisiert hatten, dass er in ein Krankenzimmer gebracht werden konnte. Inzwischen hatte er sich glücklicherweise so weit erholt, dass ein Kollege der Schutzpolizei ihn nach Hause begleiten konnte.
Jennifer und Grohmann waren gespannt, ob sie in den Unterlagen und Daten, die die Beamten derzeit sicherten, etwas Brauchbares finden würden. Die Obduktion hatte leider keinerlei neue oder überraschende Ergebnisse erbracht.
Larissa
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