Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Umfeld? Verwandte, Freunde, Kollegen. Wann ist er zuletzt lebend gesehen worden, wie sahen seine Pläne aus, woran arbeitete er zuletzt? Was wissen wir über den Fundort und denjenigen, der die Leiche entdeckt hat? Was haben die Hanauer Kollegen uns schon an Daten geliefert? Was fehlt noch?«
Der Staatsanwalt hätte jedem von ihnen bestimmte Aufgaben zuweisen können, doch er würde es ihnen überlassen, die anstehende Arbeit unter sich aufzuteilen.
»Jemand fährt noch heute zu Sascha Schröder, Melanie Schmidt und den Eltern von Larissa. Ich will wissen, ob einer von ihnen Cedric Mattes kennt oder ob es irgendeine Verbindung zwischen den beiden Opfern gibt. Holt Morpheus aus dem Wochenende, er soll Larissas Daten ebenfalls darauf hin überprüfen. Jarik Fröhlich und seine Truppe sollen sich bereithalten. Wir nehmen die Wohnung von Cedric Mattes noch heute auseinander. Außerdem will ich jedes dieser verdammten Zitate zugeordnet haben. Von wem ist es, von wann, in welchem Zusammenhang wurde es geäußert, wie könnte der Täter sie gefunden haben? Jemand wird Cedric Mattes’ Buch lesen müssen.«
Während die Kommissare damit beschäftigt sein würden, die Ermittlungen ins Rollen zu bringen, würde er bei der Staatsanwaltschaft in Hanau anrufen, um dafür zu sorgen, dass man ihnen die Obduktionsergebnisse so schnell wie möglich zugänglich machte. Außerdem würde er sich um den Papierkram kümmern und ein offizielles Ermittlungsverfahren einleiten müssen.
»Holt jeden aus dem Wochenende, den ihr kriegen könnt. Wir haben es möglicherweise mit einem Serienmörder zu tun und nicht viel Zeit. Um dreizehn Uhr will ich alle Beteiligten, die zu diesem Zeitpunkt nicht gerade unterwegs sind, wieder hier zu einem ersten Status sehen.«
Oliver hielt kurz inne. »Fragen oder Vorschläge?«
Sie hatten keine.
Katia war die Erste, die sich aus ihrer angespannten Haltung löste. »Ich besorge uns erst mal Kaffee und Frühstück«, verkündete sie und verließ den Raum, gefolgt von ihrem jungen Partner, der Oliver und Jennifer mit einer Geste signalisierte, dass er sich ans Telefon setzen würde, um Verstärkung zu mobilisieren.
Jennifer musterte Oliver eingehend. »Eins hast du bei deiner Auflistung vergessen«, sagte sie ernst.
Er runzelte die Stirn. »Und das wäre?«
Ein leichtes Grinsen verzog ihre Mundwinkel. »Dass du eine Dusche brauchst. Und frische Klamotten.« Noch bevor er widersprechen konnte, fügte sie im Befehlston hinzu: »Jetzt. Sofort.«
Hannah beendete das Gespräch und wog das Mobilteil des Telefons einen Moment lang unschlüssig in der Hand. Der Anruf ihres Vaters war nicht überraschend gekommen. Nachdem er an einem Samstag in aller Herrgottsfrühe zur Arbeit gerufen worden war, hatte sie nicht ernsthaft damit gerechnet, dass er so bald wieder nach Hause kommen würde.
Sie sah auf die Uhr. Kurz nach vier am Nachmittag. Es würde spät werden, hatte er gesagt, vielleicht müsse er sogar im Büro schlafen. Der Fall, an dem er zurzeit arbeitete, hatte offenbar eine entscheidende Wendung genommen. Hannah schätzte, dass sie ihn an diesem Wochenende so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen würde.
Sturmfreie Bude.
Sie legte das Telefon auf den Tresen und drehte sich zu Aileen um. Auf dem kleinen Küchentisch stand Hannahs Notebook, daneben stapelten sich ein paar Fachbücher aus der Lemanshainer Stadtbibliothek.
Ihre Mitschülerin blickte sie neugierig an. »Was ist los?«
Hannah setzte sich wieder an den Tisch. »Ach, das war mein Dad. Er wird wohl bis morgen früh durcharbeiten.«
Aileen nickte nur und sagte nichts weiter.
Der Anruf hatte die beiden Mädchen aus einem angeregten Gespräch gerissen, und offenbar fehlte jetzt nicht nur Hannah der Anschluss. Sie nutzte den kurzen Moment, um ihre Mitschülerin zum wiederholten Male zu mustern und sich zu fragen, was an der Behauptung, Aileen sei Mitglied einer Sekte, dran war.
Einerseits konnte sie es sich nicht so recht vorstellen, andererseits wusste sie noch immer nicht besonders viel über Aileen. Zwei Stunden lang hatten sie konzentriert an ihrem Referat gearbeitet, bevor sie zu anderen Themen abgeschweift waren. Sie hatten sich über Gott und die Welt unterhalten, trotzdem hatte Aileen nicht mehr über sich preisgegeben, als dass sie weder ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern noch zu ihren Geschwistern hatte.
»Was macht er eigentlich?«, fragte Aileen.
»Wer?«
»Dein Vater. Beruflich, meine ich.«
»Er ist Staatsanwalt«,
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