Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
verstärkte ihre Zweifel an seiner momentanen Fähigkeit, seinen Aufgaben gerecht zu werden – zumindest in ihrem Sinne.
»Doppelmord«, warf er ein, doch es klang nicht wirklich überzeugt.
»Serienmord.«
»Wieso bist du schon wieder so pessimistisch?«, seufzte der Staatsanwalt kraftlos.
»Alle denken es, ich spreche es aus. Wir haben einen Ritus, eine planvolle Vorgehensweise und ein mehr oder minder eindeutiges Muster, was die Opferwahl betrifft. Dem Täter geht es offenbar um Gefühle – und er sucht die Opfer entsprechend aus. Außerdem keine Verbindung zwischen den Toten.«
»Das kannst du jetzt doch noch gar nicht wissen.«
Jennifers Blick wurde kritisch. »In den letzten Tagen haben wir Larissas Leben und das ihrer Freunde und Angehörigen auf den Kopf gestellt. Der Tote dort drinnen ist uns dabei nicht begegnet.«
»Das schließt eine Verbindung nicht aus«, widersprach Oliver erneut.
»Nein, aber es macht eine Verbindung verdammt unwahrscheinlich, zumindest eine von der Art, die man bei einem zusammenhängenden Doppelmord voraussetzen würde.«
»Okay.« Er beugte sich widerwillig Jennifers Ansicht, zumindest vorerst. Sie wusste genauso gut wie er selbst, dass sie erst noch gründlich nach einer möglichen Verbindung suchen mussten. »Was schlägst du vor?«
»Versuch uns die Sache vom Hals zu schaffen. Die Hanauer kriegen jede Hilfe von uns, die sie haben wollen, aber die Zuständigkeit sollte klar bei ihnen liegen.«
»Wow.« Oliver sah Jennifer zugleich irritiert und überrascht an.
»Was?«
Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf. »Ich bin geschockt. Du gibst einen Fall freiwillig aus der Hand?«
Jennifer biss sich auf die Unterlippe. Sie zögerte einen Moment, bevor sie gestand: »Ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl, was diese Morde angeht, Oliver. Aber auch ganz davon abgesehen, ist dieser Fall bei den Hanauer Kollegen weitaus besser aufgehoben. Sie haben die Ressourcen …«
Oliver unterbrach sie mit einem Nicken. Sie musste nicht weiterreden. »Ich versuche mein Bestes.«
Hoffentlich war sein Bestes gut genug. Jennifer bezweifelte es. Dem Staatsanwalt schien der nötige Kampfgeist zu fehlen, aber vielleicht tat sie ihm auch Unrecht.
Sie gesellten sich zu den Hanauer Ermittlern, die ihr Gespräch nicht gerade unauffällig beobachtet hatten. Die Gruppe hatte sich verkleinert, es waren nur noch Achim Freytag, sein Partner und der Staatsanwalt vor Ort.
Letzterer musterte Oliver beinahe abschätzig, bevor er auch ihm gegenüber den offensichtlichen Zusammenhang zwischen den Morden hervorhob. Offenbar glaubte er, leichtes Spiel mit seinem übermüdeten Kollegen zu haben.
Oliver Grohmann machte ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung. Er reagierte mit einem Schulterzucken. »Zum einen ist das Ansichtssache, zum anderen ergibt sich daraus noch keine eindeutige Zuständigkeit.«
»Das sehe ich allerdings anders.« Der Hanauer Staatsanwalt konnte seine Verblüffung nicht verbergen. »Sie werden doch wohl einsehen, dass der erste Mord ganz klar in Ihre örtliche Zuständigkeit …«
»Wollen Sie das wirklich hier vor Ort ausdiskutieren?«, unterbrach Grohmann. »Es ist kalt und ungemütlich.«
Sein Gegenüber öffnete den Mund, nur um ihn gleich darauf zu einer wütenden Linie zusammenzupressen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Lemanshainer Kollegen zur weiteren Unterredung in sein Büro zu bitten. Selbst bei angenehmen Temperaturen hätte er eine derartige Auseinandersetzung nicht vor Polizisten geführt.
Jennifer sah den beiden Männern nach, als sie zu ihren Autos gingen. Offenbar hatte nicht nur der Hanauer Staatsanwalt, sondern auch sie selbst Oliver unterschätzt.
Die Kommissarin wandte sich erneut an Achim Freytag. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Die Leiche wird gleich zur Obduktion in die Rechtsmedizin verbracht. Sollten Sie den Fall bearbeiten, lassen wir Ihnen die Ergebnisse selbstverständlich zukommen.«
Wenigstens hatten sie nicht vor, die Ermittlungen ruhen zu lassen, bis die Zuständigkeit endgültig geklärt war. Jennifer überlegte einen Moment, ob sie sich selbst zur Autopsie einladen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sie verspürte nicht den Drang, eine Diskussion deswegen anzufangen. Freytag hatte keine Einladung ausgesprochen, und das war gleichbedeutend mit einer Ausladung.
»Wären Sie so freundlich, mir die Fotos vom Fundort zukommen zu lassen?«, fragte sie stattdessen.
»Klar, warum nicht?«
»Dann kann ich die Zeit
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