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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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Zeichen.
    »Ist sie okay?«, hakte Oliver nach.
    Seine Tochter verdrehte die Augen, so viel konnte er immerhin sehen. »Schätze schon.«
    Er unterdrückte ein Aufstöhnen. Sie jetzt spüren zu lassen, dass sie seine Geduld mehr als nur strapazierte, würde ihn keinesfalls zum Ziel führen. Ebenso wenig, weiter um den heißen Brei herumzureden. »Was ist los, Hannah? Liegt es an mir, ist irgendwas passiert …«
    Hannah ließ ihn nicht einmal ausreden. »Es ist nichts«, antwortete sie patzig. »Ich bin einfach nicht besonders gut gelaunt.«
    Sicher doch. Er atmete bewusst ein und aus, bevor er ruhig sagte: »Wenn das alles wäre, würde ich dir nicht derart auf die Nerven gehen.«
    Hannah zögerte. Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte durch die Frontscheibe nach draußen. »Ich habe jemanden kennengelernt.«
    Diese Information ließ Oliver erst einmal verstummen. Er hatte keine Ahnung, wie er darauf reagieren sollte. Am liebsten hätte er gleich mehrere Fragen auf einmal gestellt, zwang sich aber, nichts zu überstürzen. »Einen Jungen?«
    »Einen …« Wieder zögerte sie, bevor sie kaum wahrnehmbar nickte. »Ja, einen Jungen.« Noch bevor er weiter nachbohren konnte, fügte sie hinzu: »Es ist kompliziert.«
    Das konnte in ihrem Alter vieles oder nichts bedeuten. »Willst du darüber reden?«
    Erwartungsgemäß schüttelte Hannah den Kopf. »Dafür ist es noch zu früh … Ich meine, du und ich …«
    Oliver nickte. »Verstehe.« Er verstand es tatsächlich, trotzdem versetzte ihm die Zurückweisung einen kleinen Stich. Noch immer wusste er nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte. »Ich möchte dich nur wissen lassen, dass …«
    »Schon okay, ich weiß«, unterbrach sie ihn erneut. Sie drehte für den Bruchteil einer Sekunde den Kopf, sah ihm aber nicht in die Augen. »Ich muss jetzt wirklich los.« Sie streckte den Arm in Richtung Tür aus.
    »Hast du eigentlich morgen Abend schon was vor?«, fragte er.
    Hannah hielt überrascht inne. »Wieso?« Ihre Stimme hatte einen beinahe misstrauischen Beiklang.
    »Weil ich vorhabe, morgen einigermaßen pünktlich Feierabend zu machen, falls nicht noch irgendetwas Unerwartetes dazwischenkommt. Ich dachte, es wäre eine gute Gelegenheit, den Abend miteinander zu verbringen. Nur wenn du möchtest, natürlich.«
    »Da habe ich eigentlich schon was vor …«, antwortete sie zögerlich. Offensichtlich etwas, das ihr wichtig war.
    Oliver lag die Frage auf der Zunge, ob sie sich mit besagtem Jungen treffen wollte, schluckte sie aber hinunter. Neugier war vermutlich das Letzte, was er Hannah bei diesem Thema entgegenbringen sollte. »Schade. Dann komme ich aber wenigstens morgen Abend einigermaßen pünktlich ins Bett.«
    Der Themenwechsel sagte Hannah scheinbar zu, denn endlich sah sie ihn länger als nur den Bruchteil einer Sekunde an. Sie musterte ihn kritisch, offenbar unsicher, ob er ihre Absage tatsächlich so leichtnahm, wie er vorgab. Dann setzte sie ein Lächeln auf. »Das solltest du. Deine äußere Erscheinung gleicht nämlich langsam, aber sicher der eines Zombies.«
    Sie hatte sich zu dem Scherz gezwungen, trotzdem spielte er mit. »Herzlichen Dank für das Kompliment. Du hast meine Kollegen noch nicht gesehen.«
    Das erste echte Lächeln des Tages erschien auf Hannahs Gesicht. »Das kann ich mir vorstellen. Du solltest die gewonnene Zeit wirklich in Schlaf investieren.« Sie zögerte kurz, bevor sie, wieder ernst geworden, hinzufügte: »Ich glaube, im Moment ist es das Beste, wenn wir uns nicht auf der Pelle hocken …«
    »Ja, das stimmt wohl.« Oliver wusste, worauf sie eigentlich hinauswollte. Er hatte das Gefühl, dass sie sich durchaus nähergekommen waren und der Zorn, der zweifelsohne die letzten vier Jahre in seiner Tochter gelodert hatte, inzwischen nur noch auf kleiner Flamme kochte. Doch bevor sie nicht Zeit und Gelegenheit für eine richtige Aussprache gefunden hatten, würden sie unweigerlich auf der Stelle treten.
    »Bis dann, Dad«, murmelte Hannah und entwischte in die Kälte, bevor er noch irgendetwas sagen konnte.
    Nachdenklich blickte er ihr hinterher, bis sie im Schulgebäude verschwunden war. Er konnte das nagende Gefühl von Sorge weder ignorieren, noch konnte er einschätzen, ob es berechtigt war. Irgendetwas schien Hannah zu belasten.
    Sie hatte einen Jungen kennengelernt, aber war das Grund genug für ihre merkwürdige Stimmung? Normalerweise vertraute er seinem Instinkt, Lügen zu durchschauen, bei seiner eigenen

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