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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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worauf sie nicht stolz war, und die Vorstellung, dass Oliver aus nüchtern geschriebenen Polizeiberichten davon erfuhr, behagte ihr ganz und gar nicht. »Ich habe ziemlich viel Mist gebaut. Geklaut, Leute abgezogen, war Mitglied in einer nicht gerade zimperlichen Mädchengang …« Jennifer zögerte. Es gab gute Gründe, warum sie ihre kriminelle Vergangenheit gewöhnlich totschwieg. »Was die Details angeht … Vielleicht irgendwann einmal. Aber nicht heute Abend.«
    Er akzeptierte ihre Entscheidung mit einem weiteren Nicken. »Du hast also die Seiten gewechselt«, stellte er fest.
    »So könnte man es nennen.« Jennifer trank noch einen Schluck Wein. »Ich hatte glücklicherweise jemanden, der mir gerade noch rechtzeitig den Kopf gewaschen hat. Der Beamte, der für mich zuständig war – Horak hieß er –, hat dafür gesorgt, dass ich meinen Jugendarrest, ganz aus Versehen, im Strafvollzug abgesessen habe.«
    »Und diese Erfahrung hat Eindruck hinterlassen?«
    Jennifer nickte. Sie dachte überhaupt nicht mehr darüber nach, ob sie derart offen über sich und die damalige Zeit sprechen sollte. »Oh ja. Ich war ziemlich verkorkst, aber zwischen mir und den anderen Gefangenen lagen trotzdem noch Welten. Nach diesen zwei Wochen war für mich jedenfalls klar, dass ich so nicht enden wollte. Dass ich mich irgendwann für den Polizeidienst entschieden habe, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass Horak das Ganze überhaupt durchgezogen hat.«
    »Du bist also letztlich bei der Polizei gelandet, weil du von einem Beamten beeindruckt warst, der sich selbst über das Gesetz gestellt hat?« Oliver schüttelte grinsend den Kopf. »Jetzt wundert mich wirklich rein gar nichts mehr.«
    Ihre Bestellung wurde serviert, und einige Minuten lang aßen sie schweigend.
    Jennifer war froh über die Unterbrechung, denn jetzt kam ihr erst so richtig zu Bewusstsein, wie weit sie sich Oliver geöffnet hatte. Eigentlich viel zu weit. Das war ihr unangenehm, gleichzeitig fühlte es sich auch nicht wirklich falsch an. Trotzdem wollte sie weiteren unbedachten Offenbarungen ihrerseits zuvorkommen. »Und warum bist du Staatsanwalt geworden?«
    »Dafür gibt es keinen speziellen Grund. Als ich mit dem Studium fertig war, war das meine einzige Bewerbung, die Erfolg hatte.«
    Jennifer runzelte die Stirn. »Ich dachte, Staatsanwalt wird man nur mit einer glatten Eins im Staatsexamen.«
    »Ich weiß gar nicht mehr, wie das damals war, ich hatte jedenfalls keine Eins. Vielleicht hatten sie in dem Jahr irgendeine staatliche Quote zu erfüllen. Gebt den weniger Begabten auch eine Chance oder irgendetwas in der Art.« Oliver zuckte die Schultern. »Ursprünglich wollte ich Strafverteidiger werden. Ich habe ausgerechnet die Stelle bekommen, an der ich am wenigsten interessiert war.«
    »Warum überhaupt Jura?«, hakte Jennifer nach. »Ich weiß nicht, irgendwie …«
    »Erscheint dir das unpassend?«, ergänzte Oliver, als sie ins Stocken geriet.
    »Um ehrlich zu sein, ja. Jedenfalls ein bisschen.«
    Er lächelte amüsiert. »Was könntest du dir denn vorstellen? Welcher Beruf oder welche Fachrichtung würde denn deiner Meinung nach am besten zu mir passen?«
    »Keine Ahnung.« Jennifer wollte sich nicht dazu äußern, obwohl ihr einiges in den Sinn kam. »Beantworte lieber meine Frage.«
    Er zögerte. »Jura hat sich einfach so ergeben. Ich weiß gar nicht mehr, was letztlich den Ausschlag gegeben hat. Jedenfalls hat mich das Studium dann doch ausreichend fasziniert, um es durchzuziehen. Keine sehr beeindruckende Geschichte, oder?«
    »Die wenigsten Berufswahlgeschichten sind besonders beeindruckend«, erwiderte Jennifer. Sie war jedenfalls noch nie einem Beamten begegnet, der zur Polizei gegangen war, weil ihm oder einem Familienmitglied irgendetwas Schreckliches angetan worden war. Im Polizeidienst hätte man dafür ohnehin keine Gerechtigkeit erlangt. »Eines würde mich allerdings schon noch interessieren.«
    »Das wäre?«
    Sie beobachtete ihn genau. »Was einen Gruppenleiter der Staatsanwaltschaft Gießen dazu veranlasst, freiwillig eine Degradierung hinzunehmen und in Lemanshain anzufangen.«
    Zu ihrer Überraschung reagierte er mit einem Lächeln. »Eine ähnliche Frage könnte ich dir ebenfalls stellen.«
    Sie wusste, worauf er anspielte. »Du weißt doch sicher längst, dass mich mein Frankfurter Vorgesetzter mehr oder weniger gezwungen hat, meiner Versetzung zuzustimmen.«
    Oliver widersprach nicht. »Wie kommst du darauf?«
    »Weil du nie

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