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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und wieder schmerzhaft bemerkbar machten, war sie bald fest eingeschlafen.
    Sie erwachte vom Ruf eines Hähers. Schlaftrunken richtete sie sich auf und brauchte einige Augenblicke, um sich zu besinnen. Nebeldünste stiegen aus dem Waldboden, umgaben sie wie feine Schleier, Bäume erschienen wie schwarze Riesen, die ihre dürren Arme zum Himmel streckten. Der Vogel musste direkt über ihr auf einem Zweig hocken, denn sein Ruf war laut und warnend.
    Ihr Herz schlug heftig - war Logan ihr doch gefolgt und suchte nun das Wäldchen nach ihr ab?

    Eine kleine Weile blieb sie bewegungslos sitzen und lauschte, doch außer dem Rauschen des Baches war nun nichts mehr zu hören. Der Vogel schwieg - war die Gefahr vorüber?
    Vorsichtig stand sie auf, um nach ihrem Pferd zu sehen. Weit konnte es eigentlich nicht sein, vermutlich zupfte es die Grashalme ab, die zwischen Heidekraut und Gestein wuchsen. Doch die Hügel waren noch in grauen Morgendunst gehüllt, sie musste eine Weile warten, bis die Sonne die Oberhand gewann und der Nebel sich verzog.
    Es lockte der plätschernde Bach, sie war durstig, und eine kurze Wäsche konnte auch nicht schaden. Sie stieg über Wurzeln und Gräser und wollte gerade am Bachufer niederknien, als sie durch den Nebel hindurch einen länglichen, dunklen Gegenstand bemerkte, der nicht weit von ihr entfernt am Boden lag.
    Ein gestürzter Baum? Ein totes Tier?
    Sie starrte auf die seltsame Form und wurde sich darüber klar, dass es ein menschliches Wesen sein musste, wahrscheinlich ein Mann. Ein Schauder erfasste sie. Die Zeiten waren schlimm. Hier in Northumberland, nicht weit von der schottischen Grenze, hatte es zahlreiche Kämpfe gegeben, so mancher Ritter war erschlagen worden und auch die Menschen in den Dörfern hatten Tote zu beklagen.
    O Gott, dachte sie. Wenn der arme Kerl dort tot ist, dann muss ich ihn wenigstens wie einen Christenmenschen begraben, damit ihn nicht die wilden Tiere fressen.
    Dann aber dachte sie an den warnenden Ruf des Hähers, und sie begriff, dass der Mann dort drüben vermutlich noch am Leben war. Weshalb aber lag er
nahezu unbeweglich auf dem Bauch und hing mit Kopf und Armen über dem Bachufer?
    Jetzt, da die Nebel ein wenig verwehten, konnte sie sehen, dass sein rechter Arm kraftlos im rasch fließenden Wasser pendelte. Kleine Wirbel bildeten sich um seine Hand, manchmal schlug eine der größeren Wellen dagegen, und das Wasser spritzte auf.
    Neugierig kroch sie ein wenig näher heran und stellte fest, dass er ein langes dunkelgrünes Obergewand trug, das mit einem Gürtel um die Mitte zusammengefasst war. Das Gewand war an den Seiten geschlitzt, so dass man die engen, knielangen Hosen sah. Sie waren aus hellem Stoff genäht und ziemlich verdreckt, dazu hatte er lange Stiefel aus teurem, weichem Leder an, die hervorragend gearbeitet waren, denn sie passten sich der Form seiner Waden an. Sein dunkles Haar mochte schulterlang sein, jetzt hing es in wirren Strähnen über sein Gesicht und war vermutlich schon lange nicht mehr mit einem Kamm geglättet worden.
    Eine Bewegung ging plötzlich durch seinen ausgestreckten Körper, die Muskeln an Schultern und Rücken zogen sich zusammen, die Beine zuckten, er versuchte, sich weiter nach vorn zu schieben - wollte er sich gar in den Bach stürzen? Gleich darauf erschlafften seine Glieder, und er lag still wie zuvor. Jetzt erst entdeckte Brianna einen dunklen Fleck auf seinem Gewand, der sich seitlich am Körper von der Achselhöhle bis zur Hüfte hinunterzog.
    Er ist verwundet, dachte sie erschrocken. Das kann nur Blut sein, und so wie es ausschaut, ist es längst eingetrocknet. Er muss sich mit der Wunde schon eine ganze Weile herumgeschleppt haben.
    Es war kein günstiger Augenblick, sich eines Verwundeten
anzunehmen, denn sie wusste nicht einmal, wie sie selbst die nächsten Tage überstehen sollte. Auf der anderen Seite konnte sie ihn auch nicht hilflos liegen lassen - das wäre eine schlimme Sünde gewesen. Seufzend erhob sie sich und näherte sich dem Unbekannten.
    »Könnt Ihr mich hören?«
    Sie musste zweimal rufen, dann wandte er mühsam den Kopf und spähte zwischen den herabhängenden Haarsträhnen zu ihr hinauf. Soweit sie erkennen konnte, hatte er hellblaue oder auch graue Augen, das Gesicht war von einem dunklen, kurzen Bart überwuchert, die Lippen waren sehr blass.
    Er schien etwas sagen zu wollen, doch es klang ganz heiser, fast wie das Krächzen eines Raben. Dann verstand sie es doch.
    »Wasser

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