Herzensstürme - Roman
schien er verunsichert, auch ein wenig verärgert.
»Ich habe dich nicht kränken wollen«, murmelte er. »Ich fand nur, dass du etwas Besonderes an dir hast, das ich mir nicht erklären konnte.«
»Schon gut …«
Er tat ihr schon wieder leid, denn sein Atem ging keuchend, und auf seiner Stirn hatten sich kleine Schweißtropfen gebildet. Dennoch fuhr er fort, sie anzustarren.
»Ziehst du ganz allein umher?«, wollte er wissen.
»Im Augenblick schon …«
Die Antwort schien ihm zu gefallen, denn seine Miene hellte sich ein wenig auf. Vielleicht hätte sie besser nicht so ehrlich sein sollen - aber schließlich war er hilflos, was konnte er ihr schon tun?
»Wovon lebst du? Bettelst du oder klaust hie und da ein Huhn?«
»Nichts von alledem«, sagte sie beleidigt. »Ich bin eine Bardin und verdiene mir meinen Lebensunterhalt mit ehrlicher Arbeit.«
Das Grinsen, das jetzt über sein Gesicht huschte, verletzte sie. Wahrscheinlich hielt er sie für eine der
Spielfrauen, die auf den Märkten scheußliche Lieder plärrten und sich bereitwillig ins Gras legten, solange man ihnen Geld dafür bot.
»Eine Bardin«, wiederholte er nachdenklich. »Dann besitzt du wohl auch ein Pferd und einen Karren, auf dem deine Instrumente liegen.«
»Ein Pferd besitze ich schon …«
»Hör zu, Brianna«, sagte er und musste dann einen Moment innehalten, denn der Atem wollte ihm ausgehen. Vermutlich schmerzte seine Wunde, er verzog das Gesicht und bemühte sich, nicht zu stöhnen.
»Du könntest mir dein Pferd verkaufen«, fuhr er dann fort. »Ich bezahle es gut, du wirst dir für das Geld später ein besseres erwerben können.«
Fast hätte sie laut gelacht. Er wollte reiten, der tapfere Ritter. Dabei konnte er kaum aufrecht sitzen, er schwankte schon, gleich würde er zur Seite kippen.
»Behaltet Euer Geld, Angus. Ich brauche mein Pferd selbst.«
Er war hartnäckig, versuchte sie mit allerlei Versprechungen zu überzeugen, hielt ihr dann vor, dass es um sein Leben gehe, dass er ein toter Mann sei, wenn seine Verfolger ihn stellten, es sei ihre Christenpflicht, ihm Hilfe zu leisten.
»Das will ich gern tun«, meinte sie schließlich. »Legt Euer Gewand ab, ich werde mir Eure Wunde ansehen.«
Er murmelte unfreundliche Worte in seinen Bart, die sie nicht verstehen konnte. Es klang wie ein Fluch, doch die Sprache war nicht englisch, die Laute klangen härter, wurden weiter hinten im Hals geformt. Das war doch schottisch, oder etwa nicht?
»Verstehst du denn etwas vom Wundheilen?«, fragte er dann misstrauisch.
»Eine Bardin versteht viele Dinge, die so mancher ihr nicht zutrauen will!«
Er schnaubte verdrießlich, dann gab er endlich auf und löste umständlich den Ledergürtel, damit er das Obergewand ablegen konnte. Es dauerte lange, denn seine Hände waren unsicher, auch konnte er den linken Arm nur schlecht bewegen. Schließlich griff Brianna beherzt zu, nahm ihm den Gürtel ab und zog ihm das lange, geschlitzte Reiterkleid vorsichtig über den Kopf, dann auch das leinene Hemd. Er trug jetzt nur noch die halblange Hose und die Stiefel. Angus schien ein geübter Kämpfer, denn Arme, Schultern und Oberkörper waren mit beachtlichen Muskeln ausgestattet.
Er hatte sich selbst einen Verband aus den Ärmeln des Hemdes gemacht, die er in Streifen gerissen hatte, doch das Blut hatte die Binden längst durchtränkt. Behutsam wickelte Brianna die Stoffstreifen ab und löste sie von der Wunde.
»War das eine Lanze?«
Er hatte die Knie angezogen und stützte sich mit den Armen darauf, ihre Berührungen hatte er bisher ohne einen Schmerzenslaut über sich ergehen lassen. Jetzt knirschte er mit den Zähnen, denn sie reinigte die Umgebung der Wunde mit einem in Wasser getauchten Stofffetzen.
»Ein Spieß«, sagte er gepresst. »Einige Zoll weiter rechts und es wäre … verflucht nochmal - bist du immer so grob?«
»Das hat sich entzündet, der Schorf muss herunter. Ich mache jetzt einen Verband mit Kamille und Beinwell. Legt Euch zurück und dreht Euch auf die rechte Seite.«
Sie fand noch einen sauberen Lappen in ihrem
Bündel und auch das Säckchen, in dem sie die getrockneten Kräuter aufbewahrte. Viel würde es nicht helfen, doch es war besser, als die Wunde unbehandelt zu lassen.
Er sog zischend die Luft ein, als sie den Lappen auf die Wunde legte, dann stützte sie ihn, damit er sich aufsetzen konnte, denn sie musste die Binden wieder um seine Brust wickeln. Sie tat es langsam und bedächtig, damit der Verband gut hielt
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