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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und ihn dennoch nicht allzu sehr drückte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, diesem Mann, den sie erst wenige Minuten kannte, so nah zu sein, dass ihr offenes Haar über seine bloße Brust strich und sie die fiebrige Hitze seines Körpers spürte.
    »Du machst das gar nicht schlecht, Bardin«, murmelte er. »Willst du nicht ein wenig bei mir bleiben - es ist kalt in den Nächten.«
    Sie fuhr zurück und blitzte ihn ärgerlich mit ihren dunklen, fremden Augen an.
    »Keine Sorge, Ihr werdet nicht frieren«, sagte sie bissig. »Das Fieber wird euch wärmen.«
    Bevor er weitersprechen konnte, stülpte sie ihm Hemd und Gewand über, wie man es bei einem Kind tut, und er leistete keinen Widerstand, sondern ließ es brav mit sich geschehen. Erst als sie die Falten des dunkelgrünen Gewandes noch ein wenig zurechtzog, fasste er ihre Hand und hielt sie für einen Augenblick sehr fest in seiner Rechten. So fest, dass sie sich nicht sicher war, ob er es aus Dankbarkeit oder aus Verärgerung tat. Den Gürtel legte er ohne ihre Hilfe an, danach bat er sie, ihm noch etwas Wasser zu schöpfen.
    »Hast du keinen Becher?«
    »Nein«, gestand sie. »Ich habe einen Teil meines Gepäcks verloren. Auch meine Musikinstrumente.«

    »Und deine Wegzehrung? Könntest du mir etwas zu essen verschaffen?«
    »Kaum. Ich habe selbst nichts mehr.«
    Er schlurfte Bachwasser aus ihren Händen, und dieses Mal kamen sie sich ziemlich lächerlich dabei vor.
    »Hör zu, Bardin«, meinte er und wischte sich Mund und Bart mit dem Handrücken. »Du hast ein Pferd, und ich habe Geld. Einen halben Tagesritt von hier nach Süden gibt es ein Dorf, vielleicht könntest du dort ein wenig Hafermehl, Käse oder sogar ein Huhn für uns kaufen.«
    Der Vorschlag kam überraschend, doch sie überlegte nicht lange, denn sie war sehr hungrig.
    »Das könnte ich tun.«
    Er wies mit der Rechten zu der Stelle hin, wo sein Schwert im Gras lag. Dort fand sie auch ein Lederbeutel, den er wohl ursprünglich am Gürtel getragen hatte, bis die Schnur gerissen war. Es waren englische Münzen mit verschiedenen Prägungen. Brianna nahm einige davon heraus, wog sie in der Hand und steckte sie in ihr Bündel.
    Als sie sich nach ihm umwandte, hatte er sich auf dem Rücken ausgestreckt, und sie konnte sehen, wie rasch sich seine Brust im Fieber hob und senkte.
    »Sag niemandem, dass du mich getroffen hast«, murmelte er heiser, während er in den Himmel hinaufstarrte. »Kein Wort, verstehst du?«
    »Natürlich nicht - hältst du mich für einfältig?«
    »Falls du mich bei deiner Rückkehr nicht mehr findest - such nicht nach mir. Zieh einfach deiner Wege und vergiss dies alles.«
    Sie entdeckte jetzt ihr Pferd, das unweit des Baches graste, und sie band rasch ihr Bündel zusammen, um hinüberzulaufen.

    »Brianna«, rief er und hob mühsam den Kopf, um sie anzusehen. »Ich kann dir doch vertrauen, nicht wahr? Du wirst zurückkommen?«
    Sie gab ihm keine Antwort und lief davon.

Kapitel 4
    Er beobachtete, wie sie das Pferd streichelte, ihm dann die Fußfessel löste und das Seil als Zügel durch das Pferdemaul zog. Es war ein kleiner, brauner Wallach, ein ziemlicher Klepper, aber immerhin besser als gar kein Reittier - was für eine sture Person dieses Mädchen war, er hätte ihr diese Mähre fürstlich bezahlt. Sie kletterte auf einen Stein, um besser auf den Pferderücken zu gelangen, setzte sich zurecht und trabte davon. Für ein Mädchen ritt sie gar nicht mal schlecht, nur dass ihr das ohnehin zu kurze Kleid hinaufrutschte, so dass man ihre bloßen Waden bis zum Knie sah. Sie hatte hübsche Knie, diese seltsame Bardin mit den schwarzen, fremden Augen.
    Erschöpft ließ er den Kopf wieder zurücksinken und kämpfte mit dem Schwindelgefühl und der elenden Schwäche, die ihn seit Tagen verfolgten. Es war ihm gelungen, den Gewappneten des Königs zu entkommen, doch er hatte dafür bezahlt. Die Wunde hatte heftig geblutet, und er hatte sich auf seiner Flucht kaum eine Rast gegönnt, um nur ja nicht in die Hände der Verfolger zu gelangen. Tagsüber hatte er sich im Schutz der Wälder fortbewegt, in den Nächten aber hatte er sich auch über die Fahrwege und an Dörfern vorbei vorangeschleppt. Nun allerdings, da er der schottischen Grenze so nah war, gab es nur noch diese kleinen Wäldchen, die einem Flüchtling kaum Deckung gaben, und dazu war auch noch dieses verfluchte Fieber gekommen, das ihm alle Kraft nahm.

    Er hatte dieses hohle Gefühl in seinem Körper zuerst nicht wahrnehmen

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