Herzensstürme - Roman
könnte.
Nicht einmal sein Atem war zu hören - hielt er etwa die Luft an? Sie spürte plötzlich eine zarte Berührung, er hatte ihr Handgelenk umfasst, sanft und fast ohne dass es zu spüren war, löste er ihren Arm von dem Kopfpolster, führte ihn an ihren Körper, strich mit einer weichen Bewegung vom Handgelenk bis zur
Schulter empor. Sie wagte nicht, sich zu regen, doch ihr Herz hämmerte jetzt so heftig, dass sie Angst bekam, er könne es hören. Jetzt schob sich seine Hand mit einer geschickten Bewegung unter ihren Nacken, verharrte einen kleinen Augenblick, warm und so schmiegsam, wie sie es diesem Burschen niemals zugetraut hätte, dann hob er vorsichtig ihren Kopf an, und sie spürte, wie das Bündel unter ihr fortgezogen wurde. Doch nicht genug damit, er schaffte es sogar, ihr rasch und nahezu geräuschlos eines der anderen Bündel als Kopfpolster unter zu schieben.
Eigentlich hatte sie ihn auf frischer Tat ertappen wollen, um ihn zur Rede zu stellen - doch nun, da er sich solche Mühe gegeben hatte, wollte sie ihm den Spaß nicht gleich verderben. Der Mistkerl schlich sich mit Kerze und Bündel aus der Kammer, es gelang ihm zu allem Überfluss auch noch, die knarrende Tür zu überlisten. Weiß der Teufel, wie er es anstellte, doch sie gab kein einziges Geräusch von sich, während er sie schloss.
Schade nur, dass du dich ganz umsonst so angestrengt hast, dachte sie grimmig und suchte im Dunklen ihr Gepäck zusammen.
Sie wartete einen kleinen Augenblick, dann schob sie die Tür auf und erschrak, denn sie knirschte lauter als je zuvor. Durch die schmale Mauerluke fiel kaum Licht in den Flur, kein einziger Hahn krähte, auch die Dienerschaft war noch nicht auf den Füßen. Während sie die steinerne Treppe hinunterlief, hörte sie aus der Halle kräftige Schnarchgeräusche, die Gewappneten dachten noch lange nicht an Aufbruch. Unten im Eingangsbereich des Turmes wäre sie fast über zwei Knechte gestolpert, die dort zusammengekauert lagen, doch auch sie schliefen noch fest.
Im Hof hörte sie Pferde schnauben, er musste eines der Pferde des Burgherrn aus dem Stall geführt haben, jetzt sah sie im schwachen Morgenschein, dass er sich auf einen prächtigen rotbraunen Hengst schwang und das Reittier zum Burgtor hinüberlenkte. Sie musste sich sputen.
Zum Glück brauchte es einige Zeit, bis der Wächter das breite Mauertor entriegelt und aufgeschoben hatte. Inzwischen lief sie zwischen den Pferden auf dem Hof herum und suchte ihren Klepper, führte ihn zu einem Gatter, in dem drei verdreckte Schweinchen verschlafen grunzten, und kletterte auf den Rücken ihres Pferdes. Der Klepper war noch müde, auch hatte er auf eine Ration Morgenheu gehofft, und so gehorchte er seiner Reiterin nur unwillig. Doch sie hatte Glück, der Wächter lehnte noch gähnend an der Mauer und überlegte offensichtlich, ob es sich lohnte, das schwere Tor wieder zu schließen, da er es in wenigen Stunden ja doch für die Gewappneten wieder öffnen musste.
»He! Wohin willst du?«, rief er überrascht, als sie an ihm vorbei aus der Burg ritt.
»Sag deiner Herrin, dass ich ihr von Herzen dankbar bin«, gab sie zurück. »Aber den Winter werde ich anderswo verbringen.«
Angus hatte den Marktflecken gemieden, denn dort hätten die Hunde gekläfft und hätten die Dorfbewohner geweckt, stattdessen war er über die noch taufeuchten Wiesen geritten. Doch da das Licht im Osten nun langsam heller wurde, fiel es Brianna nicht schwer, ihm zu folgen.
Beim ersten Hahnenschrei wandte er sich um, und sie grinste zufrieden, als sie sein verblüfftes Gesicht sah.
»Was willst du?«, fuhr er sie an.
»Mit dir nach Kimber Castle reiten, Connor.«
Sie ritt zu ihm auf und kümmerte sich wenig darum, dass er sie mit weiten, erschrockenen Augen anstarrte.
»Du hast an der Tür gelauscht.«
»Ach woher. Eine kleine Banshie hat es mir zugeflüstert.«
Er kniff die Lippen schmal zusammen vor Ärger und schüttelte den Kopf.
»Du kannst mich nicht begleiten, Brianna. Kehr bitte um und reite zur Burg zurück. Dort wirst du in Sicherheit sein.«
Sie ritten jetzt nebeneinander her, der rotbraune Hengst äugte böse zu Briannas Klepper hinüber und trabte rascher voran, denn er wollte den hässlichen Konkurrenten gern abhängen. Doch Briannas Wallach hatte auch seinen Stolz, er hielt mit.
»Es ist rührend, wie du für mich sorgst, Connor«, sagte sie spöttisch. »Aber ich lasse mich nicht verhandeln. Ich will an deiner Seite bleiben und mit dir
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