Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde
anziehende Mischung. Und neunzehn – neunzehneinhalb. Großartig.
„Fuck“, sagte er laut, ärgerlich über sich selbst. Ihretwegen war er nicht gekommen. Er hatte etwas zu erledigen, eine Schwarze Seele zu holen. Je eher er damit fertig war und wieder verschwand, desto besser. Dagan biss ein Stück von seinem Lolli ab und zermalmte die Zuckermasse zwischen den Backenzähnen.
„ Fuck “, wiederholte das Mädchen höhnisch. „Das sagt natürlich alles. Typisch für so ein blödes Weißbrot.“
Dagan ließ sich nicht leicht aus der Fassung bringen. Aber diese Bemerkung traf ihn unvorbereitet. Da lag dieses Mädchen, in dieses miese Loch verschleppt, gefesselt und auf eine verdreckte Matratze geworfen, und hatte allen Grund, ihre missliche Lage zu beklagen. Und was tat sie stattdessen? Sie nannte Dagan Krayl, den Sohn Sutekhs, des mächtigen Königs der Unterwelt, ein blödes Weißbrot . Dagan hatte schon schlimmere Schimpfnamen zu hören bekommen, und das nicht ohne Grund.
„Steckst du mit dem Kerl unter einer Decke?“ Trotz ihrer Kühnheit zitterte ihr die Stimme verräterisch.
„Mit dem Kerl meinst du vermutlich deinen Entführer?“
Sie nickte.
„Nein, ich stecke nicht mit ihm unter einer Decke.“
Ein Hoffnungsschimmer. Ihre Züge entspannten sich ein wenig. „Bist du gekommen, um mich zu befreien?“
„Dich befreien?“ Rührend. Dagan hätte fast gelacht. „Nein, wie kommst du denn darauf?“ Wenn sie einen Retter brauchte, musste sie sich jemand anderen suchen. Und wenn sich niemand fand, hatte sie Pech gehabt.
Das Mädchen wurde bei seiner Antwort blass. Dann nahm sie ihren Mut zusammen und fragte geradeheraus: „Was willst du dann? Mich töten?“ Sie kniff die Augen zusammen. „Wenn es so ist, musst du dich hinten anstellen. Ich glaube, das Arschloch da draußen hat dasselbe vor und hat sich vor dir angestellt.“
Kein Haar sollte dieser Bastard ihr krümmen.
Kaum war ihm dieser Gedanke gekommen, verwarf Dagan ihn wieder. Was war nur in ihn gefahren? Es war nicht seine Aufgabe, ein Mädchen zu beschützen, mochte es auch jung und verführerisch sein. Er war gekommen, um zu töten und Sutekh Nahrung zu beschaffen. Die Seele dieses Mädchens war sicher so weiß wie frisch gefallener Schnee. Sutekh würde sich an ihr den Magen verderben.
„Heute Nacht wird dich niemand töten“, erklärte er. „Echt?“, fragte sie und versuchte, mit einer herausfordernden Geste die Unsicherheit zu überspielen.
„Echt?“, wiederholte Dagan verständnislos. Dann erst dämmerte ihm, dass sie damit fragen wollte, ob er ehrlich meinte, was er gesagt hatte. „Ja, echt . Ich bin nicht deinetwegen hier, sondern um eine Schwarze Seele zu holen.“
Offensichtlich konnte sie mit dem Begriff nichts anfangen, fragte aber auch nicht nach. Im Augenblick war ihr etwas anderes wichtiger. „Meinetwegen.“ Sie streckte ihm die gefesselten Handgelenke entgegen. „Könntest du mir vorher noch hiermit helfen?“ So weit sie konnte, spannte sie den Nylonstrick, der ihr kaum einen Zentimeter Spiel ließ und ihr tief in die schon wund gescheuerte Haut schnitt. Es war ersichtlich, wie schmerzhaft es sein musste. „Hast du zufällig ein Messer dabei?“
Dagan beschlich ein ungewohntes Gefühl, als er ihre Verletzungen betrachtete. Er hatte schon Wunden aller Art gesehen, nicht wenige davon hatte er anderen zugefügt. Aber ihre schöne dunkle Haut derart zugerichtet zu sehen, bereitete ihm … Unbehagen. Er unterdrückte auch dieses Gefühl rasch wieder. Was hatte er mit ihren Schwierigkeiten zu tun?
„Was ist?“, fragte sie ungeduldig. „Ein Messer – hast du eins oder nicht?“
„Brauch ich nicht.“ Er trat an sie heran und ließ den abgenagten Stiel des Lutschers in einer der hinteren Hosentaschen verschwinden. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn ungläubig an, als er sich herunterbeugte und den Strick zwischen seine Daumen und Zeigefinger nehmen wollte.
In diesem Augenblick hörten sie Schritte vom Flur. „Nun mach schon“, zischte sie ihm zu.
„Später“, antwortete er, ließ sie los und trat einen Schritt zurück.
„Was heißt später?“ Ihr Blick ging zur Tür, und ihr rascher Atem verriet, dass sie dabei war, in Panik zu geraten. Dagan fragte sich, wieso sie vor einem Sterblichen solche Angst hatte, während sie ihm gegenüber ziemlich dreist auftrat.
Wieder legte er den Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete ihr, sich still zu verhalten. Anschließend stellte er sich an die
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